Dienstag, 3. März 2015


Judas Ischariot – der Verräter Jesu Christi

1.Teil: Der Jünger Judas Ischariot

Der Name „Judas“ wird im Neuen Testament mehrfach genannt, weil er zur Zeit Jesu ein beliebter männlicher Vorname war: ein Jünger Jesu, eben Ischariot, heißt so und ebenfalls ein Bruder Jesu, dann ist der letzte neutestamentliche Brief von Judas „einem Knecht Jesu Christi und Bruder des Jakobus“ geschrieben worden, und ein Judas Barsabbas wird in der Apostelgeschichte 15,22 zusammen mit Silas als Reisebegleitung den Aposteln Paulus und Barnabas mitgeschickt.

Die Bedeutung des Beinamens „Ischariot“ für den Jünger Jesu ist unklar. Theologen vermuten einen Hinweis auf eine Heimatstadt Kerijot in Judäa, weil es dort ein Dorf dieses Namens gab.
Jesus wirkte als Wanderprediger in Galiläa, die südliche Provinz Judäa berührte er nur am Rande. Seine Taufe durch Johannes den Täufer am Jordan dürfte in Judäa stattgefunden haben, weil Matthäus darauf hinwies, dass jener in der Wüste von Judäa predigte. Allerdings kehrte Jesus alleine nach Galiläa zurück und berief seine ersten Jünger Simon Petrus und seinen Bruder Andreas sowie die Zebedäus-Söhne Jakobus und Johannes erst in Kapernaum am See Genezareth, wie Matthäus, Markus und Lukas berichten. Judas wird nicht genannt. Nach dem Johannes Evangelium schlossen sich Jesus einige Jünger von Johannes dem Täufer am Jordan an: Andreas, sein Bruder Simon Petrus, Philippus und Nathanael. Wann also Judas Ischariot zum Jüngerkreis stieß, liegt völlig im Dunklen.
Seine Herkunft aus Judäa ist auch nur eine Annahme, weil sich sein Beiname nicht eindeutig erklären lässt. Deshalb kann auch die Frage, ob er aus Judäa stammte, nicht durch Schriftbelege beantwortet werden.

Falls Judas wirklich in Judäa geboren worden ist, war er in einer anderen politischen Situation aufgewachsen als die Jünger aus Galiläa. Nach dem Tod von König Herodes dem Großen im Jahre 4 v.Chr. konnte sich der römische Kaiser Augustus als oberste Instanz nicht dazu durchringen, einem der herodianischen Söhne das ganze Erbe inklusive Königstitel zuzusprechen. Er teilte das Reich des Herodes unter drei seiner überlebenden Söhne auf und ernannte sie zu Fürsten. Den Hauptteil, Judäa mit der Hauptstadt Jerusalem erhielt der älteste Sohn, Archelaos. Herodes Antipas wurde Fürst von Galiläa und der dritte Bruder, Philippus, musste sich mit nichtjüdischen Gebieten östlich des Jordans zufrieden geben.
Archelaos zeigte sich aber seiner Aufgabe nicht gewachsen und wurde 6 n.Chr. von Augustus wieder abgesetzt. Sein Herrschaftsgebiet wurde zur römischen Provinz erklärt mit einem Statthalter an der Spitze. Zur Zeit des öffentlichen Wirkens Jesu war dies Pontius Pilatus, der nicht sehr geschickt darin war, auf die religiösen Empfindlichkeiten der Juden Rücksicht zu nehmen. Deshalb war der Wunsch nach einem Erlöser von der heidnischen Besatzungsmacht in Judäa wesentlich stärker als in Galiläa, wo mit Herodes Antipas weiterhin ein Abkömmling der heimischen Herrscherfamilie regierte.

