Sonntag, 20. September 2015


Das Gleichnis vom Sämann 


Ein Bauer geht im Frühjahr auf sein Feld, um es nach der winterlichen Ruhezeit neu zu bebauen. Er wendet große Mühe auf, um einen hohen Ertrag zu erwirtschaften und seine Tenne zu füllen. Er pflügt, er ebnet den Boden mit der Egge, er hebt die großen Steine weg. Dann sät der Bauer die Samenkörner für das Getreide aus und hofft auf gutes Gedeihen.
Aber trotz seiner großen Anstrengungen wird nicht aus jedem Samenkorn ein Ährenhalm heranwachsen. Denn wenn der Bauer über sein Feld geht und mit einer Halbkreisbewegung den Samen auf den Acker wirft, fällt nicht jedes Körnchen auf die fruchtbare Erde.

Einige landen auf dem festgetretenen Weg neben dem Feld. Sie können nicht in den Boden eindringen und dienen den Vögeln als willkommene Nahrung. Sie werden aufgepickt.

 
Wieder anderer Samen fällt unter einen Strauch, der am Feldrand wächst.
Dieser hat zwar Erde, in die er einsinken kann, aber das Gestrüpp von Ästen und Blättern verhindert, dass die Körner genug Sonne und Platz erhalten, um zu gedeihen. Sie verkümmern. 

 
Und zuletzt landen Körner auf den großen Steinen, die der Bauer zuvor aus dem Ackerboden gehoben und an den Rand seines Feldes gelegt hat. 
Schutzlos sind die kleinen Körnchen der Sonne ausgeliefert. Sie trocknen aus und verdorren.




Der Bauer weiß, dass nicht jedes Samenkorn reiche Frucht bringen wird, die er zur Erntezeit in seine Scheune einfahren kann. Aber trotzdem bemüht er sich mit großem Eifer, die Verluste so niedrig wie möglich zu halten.
So tut es auch Jesus. Er ist der arbeitssame Sämann, der das Evangelium zum Heil allen Menschen gepredigt hat. Aber nicht alle, die es hören, nehmen es auch auf und leben danach.
Woran scheitert es?
Am Programm selbst kann es nicht liegen, denn es gibt keine größere Geborgenheit als ein Leben unter dem Schutz des liebenden Gottes. Das verkündet das Evangelium. Aber es verspricht den Schutz eines unsichtbaren Gottes, den man nicht beweisen, sondern nur glauben kann. Das ist für viele Menschen eine Hürde.
Jesus weiß, dass die tatsächlichen und sichtbaren Angebote im Diesseits für Menschen oft verlockender sind als die vage Hoffnung auf ein sorgloses Leben im Jenseits. Die Versuchungen, die zum Abfall vom Evangelium führen können, sind vielgestaltig: Bequemlichkeiten, Modereligionen, Gruppenzwang und Streben nach materiellen Gütern lassen das Leben leichter erscheinen als eine Nachfolge, wie Jesus sie verlangt: „Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich.“ (Matt 16,24)

Die christliche Kirche ist im Laufe von 2000 Jahren durch Höhen und Tiefen gegangen, aber noch nie war die Gleichgültigkeit gegenüber der Botschaft Jesu Christi so groß wie jetzt. Nie zuvor waren so wenige Menschen bereit, das Evangelium zu hören und danach zu leben. Natürlich, offiziell ist das Christentum immer noch die größte Religionsgemeinschaft der Welt und die Bibel das meistübersetzte Buch, aber Papier ist geduldig und die Statistik gibt nicht die tatsächliche Situation wieder: leere Kirchen, steigende Austrittszahlen, rückläufige Taufen, immer weniger Kinder im Religionsunterricht. Gleichgültigkeit gegenüber dem Evangelium, Desinteresse an Jesus Christus, der im kirchlichen Leben kaum noch vorkommt, Aggressionen von Atheisten und Anhängern anderer Religionen gegen Christen prägen das christliche Leben heute.
Wird die Religion, die Jesus Christus unter großen Opfern gegründet hat, aus der Welt der Menschen verschwinden, weil sich irgendwann keiner mehr dafür interessiert? Eine bedrückende Vision!
Aber es hilft nichts, zu jammern und „den guten, alten Zeiten“ nachzutrauern. Auch in unserem Jahrhundert muss niemand zu den Samenkörnern gehören, die verderben, sondern es steht uns die Möglichkeit offen, zu denen zu gehören, „die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.“ (Lukas 8,15).


1 Kommentar:

  1. es liegt sicher auch daran, dass die leute heute seeehr kritisch geprägt werden in unserer gesellschaft und prinzipiell an nichts mehr glauben wollen/können. Alles ist sehr fest und leistungsorientiert, dass sich keiner mehr Zeit nimmt über Dinge nach zu denken, die man selber machen will ohne dass "Erfolg" bringt.

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