Dienstag, 23. Dezember 2014


Es ist ein Ros entsprungen

So beginnt eines der schönsten deutschsprachigen Weihnachtslieder, dessen ersten beiden Strophen im 16. Jahrhundert in Trier geschrieben wurden.

Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart,
wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art,
und hat ein Blümlein bracht,
mitten im kalten Winter wohl zu der halben Nacht.

Das Blümlein, das ich meine, davon Jesaja sagt,
hat uns gebracht alleine Marie, die reine Magd,
aus Gottes ewgem Rat
hat sie ein Kind geboren, welches uns selig macht.


Der Verfasser des Liedes bezieht sich auf die Messiasprophezeiungen des Propheten Jesaja aus dem Alten Testament. Dieser große Seher aus dem Königreich Juda trat im 8. Jahrhundert in Jerusalem auf. Über seine Person ist wenig bekannt: sein Vater hieß Amoz, verheiratet war er mit einer Prophetin, deren Name unbekannt bleibt und mit der er zwei Söhne hatte.
Jesaja ist der erste Schriftprophet im Südreich Juda, der sich allerdings auch an das Nordreich Israel wendet. Er hat Zugang zu König und höheren Beamtenkreisen und weiß Bescheid über politische und soziale Verhältnisse. Dies könnte auf eine vornehme Abstammung hinweisen und darauf, dass er in Jerusalem aufgewachsen ist. Aber Beweise gibt es dafür nicht.
Jesaja trat in einer bedrängten Zeit öffentlich auf. Assyrien war zur beherrschenden Macht im Orient aufgestiegen und duldete keinen Widerstand. Staaten, die unabhängig bleiben wollten, konnten sich mit hohen Tributzahlungen frei kaufen, so wie Juda. Israel, der nördliche Bruderstaat, und Syrien dagegen wagten den militärischen Aufstand und versuchten auch Juda für ihre antiassyrische Allianz zu gewinnen. Jesaja warnte eindringlich davor. Er sah darin den falschen Weg – die Vernichtung Israels sollte ihm Recht geben – und riet dem jüdischen König, sich jeder direkten Aktion zu enthalten und stattdessen auf den heiligen Gott zu vertrauen. Nur dieser allein könne Unheil abwenden und die Bewohner Judas retten.
Jesajas Prophezeiungen sind ein überzeugendes Eintreten für den Glauben an die Allmacht Gottes. Er verkündet, dass die Errettung aus großer Gefahr durch den Messias, den Gesandten Gottes, erfolgt und nicht durch Menschen mit ihren Waffen: „Und ein Spross wird hervorgehen aus dem Stamm Isais, und ein Zweig aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist Gottes, des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der geist des Rates und der Stärke. Der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn.“(11,1.2)
Die Evangelisten Matthäus und Lukas erinnern sich in einer späteren Zeit, in der die Bedrängnis wiederum groß ist, an diese Messiasprophezeiung und stellen sie ihren Evangelien voran. Die beiden neutestamentlichen Verfasser gehören der zweiten Generation der christlichen Kirche an und sehen sich mit einer schweren Krise des Christentums konfrontiert, die ihr Handeln erfordert. Die Aposteln der urchristlichen Gemeinde, allen voran Paulus, hatten angekündigt, dass kein Getaufter sterben wird, bevor Jesus Christus zurückkehren und das Reich Gottes anbrechen wird. Nun aber sind seit Pfingsten viele Christen gestorben, und die Gegner der neuen Religion spotten über sie und zweifeln daran, dass Jesus von Nazareth der verheißene Messias ist. Mit Hilfe ihrer Evangelien wollen Matthäus und Lukas den Nachweis erbringen, dass Jesus von Nazareth sehr wohl der im Alten Testament prophezeite Retter der Welt ist, und nur die Aposteln den Zeitpunkt seiner Rückkehr am Ende der Zeit falsch verstanden haben. Tatsächlich hat sich Jesus in seinen Predigten nie auf einen Termin festgelegt, sondern immer darauf hingewiesen, dass wir so leben müssen, dass wir jederzeit auf seine Rückkehr vorbereitet sind. Jesus warnte stets: „Darum wachet: denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt!“ (Matth 24,42)
Indem Matthäus und Lukas auf die Jesaja-Prophezeiungen zurückgreifen und in ihren Geburtsgeschichten zitieren, belegen sie die Legitimität Jesu von Nazareth als den von Gott gesandten Messias. Alles, was die alttestamentlichen Propheten über das Kommen des Erlösers niedergeschrieben haben, trifft auf Jesus von Nazareth zu. Damit beweisen sie, dass die Spötter Unrecht haben und die Christen zu Recht an Jesus von Nazareth als ihren Messias glauben und auf ihn alle Hoffnungen setzen.
Jesaja bezeichnet den Messias in Kapitel 9,1 auch als großes Licht, das dem Volk, das im Finstern wandelt, hell scheinen wird. Ein Vergleich, den Jesus in seinen Predigten bestätigt: „Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.“ (Johannes Evangelium 12,46)

Zu Weihnachten feiern wir die Geburt des Messias mit einem hell erleuchteten Nadelbaum. Es ist die Winterzeit, in der die Dunkelheit früh hereinbricht. Und das Erstrahlen der Kerzen am Heiligen Abend steht als Symbol dafür, dass wir in einer Welt voller Leid und Unrecht nicht verloren sind, sondern Gott sich unser erbarmt hat und uns aus Liebe den Retter von Sünde und Tod geschickt hat.
Jesus spricht: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Johannes Evangelium 8,12)

1 Kommentar:

  1. das lied ist wirklich sehr schön! mir war die religiöse bedeutung nie klar, aber ich habe wieder was gelernt ;)
    ich werd das liedchen jetzt mit einem anderen sinn singen (haha)

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