Mittwoch, 20. Januar 2016


Die zehn Aussätzigen und ihre Heilung

Jesus war auf dem Weg nach Jerusalem, um in der heiligen Stadt sein Lebenswerk zu vollenden. Um zu seinem Ziel zu gelangen, musste er durch Galiläa und Samaria ziehen. So kam er in ein Dorf, dessen Name nicht genannt wird. Dort begegnete er einer Gruppe von Männern, die an einer schrecklichen Krankheit litten: dem Aussatz. 
Damit ist in der Bibel jede Hautkrankheit gemeint, meistens Lepra oder Schuppenflechte. Die Medizin hatte damals einen weit geringeren Wissensstand als heute und konnte nicht die einzelnen Krankheiten unterscheiden. Es gab auch kaum ärztliche Hilfe.

Die zehn aussätzigen Männer standen in der Ferne und riefen Jesus flehentlich zu: „Jesus, lieber Meister, erbarme dich unser!“ (Lukas 17,13) Ihre Verzweiflung über ihre Krankheit ist verständlich, denn Aussatz bedeutete damals nicht nur körperliche Schmerzen, sondern im Judentum auch Ausschluss aus der Gemeinschaft. Menschen, die das Unglück hatten, von einer Hautkrankheit befallen zu werden, hatten ein jämmerliches Leben vor sich: entweder fristeten sie ihr Dasein als Bettler oder sie lebten in einem abgesonderten Ort außerhalb des Dorfes von Lebensmittelspenden.

Jesus berührte das Leid der Kranken, und er heilte sie. Und er forderte sie auf: „Geht hin und zeigt euch den Priestern!“ (Lukas 17,14) Die zehn Männer gehorchten und begaben sich auf den Weg zum Tempel in Jerusalem.
Warum schickte Jesus die Geheilten dorthin? Waren sie jetzt – frei vom Aussatz - nicht sofort berechtigt, wieder ihren Platz in Familie und Dorfgemeinschaft einzunehmen?
Doch so einfach ging das nicht, sie brauchten die Genehmigung eines Priesters.

Im Tempel von Jerusalem gab es eine eigene Kammer, in der Aussätzige untersucht wurden. 
Es gehörte zu den Pflichten eines Priesters, bei Erkrankten Symptome von Aussatz festzustellen bzw. bei Genesung sie wieder für kultisch rein zu erklären und in die Gemeinschaft zurückzuschicken.

Wenn der Priester Aussatz diagnostizierte, schloss er als Konsequenz den Betroffenen aus der Gesellschaft aus. Der eine Grund für diese harte Vorgehensweise war der Schutz der Gesunden vor Ansteckung. Und der andere Grund war der Glaube, dass Aussatz kultisch unrein machte, und der Erkrankte deshalb von den Gesunden, den kultisch Reinen, die an allen religiösen Handlungen teilnehmen durften, abgesondert werden musste.
Die Unglücklichen durften nicht mehr an Gottesdiensten und religiösen Feiern teilnehmen und mussten ihre Familien, deren Alltag ebenfalls vom religiösen Gesetz bestimmt war, verlassen. Die Thora, das jüdische Gesetz in den 5 Büchern Mose, gab strenge Anweisungen „Wer nun aussätzig ist, soll zerrissene Kleider tragen und das Haar lose und den Bart verhüllt und soll rufen: Unrein, unrein! Und solange die Stelle an ihm ist, soll er unrein sein, allein wohnen, und seine Wohnung soll außerhalb des Lagers sein.“ (3 Mose 13,45.46)
Dieser Härte hielt Jesus mit seinem Heilungswunder entgegen und stellte die Nächstenliebe über das Gesetz.

Für Jesus ist die Barmherzigkeit mit den Notleidenden wichtiger als jedes kultische Gebot. Der Messias aus Nazareth erachtet mitmenschliches Verhalten für hochrangiger als kultische Reinheit auf Kosten der Nächstenliebe: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist.“ (Lukas 6,36) predigt er den Menschenmengen, die ihm begeistert zuhören. Jesus lehrt, dass Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft Gott erfreuen, die selbstgerechte buchstabengetreue Befolgung des Gesetzes nicht. Der Heidenapostel Paulus wird diese Lehre Jesu in der christlichen Kirche durchsetzen: „Nun aber sind wir vom Gesetz frei geworden und ihm abgestorben, das uns gefangen hielt, so dass wir dienen im neuen Wesen des Geistes und nicht im alten Wesen des Buchstabens.“ (Römer 7,6)

Jesus stand auch persönlich für seine Worte ein: er hatte keine Berührungsängste mit sogenannten „unreinen“ Menschen. Beispielsweise ließ er sich von einer blutflüssigen Frau anfassen, ging in die Nähe von Aussätzigen, berührte sogar Tote.
So verletzte er laufend die Reinheitsgebote der Thora und betonte zudem, dass er dies zur höheren Ehre Gottes tue. Damit provozierte Jesus die jüdische Geistlichkeit, vor allem die Pharisäer, die buchstabengetreu die Thora befolgten. Letztendlich machte sich Jesus die jüdische Geistlichen zu Todfeinden und musste den Weg nach Golgatha antreten und am Kreuz sterben.

Welches Verhalten Jesus von uns erwartet, wird deutlich in seiner Abschiedsrede beim letzten Abendmahl kurz vor seiner Verhaftung: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ (Johannes 13,34.35)
Zeigen wir uns der Liebe Jesu Christi, der sich für uns hat kreuzigen lassen, würdig, und bemühen wir uns, ein Leben nach seinen Wertmaßstäben zu führen.

1 Kommentar:

  1. Ist heutzutage ja immer noch, wenn man hustet setzten sich Leute weg oder schauen oder sagen sogar was. Ok, ist jetzt nicht so dramatisch wie damals bei Jesus. Aber wer weiß, wie schnell das gehen kann..

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