Judas Ischariot fiel als Jünger in Galiläa nicht auf. Kein Wort der Kritik, kein laut geäußerter Zweifel, kein Streitgespräch mit dem Rabbi: er schien ein loyaler Jünger zu sein. Und dann plötzlich wandte er sich von Jesus ab und beging einen folgenschweren Verrat. Seine unerklärliche Kehrtwendung versuchen die Evangelisten zu erklären, und sie kommen zu unterschiedlichen Antworten. Denn letztlich bleibt man als gläubiger Christ – und das war jeder der vier Evangelisten – fassungslos vor der Tatsache, dass sich jemand von Jesus Christus, unseren Herrn und Gott, nicht nur abwenden, sondern ihn seinen Feinden preisgeben kann.

Judas Ischariot blieb treu an der Seite Jesu in Galiläa und zog auch noch mit ihm in Jerusalem ein. Er erlebte mit, wie die Leute dem Prediger aus Galiläa zujubelten, als dieser die Messiasprophezeiung des Sacharja erfüllte und auf einer Eselin und ihrem Füllen in die Stadt Davids einzog. Dann hörte er Jesus predigen, dass das Reich Gottes, von dem er spricht, nicht von dieser Welt ist. Das heißt, dass er nicht vorhatte, gegen die römische Besatzungsmacht zu kämpfen und sie zu vertreiben.
War Judas enttäuscht in seiner Messiaserwartung? Hatte auch er einen Erlöser vom römischen Joch in Jesus gesehen, der das Reich Gottes hier auf Erden errichtet? Als sich Jesus nach dem fulminanten Empfang in Jerusalem von jeder politischen Aktion distanzierte und nichts gegen die heidnischen Römer unternehmen wollte, kippte die Stimmung der Menschen in Jerusalem. Auch die des Judas Ischariot?
Eine radikale Gruppe von Männern hatte für sich bereits beschlossen, nicht auf einen fernen Messias zu warten, sondern selbst zu handeln, die Zeloten. Sie bewaffneten sich und versuchten durch Überfälle auf römische Soldaten aus dem Hinterhalt die Besatzungsmacht zu vertreiben. War Judas ein enttäuschter Zelot, der ursprünglich glaubte, in Jesus den Befreier gefunden zu haben, und dann erkennen musste, dass er sich geirrt hatte? Dafür gibt es keine Anhaltspunkte, denn nirgends wird Judas Ischariot als Zelot bezeichnet. Im Lukas Evangelium aber wird sehr wohl ein Jünger namens Simon als Zelot näher beschrieben, nicht aber Judas Ischariot.

