Die
Poesie des christlichen Glaubens
unter euch wohnen:
lehrt und
ermahnt einander
in aller Weisheit.
Mit
Psalmen, Lobgesängen und
geistlichen Liedern
singt Gott
dankbar
in euren Herzen.“
(Kolosser
3,16)
Eine Religion, der keine
verbindlichen Bekenntnisse zugrunde liegen, kann auch keinen
fundierten Glauben anbieten. Wenn Glaubenssätze fehlen, verkommt die
religiöse Überzeugung zu einem Supermarkt der frommen Angebote, in
dem sich Konsumenten nach eigenen Wünschen und Vorteilen bedienen
können. Das ist dann aber kein Gottes-Dienst, sondern
Menschen-Dienst, weil man sich seinen eigenen Himmel erschafft.
Gott zu verstehen ist eine Sache,
ihm zu dienen eine andere. Es kommt darauf an, welche Wesensart die
Gottheit hat, die man verehrt. Im christlichen Glauben steht die
Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen im Mittelpunkt, deshalb reicht das
strikte Befolgen von Regeln und Geboten nicht, weil es
Barmherzigkeit, Vergebung und Nachsicht nicht im Programm hat. Paulus
verkündete das Wesen des christlichen Gottes: „Den
Gott aber der Geduld und des Trostes gebe ich euch, dass ihr
einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß,
damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres
Herrn Jesus Christus.“
(Römerbrief
15,5.6)
Und wie könnte man das Gefühl
der Liebe besser ausdrücken und Gott loben und preisen als in
Gebeten und Liedern? Poesie als Ausdruck tiefer Religiosität nimmt
in der Bibel sehr viel Platz ein. In zahlreichen Liedern, Gedichten
und Hymnen stimmen Gläubige einen Lobpreis auf Gott an, dem sie sich
in allem anvertrauen.
Der berühmteste lyrische Text
der Bibel ist der Psalter im Alten Testament. 150 Lieder und Gebete
zeigen die ganze Bandbreite des Lebens der Israeliten vor Gott: Dank,
Not, Lob, Probleme des einzelnen und des ganzen Volkes –
Bedürfnisse und Empfindungen, die nicht an Aktualität in unserer
Zeit verloren haben. Ein Beispiel etwa ist der Psalm 33, der ein
Loblied auf Gottes Allmacht verkündet: „Freuet
euch des Herrn, ihr Gerechten; die Frommen sollen ihn recht preisen.
Danket dem Herrn mit Harfen; lobsinget ihm zum Psalter von zehn
Saiten! Singet ihm ein neues Lied; spielt schön auf den Saiten mit
fröhlichem Schall!“
(Psalm
33,1-3)
Traditionell werden die Psalmen König David zugeschrieben, und
einige sind auch von ihm, aber nicht alle. Obwohl die meisten
Verfasser anonym bleiben, steht fest, dass es fromme Leute waren, die
ein tiefes Vertrauensverhältnis zu Gott hatten: „Nach
dir, Herr, verlangt mich. Mein Gott, ich hoffe auf dich; lass mich
nicht zuschanden werden, dass meine Feinde nicht frohlocken über
mich.“ (Psalm
25,1.2)
Dass dem bedeutendsten jüdischen
König die Psalmen zugeschrieben werden, kommt nicht von ungefähr.
Es wird im ersten Samuel-Buch berichtet, dass David mit seinem
Harfenspiel den betrübten König Saul beruhigte.
Viele Jahrhunderte
später tat es David ein anderer frommer Mann gleich. Der große
Reformator Martin Luther griff zur Laute, wenn er von traurigen
Gedanken beherrscht wurde. Luther liebte Musik und erkannte die
grandiose Wirkung von Kirchenmusik, die die Gottesdienstbesucher
mitsangen, um Gott die Ehre zu erweisen. Luther schrieb selbst
zahlreiche Kirchenlieder.
