Sonntag, 4. November 2018


 



Die Frage nach der Steuer



Jesus von Nazareth, der populäre Wanderprediger von Galiläa, passte nicht ins Weltbild der Pharisäer und Schriftgelehrten. Ständig hatte er andere religiöse Ansichten als sie und kam damit auch noch super bei der Bevölkerung an. Die verärgerten Geistlichen wollten dem endlich einen Riegel vorschieben. Doch solange sich Jesus in Galiläa aufhielt, war das nicht möglich. Der Landesfürst Herodes Antipas wollte sich nach der umstrittenen Hinrichtung des vom Volk verehrten Propheten Johannes den Täufer nicht an einem weiteren angesehenen Prediger die Finger verbrennen. So ließ er Jesus gewähren. Und die Bevölkerung von Galiläa hielt Jesus eben wegen seiner von den Konservativen abweichenden religiösen Ansichten die Treue. So gerne die Geistlichen Jesus schon in Galiläa aus dem Verkehr gezogen hätten, war dieser Plan vorerst nicht realisierbar.

Aber dann bekamen sie ihre lang ersehnte Chance: Jesus verließ seine Heimat und zog mit seinen Jüngern in das südlich gelegene Jerusalem, dem Machtzentrum der jüdischen Geistlichkeit. Dort war er auf sich allein gestellt, denn die Bewohner kannten ihn nicht persönlich, sondern nur die Erzählungen über ihn. Und diese hatten eine hohe Erwartungshaltung geweckt. Bei seinem Einzug in Jerusalem jubelten die Menschen Jesus begeistert zu und schrien euphorisch: „Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“ (Matthäus 21,9) Doch schon bald folgte die Ernüchterung: der Rabbi aus Galiläa entsprach nicht den Vorstellungen vom ersehnten Messias, der kam, um die Juden von der Besatzung der Römer zu befreien. Ernüchtert wandten sich die Bewohner Jerusalems von Jesus dem Galiläer wieder ab.

Diese Enttäuschung der Leute wollten sich die Geistlichen zu Nutze machen. Die Pharisäer und Schriftgelehrten wollten den provokanten Rabbi weg haben, aber bevor sie mit Gewalt gegen Jesus vorgingen, versuchten sie es damit, seine Glaubwürdigkeit zu untergraben. Und sie setzten bei dem Punkt an, der für die jüdische Bevölkerung am heikelsten war: die Besetzung des heiligen Landes durch die heidnischen Römer: Sage uns, was meinst du: Ist‘s recht, dass man dem Kaiser Steuern zahlt oder nicht?“ (Matthäus 22,17) Das war eine Fangfrage, und Jesus durchschaute sie auch sofort: „Als nun Jesus ihre Bosheit merkte, sprach er: Ihr Heuchler, was versucht ihr mich?“ (Matthäus 22,18)

Der Hintergrund war ein politischer. Das römische Steuersystem galt für das ganze Reich. Jeder einzelne Bewohner war abgabepflichtig. Volkszählungen, die die römische Regierung von Zeit zu Zeit durchführen ließen, hatten zum Ziel, die steuerpflichtigen Untertanen zu erfassen, um sie dann zur Kasse zu bitten. In den Augen der Pharisäer und Schriftgelehrten bedeutete das Bezahlen der Steuern an die römische Staatsmacht, ihre Fremdherrschaft in Israel anzuerkennen. Das war in ihren Augen ein Frevel gegen die Religion, und mit ihrer Frage wollten sie Jesus in die Falle locken. Sprach er sich in der Öffentlichkeit gegen das Bezahlen der Steuer an den Kaiser aus, konnte man ihn beim Statthalter als Hochverräter verklagen. Befürwortete er sie aber, so hatte man den Rabbi als religiösen Betrüger entlarvt. Denn mit dieser indirekten Anerkennung der Fremdherrschaft würde Jesus die Hoffnung des jüdischen Volkes, durch den im Alten Testament prophezeiten Messias von den Heiden befreit zu werden, preisgeben. Damit wäre auch der Anspruch Jesu, der erwartete Messias zu sein, erledigt.

