Pfingsten:
Geburtsfest
der Kirche
Es herrschte eine freudige Festtagsstimmung in Jerusalem.
Fröhlichkeit erfüllte die heilige Stadt: die Juden begingen eines
ihrer wichtigsten Pilgerfeste, das Schawuot oder Wochenfest. Es war
das Erntedankfest zum Abschluss der Getreideernte.
Der Duft frischgebackenen Brotes hing überall in der Luft, denn die
religiöse Tradition verlangte es, zwei große Fladen ungesäuerten
Brotes als Opfergaben im Tempel darzubringen. Sie waren aus dem
Weizen der neuen Ernte gebacken worden.
Seit dem Beginn des Passahs waren 7 Wochen vergangen bzw. 50 Tage,
deshalb trug das Fest auch den Namen „Pentekoste“ vom
griechischen Wort für den 50. Tag. Daraus wurde im Deutschen das
Wort „Pfingsten“.
Der Feiertag fiel in eine Zeit des Rastens, weil die Arbeit auf den
Feldern abgeschlossen war und die Weinlese noch nicht begonnen hatte.
Deshalb war es vielen Menschen aus der Landbevölkerung zeitlich
möglich, nach Jerusalem zu pilgern. Es kamen auch viele Pilger aus
der Diaspora von weit her in die heilige Stadt des Judentums. Etliche
waren schon zum Passafest angereist und blieben wegen der großen
Entfernung, die sie aus ihrer Heimat zurückgelegt hatten, noch bis
Schawuot.
Das Wochenfest hatte aber auch
eine historisch-religiöse Bedeutung für die Juden: Die Menschen
erinnerten sich daran, dass Gott auf dem Berg Sinai Moses die
Gesetzestafeln gegeben hatte. Deshalb standen die „Zehn Gebote“
im Mittelpunkt der Gottesdienste. Die Synagogen wurden so geschmückt,
dass sie an diesem Tag den Sinai symbolisierten.
Traditionell wurde
Milch getrunken, wurden milchige Speisen und Honig gegessen,
da die Tora, das heilige Glaubensbuch, mit Milch verglichen
wurde, die das Volk Israel wie ein unmündiges Kind begierig trinkt.
Auch die Jünger Jesu waren in
Vorfreude auf das Fest. Sie lebten zwar nach wie vor zurückgezogen,
aber sie befanden sich in erregter Aufbruchsstimmung. Die
Verzweiflung über den Tod Jesu hatten sie überwunden, seine
Auferstehung als eine Realität begriffen, die ihnen keine Angst mehr
machte. Nun galt es, den Auftrag Jesu zur Missionierung in die Tat
umzusetzen. Aber das würden sie von sich aus nicht können, deshalb
warteten sie auf die Hilfe Gottes, die Jesus ihnen vor seiner
Himmelfahrt versprochen hatte: „Ihr
werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen
wird und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und
Samarien und bis an das Ende der Erde.“ (Apg
1,8)
Der Heilige Geist, der der
Geist Gottes selbst ist, wird den zaudernden Jüngern Jesu die Kraft
verleihen, ihren Glauben offen zu leben und das Evangelium den
Menschen in aller Welt zu verkündigen. Vor Pfingsten hatten sie sich
nicht an die Öffentlichkeit gewagt mit der frohen Botschaft. Es war
ihnen wohl auch nicht richtig klar gewesen, was sie den Leuten sagen
sollten, nachdem sie selbst daran gezweifelt hatten, dass Jesus von
Nazareth auferstanden ist. Deshalb kündigte Jesus an. „Aber
der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem
Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich
euch gesagt habe.“
(Joh 14,26)
So ausgestattet konnten die Jünger ihre Aufgabe als Apostel
wahrnehmen. Sie und die Apostelgenerationen nach ihnen werden dies so
erfolgreich machen, dass im Jahre 381 n.Chr. unter Kaiser Theodosius
I. das Christentum im Römischen Reich zur Staatsreligion erhoben
wurde.