Einig sind sich die Evangelisten darin, dass die Initiative für die Preisgabe Jesu an seine Feinde von Judas Ischariot ausging und nicht die Hohepriester sich an ihn wandten. Sie waren erfreut über sein Angebot und nahmen es gerne an, aber auf ihn zugegangen sind sie nicht. Doch sie sind bereit, ihn dafür mit Geld zu entlohnen, welches Judas Ischariot auch laut allen vier Evangelisten annahm.
Nach Matthäus (26,14-16) geht Judas zum Hohepriester und bietet seine Hilfe von vornherein gegen Geld an. Offenbar weiß er, dass die jüdische Geistlichkeit Jesus gefangen nehmen lassen will. „Was wollt ihr mir geben?“ fragt er sie: „Ich will ihn euch verraten.“ Für 30 Silberlinge ist Judas bereit, Jesus zu verraten.
Auch bei Markus (14,10.11) geht Judas Ischariot, einer von den Zwölfen, zu den Hohepriestern, dass er ihn verriete. Als sie das hörten, wurden sie froh und versprachen, ihm Geld zu geben. Laut dem zweiten Evangelisten bringen die Priester das Geld ins Spiel, aber es wird keine konkrete Summe genannt.
Mattäus und Markus berichten weiters, dass Judas Ischariot nach seinem Handel entschlossen zu Jesus und den anderen Jüngern zurückgeht und tut, als ob nichts gewesen wäre, und am ersten Tag der Ungesäuerten Brote am Abendmahl teilnimmt.
Noch deutlicher bei der Bedeutung der Belohnung wird der letzte Evangelist. Bei Johannes geht die Salbung in Bethanien (12,1-11) dem Einzug in Jerualem (12,12-19) unmittelbar voraus und findet statt im Haus von Lazarus, Martha und Maria, die mit einem Pfund Salböl aus Narde seine Füße salbt und mit ihrem Haar trocknet. Judas Ischariot regt sich darüber auf: „Warum ist dieses Öl nicht für 300 Silbergroschen verkauft worden und den Armen gegeben?“ Hier weicht Johannes von den ersten drei Evangelien ab und bezeichnet Judas direkt als Dieb, denn er hatte den Geldbeutel und nahm an sich, was gegeben war.
Wurde Judas Ischariot wirklich aus Habgier zum Verräter an seinem Rabbi?
Judas Ischariot hatte wie die anderen elf Jünger alles Materielle zurückgelassen, als er sich Jesus angeschlossen hat. Die missglückte Berufung des reichen Jünglings, der seinen Besitz nicht aufgeben wollte und deshalb die Berufung Jesu zurückgewiesen hat, zeigt, dass Besitz für einen Jünger Jesu keine Bedeutung hatte. Wenn Johannes Judas als Dieb hinstellt, dürfte dies ein verzweifelter Versuch des Evangelisten sein, etwas Unerklärliches erklären zu wollen. Aber möglicherweise war Judas als Jünger so enttäuscht von seinem Rabbi, dass er von ihm weggehen wollte und, weil er ja alles aufgegeben hatte, Geld für einen materiellen Neuanfang brauchte.
Laut Matthäus ging es um 30 Silberlinge, aber das war wenig, nur das Monatseinkommen eines Tagelöhners. Und bei Markus und Lukas wurde ihm ja erst Geld nach seinem Angebot versprochen, das konnte er vorher gar nicht wissen.

Und wenn es doch der Teufel war, den Lukas und Johannes ins Spiel bringen, der aber nicht vorkommt bei Matthäus und Markus?
Für Lukas (22,1-6) ist der Verrat mit menschlichen Beweggründen nicht zu erklären „Es fuhr aber der Satan in Judas, genannt Ischariot, der zur Zahl der Zwölf gehörte.“ Daraufhin ging Judas Ischariot zu den Hohepriestern, um ihn zu verraten. Als sie das hörten, wurden sie froh und versprachen, ihm Geld zu geben. Für Lukas ist klar: der Teufel ist der Grund für den Verrat, nicht die Belohnung.
Johannes bringt die Einsetzung von Fleisch und Blut Christi bereits in Kapitel 6 während einer Predigt in Kapernaum in Galiläa: „Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank.“(V.55) Die Rede verstörte die Zuhörer, die die Symbolik nicht verstehen, sondern die Rede wörtlich aufnahmen. Unter den Jüngern entstand Streit und Zweifel an der Rede über Blut und Fleisch, viele gingen weg und wandten sich von Jesu ab. Nur Zwölf blieben bei ihm, aber Jesus sagte zu ihnen: „Habe ich nicht euch Zwölf erwählt? Aber einer von euch ist ein Teufel.“(V.70) Er redete aber von Judas, dem Sohn des Simon Ischariot. Der verriet ihn hernach und war einer der Zwölf. (V.71)

Letztendlich müssen wir begreifen, dass die Gründe für den Verrat das Geheimnis des Judas Ischariot bleiben. Wir können nur ebenso wie die Evangelisten Mutmaßungen anstellen. Warum auch immer er zu den Hohepriestern gegangen ist, er wankte in seinem Entschluss nicht mehr und wartete nur auf eine günstige Gelegenheit, um sein Vorhaben auszuführen.

1 Kommentar:

  1. spannend das mit dem namen von judas! es wäre auc hinteressant wieso gerdae er immer wieder vorkommt, obwohl er jesus verraten hat- für andere wäre es daher logischer, wenn er "verstoßen" worden wäre, aber das ist er nicht

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