Sonntag, 27. Dezember 2015


Stephanus, der erste christliche Märtyrer. Ein Nachruf
(Apostelgeschichte 6,1 – 8,3)

Am 26.12., dem zweiten Weihnachtsfeiertag, gedenkt die Kirche des ersten christlichen Märtyrers Stephanus. Er verleugnete auch unter Bedrohung seines Lebens seinen Glauben nicht und erfüllte damit die Forderung Jesu nach der rechten Nachfolge: „Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird’s verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden.“ (Matth 16,24.25)

Die Urgemeinde in Jerusalem bestand aus einer kleinen Gruppe frommer Menschen, die sich im Glauben an den auferstandenen Herrn zusammengefunden hatte und ein frommes Leben führte. Sie verstand sich als eine heilige Gemeinschaft der Endzeit, weil ihre Anhänger die Wiederkunft Jesu noch zu ihren Lebzeiten erwarteten. Sie begriffen sich als das auserwählte Volk Gottes vor dem Weltuntergang und dem Anbruch des Reiches Gottes.

Die zahlenmäßig überschaubare urchristliche Gemeinde kam ohne ein hierarchisches Amt aus, brauchte aber doch Führungskräfte für die alltäglichen Aufgaben. Diese Leitungsfunktion hatten die 12 Aposteln inne. Sie begründeten ihre Autorität mit ihrer Rolle als Jünger, die mit Jesus persönlich in Galiläa herumgezogen sind.
Doch schon bald kam es zu Spannungen in der Gruppe. Die neu getauften Juden, die aus der hellenistischen, griechischsprachigen Diaspora stammten, fühlten sich benachteiligt gegenüber den einheimischen, aramäischsprachigen Judenchristen. Die Schuld daran gaben sie den 12 Aposteln. Diese sahen sich mit wachsender Kritik an ihrer Amtsführung konfrontiert.
Es entstand ein Richtungsstreit um die Grundsatzfrage: wer hat welche Aufgabe in der Gemeinde zu erfüllen? Die leitenden Aposteln mussten sich den Vorwurf der Freunderlwirtschaft gefallen lassen. Empört wiesen sie die Anschuldigungen zurück und entgegneten, sie könnten schließlich nicht für alle Aufgaben zuständig sein: „Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben.“ (Apg 6,4) Um sie zu entlasten, wurden sieben Männer aus der griechischsprachigen Diaspora für die diakonischen Verpflichtungen in der Gemeinde gewählt.

Einer von ihnen war Stephanus, ein Mann von besonderer Persönlichkeit: „voll Gnade und Kraft, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk.“ (Apg 6,8) Er beschränkte sich also nicht auf seinen festgelegten Aufgabenbereich, sondern trat ebenso wie die Aposteln vor dem Volk als Missionar und Prediger auf. Und er ging über deren Verkündigung weit hinaus, indem er an die radikale Kult- und Tempelkritik Jesu anknüpfte und öffentlich die Bedeutung des Tempels und des mosaischen Gesetzes für das Christentum bestritt. Damit provozierte er den Sanhedrin, den Hohen Rat der jüdischen Geistlichkeit. Stephanus wurde verhaftet und vor das geistliche Gericht gestellt. Doch er gedachte der Worte Jesu: „Wer nun mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater!“ (Matth 10,32.33
Die Ankläger brachten ihn vor die Tore der Stadt und steinigten ihn wegen seinen christlichen Bekenntnisses zu Tode.

Gottes Wege sind unergründlich, aber er hat immer Recht, auch wenn wir in der augenblicklichen Situation, vor allem wenn es eine Notlage ist, seinen guten Willen nicht begreifen können. Stephanus, sein treuer Anhänger, musste für seinen Glauben grausam sterben und die hellenistischen, griechischsprachigen Mitglieder der urchristlichen Gemeinde, die dessen radikale Kult- und Tempelkritik teilten, sahen sich als Folge davon einer harten Verfolgung durch die jüdische Geistlichkeit ausgesetzt. Sie flohen aus Jerusalem und suchten Zuflucht in den angrenzenden nichtjüdischen Ländern des Römischen Reiches. Vor allem in den Städten Damaskus und Antiochia fanden sie ein neues Zuhause.
Aber sie kamen nicht mit leeren Händen, sondern brachten ihren neuen Glauben mit und verkündigten ihn den Menschen, die noch nie etwas von Jesus von Nazareth gehört hatten. Begeistert ließen sich viele Heiden taufen. Und was ausgesehen hatte wie das Ende der christlichen Bewegung entpuppte sich als Beginn der christlichen Weltkirche. Gottes Plan geht immer auf.

Und es sollte ein Mann der christlichen Lehre den Durchbruch zur größten Glaubensgemeinschaft der Welt verschaffen, von dem es niemand erwartet hatte: Saulus aus Tarsus, der als Paulus in die Weltgeschichte eingegangen ist. Er war zur Rabbinerausbildung nach Jerusalem gekommen. Aus tiefster Überzeugung, die Christen würden Gotteslästerung betreiben, nahm er an der Ermordung des Stephanus teil: „und sie stießen Stephanus zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Und die Zeugen legten ihre Kleider ab zu den Füßen eines jungen Mannes, der hieß Saulus.“ (Apg 7,58)
Aber Gott hatte andere Pläne mit ihm, und Paulus wurde auf dem Weg nach Damaskus von Jesus Christus selbst in die Nachfolge erwählt. Überwältig von seinem Berufungserlebnis wurde Paulus vom Christenverfolger zum überzeugenden Verkünder des Evangeliums.

Bis zum Jahre 313 n.Chr. wurden die Christen von den römischen Machthabern blutig verfolgt, gefoltert und qualvoll hingerichtet. Und doch konnten die Kaiser den Glauben an Jesus Christus nicht brechen. Deren Bereitschaft für Jesus in den Tod zu gehen beeindruckte die römische Bevölkerung letztendlich so stark, dass sich immer mehr taufen ließen und der Todesgefahr trotzten.

Stephanus war der erste Märtyrer der christlichen Kirche. Tausende folgten seinem Beispiel - bis heute: die Christen sind in der Gegenwart diejenige Glaubensgemeinschaft, die am grausamsten verfolgt wird. Aber trösten wir uns mit der Hoffnung, die Jesus, unser Herr und Gott, uns auf unseren Glaubensweg mitgegeben hat: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh 11,25

 

1 Kommentar:

  1. sehr aufschlussreich, weil man nie wirklich erfährt woher der stefanitag kommt!
    Es ist auch sehr interessant, dass paulus, der doch sehr bekannt ist, auch noch für seinen tod gesorgt hat.
    Es würde mich allerdings sehr interessieren, wieso der stephanitag entstanden ist und warum es gerade der tag ist?

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