Doch Jesus tappte nicht in die Falle. Er forderte die Geistlichen auf: „Zeigt mir die Steuermünze! Und sie reichten ihm einen Silbergroschen. Und er sprach zu ihnen: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!(Matthäus 22,19-21)

Das war nicht die Antwort, auf die die Pharisäer und Schriftgelehrten gewartet hatten: Und sie konnten ihn in seinen Worten nicht fangen vor dem Volk und wunderten sich über seine Antwort und schwiegen still.“ (Lukas 20,26) Sie hatten Jesus bloß stellen wollen, aber er erteilte ihnen eine Lektion: im Diesseits gibt es auch für gläubige Menschen Pflichten der weltlichen Regierung gegenüber. Man stellt sich nicht gegen Gott, wenn man diesen nachkommt. Erst wenn man die Gebote der irdischen Obrigkeit über die Gottes stellt, fällt man vom Glauben ab.

Der Apostel Paulus wird noch deutlicher. Im Römerbrief verweist er darauf, dass jede Obrigkeit von Gott eingesetzt ist: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet.“ (Römerbrief 13,1) Deshalb hat man auch als Christ ihr gegenüber Pflichten. Das bedeutet aber keine kritiklose Unterwürfigkeit, auf die man sich Gott gegenüber herausreden kann. Paulus schränkt den politischen Gehorsam im Sinne Jesu ein: „So gebt nun jedem, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt.“ (Römerbrief 13,7) Und die gebührt allein Gott im Himmel.

Nach dieser Weisung hat die urchristliche Gemeinde im Römischen Reich gelebt. Sie waren brave Untertanen der Herrscher und zahlten ihre Steuern ohne zu murren. Aber ihr Gehorsam endete an dem Punkt, an dem man von ihnen verlangte, den Glauben an Gott zu verraten.  

Kaiser Decius (249-251) führte ein neues Gesetz ein, das von jedem Untertan verlangte, einmal im Jahr vor einem vergöttlichten Kaiser ein Opfer darzubringen. Das war den Christen, die einem strengen Monotheismus huldigten, nicht möglich, und sie verweigerten sich der staatlichen Anordnung. Decius aber war unerbittlich: wer nicht opferte, wurde hingerichtet. Viele Christen starben in der Arena. Aber auch angesichts dieser lebensgefährlichen Bedrohung blieben sie ihrem Glauben treu und gingen lieber betend in den Tod als vor einem Herrscher das Knie zu beugen. Sie leisteten passiven Widerstand, indem sie den Kaisern die Anbetung verweigerten, aber sie griffen nicht zum Schwert, um die Herrscher aktiv zu bekämpfen. So hatte es Jesus von denen, die ihm nachfolgen, gefordert, denn er lehnte die Anwendung von Gewalt strikt ab. Seine Jünger waren bei Jesu Verhaftung im Garten Gethsemane mit Schwertern bewaffet und hätten ihren Rabbi retten können, aber er lehnte ab: „Lasst ab! Nicht weiter!“ (Lukas 22,51) Jesus stand mit Gewaltlosigkeit für seine göttliche Mission ein.

Die Geschichte wiederholt sich gerade. So wie damals im Römischen Reich werden auch in der Gegenwart wieder in vielen Ländern der Welt Christen nur deshalb diskriminiert und getötet, weil sie Christen sind. 
In dieser Bedrängnis vertrauen die Gläubigen aber auf ein Versprechen, dass unser Herr Jesus Christus uns gegeben hat: Und ihr werdet gehasst werden von jedermann um meines Namens willen. Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig werden.“ (Matthäus 10,22) Zuletzt werden es nicht die Feinde des Christentums sein, die den Sieg davon tragen: Freut euch auf jenen Tag des Gerichts Gottes und springt vor Freude; denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel.“ (Lukas 6,23)

1 Kommentar:

  1. ein sehr informativer und toller beitrag! Er enthält viele großartige Informationen :)

    AntwortenLöschen