Samstag, 9. November 2019


Gottes Gebote und menschlicher Egoismus


Es war ein warmer Abend. König David suchte Entspannung auf der Dachterrasse seines Palastes. Dieser überragte die anderen Häuser Jerusalems, sodass der Herrscher einen guten Blick über seine Hauptstadt hatte. David konnte von seiner erhöhten Position aus aber nicht nur Gebäude im Dämmerlicht sehen, sondern auch Bewohner, die wie er die Abendkühle auf den Flachdächern genossen.

Als der König so um sich sah, erblickte er eine junge, sehr attraktive Frau, die sich wusch. Sie gefiel ihm sofort und „so sandte er hin und ließ nach der Frau fragen, und man sagte: Das ist doch Bathseba, die Tochter Eliams, die Frau Urias, des Hethiters.“ (2. Samuel 11,3) Das waren schlechte Nachrichten! Von einer verheirateten Frau musste David seine Finger lassen. Sie zu begehren und zu berühren war Ehebruch, und Gott hatte es im 6. Gebot verboten. Eigentlich hatte David auch keinen Bedarf an holder Weiblichkeit in seinem Palast, denn er war bereits mit sieben Frauen verheiratet und konnte sich zudem mit etlichen Nebenfrauen vergnügen. Einem Mann war damals die Polygamie erlaubt, aber er durfte die Ehefrau eines anderen Mannes nicht anfassen. Das war eine Sünde. Im Falle Bathsebas kam noch hinzu, dass ihr Ehemann Uria als Soldat im Heer des Königs diente und zu dieser Zeit im Feld gegen die Ammoniter stand. Weder Sünde noch Unmoral hielten David jedoch davon ab, die begehrte Frau für eine Liebesnacht holen zu lassen. Für ihn wäre damit die Sache auch erledigt gewesen, aber seine rücksichtslose Begierde hatte Folgen: Bathseba war schwanger geworden. Und damit ließ sich der Sündenfall nicht verheimlichen. Auf Ehebruch stand für die Frau die Todesstrafe, und den König würde der Skandal wohl Macht und Ansehen kosten.

Was nun? Zuerst versuchte David, Uria das Kind unterzuschieben, indem er ihm Heimaturlaub gewährte. Nachdem man in der Antike einen Geburtstermin nicht so genau ausrechnen konnte wie heute, hätte Uria nicht an seiner Vaterschaft gezweifelt, wenn er die Nacht mit Bathseba verbracht hätte. Leider verweigerte dieser aufrechte Soldat den Beischlaf mit seiner Ehefrau, solange seine Kameraden im Feld darben mussten. Er wollte keine Bevorzugung. David sah nun im Tod des Urias den einzigen Ausweg, um sich und Bathseba zu retten. Er befahl seinem General Joab, den Hethiter beim nächsten Gefecht in die erste Reihe zu stellen, wo er keine Überlebenschance hatte: Stellt Uria vornehin, wo der Kampf am härtesten ist, und zieht euch hinter ihm zurück, dass er erschlagen werde und sterbe.“ (2. Samuel 11,15) Davids Plan ging auf, Uria starb in der Schlacht und der „fürsorgliche“ König nahm die schwangere Witwe in seine Frauengemächer auf. Ein Happyend also - zumindest für David.

So ein Erfolgserlebnis konnte auch ein anderer israelitischer König verbuchen: Ahab, der in Samaria residierte und mit der phönizischen Prinzessin Isebel verheiratet war. Er lebte im Luxus, weil er über riesigen Grundbesitz verfügte, der ihm ein sorgenfreies Leben ermöglichte. Aber das reichte Ahab nicht, er warf einen begehrlichen Blick auf den Weinberg des Jesreeliters Nabot, der direkt an den Palast des Königs angrenzte: „Und Ahab redete mit Nabot und sprach: Gib mir deinen Weinberg; ich will mir einen Kohlgarten daraus machen, weil er so nahe an meinem Haus liegt. Ich will dir einen besseren Weinberg dafür geben, oder, wenn dir‘s gefällt, will ich dir Silber dafür geben, soviel er wert ist.“ (1 Könige 21,2) Aber für Nabot war dieses Stück Land nicht in Geld aufzuwiegen, denn es war in Familienbesitz seit Generationen und hatte deshalb für den einfachen Mann einen hohen ideellen Wert. Dafür hatte der gierige König kein Verständnis. Seine Miene verdüsterte sich, und er wurde unleidlich. Endlich fand seine Gattin Isebel eine Lösung, die Ahab seine gute Laune zurückbrachte: sie inszinierte einen Verleumdungsprozess wegen Gotteslästerung und Majestätsbeleidigung gegen Nabot. Auf diese Delikte stand die Todesstrafe, und so wurde der unkooperative Bauer auch aus dem Weg geschafft: „Da führten sie ihn vor die Stadt hinaus und steinigten ihn, dass er starb.“ (1 Könige 21,13b) Und der König triumphierte: „Als Ahab hörte, dass Nabot tot war, stand er auf, um hinabzugehen zum Weinberg Nabots, des Jesreeliters, um ihn in Besitz zu nehmen.“ (1 Könige 21,16) Dass seine Gier einem Menschen das Leben gekostet hatte, ließ ihn völlig unbeeindruckt.

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was sein ist“ (2 Mose 20,17) Sowohl David als auch Ahab kannten das 9. und 10. Gebot zur Genüge. Sie fanden sie im Prinzip auch durchaus richtig, aber als es für sie persönlich darauf ankam, sie zu halten und Gott wichtiger zu nehmen als ihre persönlichen Wünsche, schoben sie sie skrupellos zur Seite. Denn sie hatten keine Lust Verzicht zu üben. Und damit war es nicht getan. Denn um ihr verbotenes Begehren befriedigen zu können, mussten sie noch weitere Gebote brechen: sie betrogen und mordeten, um ans Ziel zu kommen.

Vorbildlich handelten die beiden Könige wahrlich nicht, und wir verurteilen ihre Verbrechen zu Recht! Bevor wir uns aber über die beiden sündigen Monarchen empören, sollten wir uns ehrlich fragen: Wie wichtig sind uns selbst weltliche Güter und Vergnügungen? Sind wir frei von verbotener Begierde und Habsucht? Würden wir uns betroffen fühlen, wenn uns der Prophet Nathan jene Frage stellen würde, die er an David gerichtet hat: „Warum hast du denn das Wort des Herrn verachtet, dass du getan hast, was ihm missfiel?“ (2 Samuel 12,9a)

1 Kommentar:

  1. Ein sehr gelungener Blog! Ich finde es großartig, wie das Erzählen der beiden Geschichten mich in den Bann geholt hat. Die Botschaft ist wirklich wichtig, und ich finde auch, jeder sollte sich selbst stets diese Frage stellen! Ich auch!

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