Sonntag, 24. Mai 2015


 
 
Pfingsten:
 Geburtsfest der Kirche




 Es herrschte eine freudige Festtagsstimmung in Jerusalem. Fröhlichkeit erfüllte die heilige Stadt: die Juden begingen eines ihrer wichtigsten Pilgerfeste, das Schawuot oder Wochenfest. Es war das Erntedankfest zum Abschluss der Getreideernte.
Der Duft frischgebackenen Brotes hing überall in der Luft, denn die religiöse Tradition verlangte es, zwei große Fladen ungesäuerten Brotes als Opfergaben im Tempel darzubringen. Sie waren aus dem Weizen der neuen Ernte gebacken worden.

Seit dem Beginn des Passahs waren 7 Wochen vergangen bzw. 50 Tage, deshalb trug das Fest auch den Namen „Pentekoste“ vom griechischen Wort für den 50. Tag. Daraus wurde im Deutschen das Wort „Pfingsten“.
Der Feiertag fiel in eine Zeit des Rastens, weil die Arbeit auf den Feldern abgeschlossen war und die Weinlese noch nicht begonnen hatte. Deshalb war es vielen Menschen aus der Landbevölkerung zeitlich möglich, nach Jerusalem zu pilgern. Es kamen auch viele Pilger aus der Diaspora von weit her in die heilige Stadt des Judentums. Etliche waren schon zum Passafest angereist und blieben wegen der großen Entfernung, die sie aus ihrer Heimat zurückgelegt hatten, noch bis Schawuot.

Das Wochenfest hatte aber auch eine historisch-religiöse Bedeutung für die Juden: Die Menschen erinnerten sich daran, dass Gott auf dem Berg Sinai Moses die Gesetzestafeln gegeben hatte. Deshalb standen die „Zehn Gebote“ im Mittelpunkt der Gottesdienste. Die Synagogen wurden so geschmückt, dass sie an diesem Tag den Sinai symbolisierten. 
Traditionell wurde Milch getrunken, wurden milchige Speisen und Honig gegessen, da die Tora, das heilige Glaubensbuch, mit Milch verglichen wurde, die das Volk Israel wie ein unmündiges Kind begierig trinkt.

Auch die Jünger Jesu waren in Vorfreude auf das Fest. Sie lebten zwar nach wie vor zurückgezogen, aber sie befanden sich in erregter Aufbruchsstimmung. Die Verzweiflung über den Tod Jesu hatten sie überwunden, seine Auferstehung als eine Realität begriffen, die ihnen keine Angst mehr machte. Nun galt es, den Auftrag Jesu zur Missionierung in die Tat umzusetzen. Aber das würden sie von sich aus nicht können, deshalb warteten sie auf die Hilfe Gottes, die Jesus ihnen vor seiner Himmelfahrt versprochen hatte: „Ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.“ (Apg 1,8)
Der Heilige Geist, der der Geist Gottes selbst ist, wird den zaudernden Jüngern Jesu die Kraft verleihen, ihren Glauben offen zu leben und das Evangelium den Menschen in aller Welt zu verkündigen. Vor Pfingsten hatten sie sich nicht an die Öffentlichkeit gewagt mit der frohen Botschaft. Es war ihnen wohl auch nicht richtig klar gewesen, was sie den Leuten sagen sollten, nachdem sie selbst daran gezweifelt hatten, dass Jesus von Nazareth auferstanden ist. Deshalb kündigte Jesus an. „Aber der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,26) So ausgestattet konnten die Jünger ihre Aufgabe als Apostel wahrnehmen. Sie und die Apostelgenerationen nach ihnen werden dies so erfolgreich machen, dass im Jahre 381 n.Chr. unter Kaiser Theodosius I. das Christentum im Römischen Reich zur Staatsreligion erhoben wurde.

Der Evangelist Lukas beschreibt in seiner "Apostelgeschichte“ mit dramatischen Bildern das erste Auftreten der Jünger als Verkündiger des Evangeliums: „Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen.“ (Apg 2,3.4) Das Feuer des Glaubens, das nun in ihnen brannte, brach aus ihnen heraus, und Simon Petrus hielt eine „flammende Rede“, die alle, die sie hörten, überwältigte. Es ist dies eine bildhafte Phrase, die wir auch heute verwenden, wenn jemand ein mitreißender Rhetoriker ist. Da Lukas seinen Bericht nicht durch Fotos anschaulicher gestalten konnte, tat er dies durch die Darstellung der Feuerzungen auf dem Kopf der euphorischen Jünger. Wie langweilig hätte es doch geklungen, wenn er bloß geschrieben hätte: „Nach der Verleihung des Heiligen Geistes predigten die Jünger öffentlich.“ Welcher Leser der Bibel hätte sich nach dieser Lektüre vorstellen können, dass sich eine große Menge taufen ließ? Noch dazu Leute, die am Freitag vor Passa Jesus am Kreuz hatten sterben sehen.

Das Brausen wurde in der ganzen Gegend gehört und deshalb kamen viele Neugierige zum Haus der Jünger, wie Lukas den plötzlichen Volksauflauf  vor deren Unterkunft erklärt: „Als nun das Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.“ (Apg 2,6) Simon Petrus hielt seine Rede in seiner Muttersprache Aramäisch, der einzigen Sprache, die er konnte, aber alle Zuhörer verstanden das Verkündete in ihrer jeweiligen Muttersprache? Lukas will mit diesem Bild auf die völkerübergreifende Kraft des Evangeliums hinweisen: der Heilige Geist führt die Menschen wieder zusammen, deren Gemeinschaft durch die Sprachenverwirrung nach dem Turmbau zu Babel auseinandergefallen war. 


Nach Pfingsten trennt die Sprachbarriere die Menschen nicht mehr länger. Im Kommen des Geistes erfüllt sich der Wille Gottes zur Versöhnung mit den Menschen, die sich gegen ihn gestellt hatten. Die Botschaft vom Messias, der die Menschheit von der Entfremdung von Gott erlöst, überwindet die Trennung zwischen den Völkern, indem er die unterschiedlichen Sprachen bedeutungslos werden lässt.
Heute ist die Bibel das am meisten übersetzte Buch der Welt, und die Menschen, die sie das Evangelium kennen lernen wollen, können es in ihrer Sprache tun und durch die Taufe Teil der Gemeinschaft der christlichen Weltkirche werden.
Der Heilige Geist ist das Geschenk Gottes, das den Menschen die Kraft gibt zu glauben und dem Herrn zu dienen. Er wirkt dadurch, dass das Wort im Glauben von Menschen begriffen wird. Der Reformator Martin Luther nennt das innere Wirken des Heiligen Geistes eine „Erleuchtung haben“, weil man das Wort Gottes verstehen kann - egal welche Muttersprache man spricht.

Das Schawuot, das den Anfang des jüdischen Volkes durch den Bund auf dem Sinai in Erinnerung ruft, wird durch die Ausgießung des Heiligen Geistes zum christlichen Pfingstfest, das den Anfang der Kirche aus dem Geist Gottes bestimmt. 
Gott macht die Kirche durch seinen Geist zu einer heiligen Gemeinschaft: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.!“ (Lukas 12,32)


1 Kommentar:

  1. sehr interessant! einiges wusste ich davon noch gar nicht :)
    schon klar, dass es immer ausschweifungen gibt bei erzählungen- manchmal muss man auch zwischen den zeilen lesen.

    AntwortenLöschen