Und als Gläubiger, der sehr gerne die
Psalmen las, hat mit seinem „Ein
feste Burg ist unser Gott“
(inspiriert von Psalm 46) im Jahre 1529 einen Lobpreis Gottes
geschaffen, der bis heute als Hymne auf Gottes unerschöpfliche Liebe
gesungen wird. „Ein
feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns
frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen.“
Ein weiteres Buch aus dem Alten
Testament besteht ausschließlich aus lyrischen Texten: das Hohelied
Salomo, eine Sammlung von Liebes- und Hochzeitsliedern. Diese Schrift
wird König Salomo (dem jüngsten Sohn und Erben von König David)
zugeordnet, weil er als ganz besonders weise galt: „Und
Gott gab Salomo sehr große Weisheit und Verstand und einen Geist. So
weit, wie Sand am Ufer des Meeres liegt.“
(1
Könige 5,9) Der
König nützte diese Gabe aber nicht nur zum Regieren: „Und
er dichtete 3000 Sprüche und 1005 Lieder. Er dichtete von den
Bäumen, von der Zeder an auf dem Libanon bis zum Ysop, der aus der
Wand wächst. Auch dichtete er von den Tieren des Landes, von Vögeln,
vom Gewürm und von Fischen.“
(1
Könige 5,12.13)
Und angesichts seines umfangreichen Harems von „700
Hauptfrauen und 300 Nebenfrauen“
(1
Könige 11,3) ist
es nicht verwunderlich, dass ihm das Hohelied mit seinen
zärtlichen Liebeserklärungen zugeschrieben wurde: „Du
bist gewachsen wie ein Lustgarten von Granatäpfeln mit edlen
Früchten, Zyperblumen mit Narden.“
(Hohelied
4,13)
Doch das Hohelied beinhaltet auch
Verse, die die Liebe allgemein rühmen: „So
dass auch viele Wasser die Liebe nicht auslöschen und Ströme sie
nicht ertränken können. Wenn einer alles Gut in seinem Hause um die
Liebe geben wollte, so könnte das alles nicht genügen.“
(Hohelied
8,7) Und das
Hohelied der Liebe stimmte im Neuen Testament auch der Apostel Paulus
an: „Und
wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib
verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir‘s nichts
nütze.“ (1
Korinther 13,3)
In
den ersten drei Jahrhunderten hatten die Christen im Römischen Reich
kein leichtes Leben. Zunehmend standen ihnen die Herrscher feindselig
gegenüber, ließen sie verhaften und töten. Mit
den ersten systematischen Christenverfolgungen begann Kaiser
Decius (249-251). Er
erließ 250 n.Chr. die Verordnung zum allgemeinen Opferzwang unter
Androhung der Todesstrafe. Die Christen als Anhänger des
Monotheismus weigerten sich, vor einem vergöttlichten Kaiser ein
Opfer darzubringen. Die Folge waren Massenhinrichtungen im Kolloseum
vor einer johlenden Zuschauermenge. Aber zum Erstaunen der Römer
flehten die Christen nicht um ihr Leben.
Sie
gingen singend in den Tod. Sie starben mit einem Lobpreis auf ihren
Lippen und legten damit Zeugnis ab für den einen einzigen Gott, wie
Jesus es gefordert hatte: „Wer nun mich
bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem
himmlischen Vater.“ (Matthäus
10,32)
Im Mittelalter änderte sich die
Stellung der christlichen Kirche radikal. Sie prägte jetzt die
Gesellschaft, die Kunst und die Kultur. Jede Sparte im Leben der
Menschen war auf das Evangelium ausgerichtet.
Auch die Literatur setzte es sich
zum Ziel, Gott zu preisen. Zu den bedeutendsten Werken gehören die
Schriften von Frau Ava, der ersten namentlich bekannten Dichterin in
deutscher Sprache um 1130. Sie war verheiratet und hatte mehrere
Kinder. Dann entschied sie sich für das Leben als Klausnerin des
Stiftes Göttweig, um in der selbstgewählten frommen Einsamkeit
Bibeldichtungen von großer Innigkeit zu verfassen. In ihrem Epos
„Das Jüngste
Gericht“ zeichnet
sie ein Bild vom christlichen Gott, dem wir auch im 21. Jahrhundert
zustimmen können: „Liebevoll
begegnet Gott allen seinen Kindern. Dann sind alle Mühen vorbei,
dann singen wir auf zweifache Weise Halleluja, den Freudengesang; wir
sagen Gott vielfältigen Dank. Wir lobpreisen die Herrlichkeit Gottes
mit Leib und Seele.“
Und wie preist man Gott im
Schatten des blutigen Dreißigjährigen Krieges, der zwischen
1618-1648 das Heilige Römische Reich verwüstet und fast zwei
Dritteln der Bevölkerung das Leben gekostet hat? Paul Gerhardt,
evangelischer Pfarrer, gab die Antwort in rund 130 Kirchenliedern, in
denen er daran erinnerte, dass uns Gott auch in finsteren irdischen
Zeiten Liebe und Geborgenheit bietet. Gerhardt stellte trotz aller
Bedrängnisse nie seinen Glauben an einen liebenden Gott, der uns
durch Jesus Christus die Erlösung zugesagt hat, in Frage.
In einem seiner berühmtesten
Liedern erinnerte er daran, dass auch Jesus durch das Leid gehen
musste, bevor er zum Messias, zum Erlöser, werden konnte. Und wenn
wir am Karfreitag im Gottesdienst Gerhardts „O
Haupt voll Blut und Wunden“
singen, begreifen wir, dass Christsein kein Honigschlecken ist. Das
hat Jesus auch nie versprochen: „Will
mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz
auf sich und folge mir nach.“
(Matthäus
16,24) Die Lieder
von Paul Gerhardt rufen uns zur innig-dankbaren Liebe zu Jesus
Christus auf, auch wenn wir uns in einer bedrohlichen Lage befinden.
Das gilt auch für die Gegenwart.
Denn einerseits ist das Christentum bedroht durch blutige
Verfolgungen und andererseits durch das
Desinteresse am Evangelium und an der Person Jesu Christi. Wie soll
in dieser gegensätzlichen Situation ein Lobpreis aussehen?
Weihnachten steht vor der Tür,
und damit die Gelegenheit ein christliches Fest zu feiern, das alle
Getauften in der Welt vereint. Einen passenden Lobpreis, den wir
gemeinsam anstimmen können, finden wir im Kirchengesangsbuch.
Nikolaus Herman schrieb Mitte des 16. Jahrhunderts ein
Weihnachtslied, das uns Christen im Glauben vereint:
in seinem
höchsten Thron,
der heut
schließt auf sein Himmelreich
und schenkt
uns seinen Sohn.“
ein wunderschönes thema, denn über die Psalme ansich denke ich nie so nach. Es ist toll, sich mal genauer darüber gedanken zu machen :D
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