Der Evangelist Lukas beschreibt in seiner "Apostelgeschichte“
mit dramatischen Bildern das erste Auftreten der Jünger als
Verkündiger des Evangeliums: „Und es geschah
plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und
erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen
Zungen zerteilt, wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von
ihnen.“ (Apg 2,3.4) Das Feuer des
Glaubens, das nun in ihnen brannte, brach aus ihnen heraus, und Simon
Petrus hielt eine „flammende Rede“, die alle, die sie hörten,
überwältigte. Es ist dies eine bildhafte Phrase, die wir auch heute
verwenden, wenn jemand ein mitreißender Rhetoriker ist. Da Lukas
seinen Bericht nicht durch Fotos anschaulicher gestalten konnte, tat
er dies durch die Darstellung der Feuerzungen auf dem Kopf der
euphorischen Jünger. Wie langweilig hätte es doch geklungen, wenn
er bloß geschrieben hätte: „Nach der Verleihung des Heiligen
Geistes predigten die Jünger öffentlich.“ Welcher Leser der Bibel
hätte sich nach dieser Lektüre vorstellen können, dass sich eine
große Menge taufen ließ? Noch dazu Leute, die am Freitag vor Passa
Jesus am Kreuz hatten sterben sehen.
Das Brausen wurde in der ganzen Gegend gehört und deshalb kamen
viele Neugierige zum Haus der Jünger, wie Lukas den plötzlichen
Volksauflauf vor deren Unterkunft erklärt: „Als
nun das Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt;
denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.“
(Apg 2,6) Simon Petrus hielt seine Rede in seiner
Muttersprache Aramäisch, der einzigen Sprache, die er konnte, aber
alle Zuhörer verstanden das Verkündete in ihrer jeweiligen
Muttersprache? Lukas will mit diesem Bild auf die völkerübergreifende
Kraft des Evangeliums hinweisen: der Heilige Geist führt die
Menschen wieder zusammen, deren
Gemeinschaft durch die Sprachenverwirrung nach dem Turmbau zu Babel
auseinandergefallen war.
Nach Pfingsten trennt die Sprachbarriere die
Menschen nicht mehr länger. Im
Kommen des Geistes erfüllt sich der Wille Gottes zur Versöhnung mit
den Menschen,
die sich gegen ihn gestellt hatten. Die Botschaft vom Messias, der
die Menschheit
von der Entfremdung von Gott erlöst, überwindet die Trennung
zwischen den Völkern, indem er die unterschiedlichen Sprachen
bedeutungslos werden lässt.
Heute ist die Bibel das am
meisten übersetzte Buch der Welt, und die Menschen, die sie das
Evangelium kennen lernen wollen, können es in ihrer Sprache
tun und durch die Taufe Teil der Gemeinschaft der christlichen
Weltkirche werden.
Der Heilige Geist ist das Geschenk Gottes, das den Menschen die Kraft
gibt zu glauben und dem Herrn zu dienen. Er
wirkt dadurch, dass das Wort im Glauben von Menschen begriffen wird.
Der Reformator Martin Luther nennt das innere
Wirken des Heiligen Geistes eine „Erleuchtung haben“, weil man
das Wort Gottes verstehen kann - egal welche Muttersprache man
spricht.
Das
Schawuot, das den Anfang des jüdischen Volkes durch den Bund auf dem
Sinai in Erinnerung ruft, wird durch die Ausgießung des Heiligen
Geistes zum christlichen Pfingstfest, das den Anfang der Kirche aus
dem Geist Gottes bestimmt.
Gott macht die Kirche durch seinen Geist zu einer
heiligen Gemeinschaft: „Fürchte dich
nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch
das Reich zu geben.!“ (Lukas
12,32)
sehr interessant! einiges wusste ich davon noch gar nicht :)
AntwortenLöschenschon klar, dass es immer ausschweifungen gibt bei erzählungen- manchmal muss man auch zwischen den zeilen lesen.