Samstag, 27. Oktober 2018


Die Finsternis weicht dem Licht


In Mitteleuropa ist es Herbst geworden. Das Grün der Blätter verfärbt sich und wird braun, gelb und rot. Die bunten Bäume hüllen die Natur noch einmal in üppige Farben, bevor die dürren Blätter zu Boden fallen. Die Äste ragen zunehmend kahl in den Himmel empor. Noch wärmt die Sonne mit ihren Strahlen die Luft, aber die Dämmerung bricht am Nachmittag immer früher herein und hüllt das Land in Dunkelheit. Die Nächte werden länger und die Tage kürzer, und wenn die Menschen nicht in der Finsternis leben wollen, brauchen sie künstliches Licht. Denn Helligkeit flößt uns Vertrauen ein und nimmt uns Ängste.

Licht verheißt Zuversicht - für einen Mann veränderte es nachhaltig sein Leben: „Als Paulus aber auf dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel; und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die sprach zu ihm: Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ (Apostelgeschichte 9,3.4) Paulus war überwältigt und beschloss, sein altes Leben hinter sich zu lassen. Er bereiste ab diesem Zeitpunkt als Missionar das Römische Reich, um das Evangelium von Jesus Christus, diesem Licht, das ihm den Weg aus der Dunkelheit gezeigt hatte, zu den Menschen zu bringen, damit es vielen einen neuen Weg weise: „Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.“ (Römerbrief 13,12) Was Christen unter den „Waffen des Lichts“ verstehen, formuliert der Verfasser des Epheserbriefes:Die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf.“ (Epheserbrief 5,9-11)

Jesus Christus, dieses Licht, das Paulus einst verkündete, ist für unser Heil auf die Erde gekommen: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8,12) Derzeit sieht es allerdings danach aus, als ob dieses Licht verlöscht, weil sich immer mehr Menschen von Jesus Christus abwenden und woanders Wohl und Erfüllung suchen. 

Aber solange die Flamme des christlichen Glaubens nicht ausgegangen ist, besteht die Hoffnung, sie neu anzufachen: so wie das Feuer in einem Kamin, das herunter gebrannt ist und in dem Holzstücke nur noch vor sich hin glosen, wenn man aber neue Scheiter hinein legt, beginnt es wieder hoch zu brennen. 
Das können wir Christen auch mit der schwächelnden Kirche schaffen, wenn wir wieder Jesus in den Mittelpunkt unseres Lebens stellen: „Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles, was ihr tut mit Worten und Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.“ (Kolosserbrief 3,16.17)

So wie die Blätter im Herbst verdorren und zu Boden fallen, geht auch jedes menschliche Leben unweigerlich seinem Ende entgegen. Im Winter ruhen die Bäume, um im Frühling zu neuem Leben zu erwachen. So lehrt es auch das Neue Testament über die Zukunft der Menschen: wir sterben, aber das ist nicht das Ende des Seins, sondern es folgt die Auferstehung zu einem neuen Leben im Paradies. Aus der Finsternis des Todes gehen wir in das Licht des Reiches Gottes. In einigen Wochen endet das Kirchenjahr mit dem Ewigkeits- oder Totensonntag: er erinnert an den Schlusspunkt menschlicher Existenz, verstärkt wird die nachdenkliche Stimmung durch den Zeitpunkt in der trüben, kahlen Jahreszeit. 

Aber bereits eine Woche später zünden wir mitten im Dunkel des Jahres die erste Kerze am Adventkranz an. Jede Woche kommt eine neue dazu, und es wird im Zimmer heller, bis am Heiligen Abend der Christbaum erstrahlt und an die Geburt unseres Heilandes erinnert: „Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.“ (Johannes 12,46) Nur einen Christbaum zu schmücken und die Kerzen anzuzünden, wird allerdings nicht reichen, um als Christ im Sinne Jesu zu gelten: Wer sagt, er sei im Licht, und hasst seinen Nächsten, der ist noch in der Finsternis. Wer seinen Nächsten liebt, der bleibt im Licht, und durch ihn kommt niemand zu Fall.“ (1 Johannesbrief 2,9.10)

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