Jesus
war inzwischen in Galiläa ein bekannter Mann geworden. Überall
redete man ehrfürchtig von dem Rabbi, der in radikalen Worten vom
Reich Gottes predigte und Kranke heilte. Hauptsächlich wanderte
Jesus den See Genezareth entlang, aber eines Tages lenkte er seine
Schritte zurück in seine Heimatstadt Nazareth.
Seine
Familie lebte nach wie vor in dem kleinen Ort, aber Jesus hatte kaum
Kontakt zu ihr. Seine Mutter war mit der Berufswahl ihres
Erstgeborenen nicht einverstanden gewesen. Zu jener Zeit war es in
Israel Tradition, dass der älteste Sohn den Beruf des Vaters
erlernte und nach dessen Tod den Betrieb weiterführte. Das wurde
auch von Jesus erwartet, aber er weigerte sich und ging weg, um den
Menschen das Wort Gottes näher zu bringen.
Die
Evangelisten berichten, dass Jesus plante, in seinem Heimatort zu
predigen. Anfangs schien alles gut zu gehen, denn als Jesus am Sabbat
die Synagoge von Nazareth betrat, reichte man dem berühmt gewordenen
Sohn der Stadt das Buch des Propheten Jesaja, damit er daraus
vorlese. Jesus schlug das Kapitel 61 auf: „Der
Geist Gottes des Herrn ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt hat.
Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die
zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die
Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen; zu verkündigen
ein gnädiges Jahr des Herrn und einen Tag der Vergeltung unseres
Gottes, zu trösten alle Trauernden.“ (Verse
1 und 2) Als Jesus geendet hatte, sahen ihn die Anwesenden
erwartungsvoll an. Wie würde er die Textstelle auslegen? Aber was er
dann sagte, kam nicht gut bei den Zuhörern in der Synagoge an.
Jesus, den sie hatten aufwachsen sehen, bekannte sich dazu, der
prophezeite Messias, der Gesalbte Gottes, zu sein: „Heute
ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren.“
(Lukas 4,21)
Über
diese vermeintliche Anmaßung waren die Leute aus Nazareth aufs
Äußerste empört: „Ist er nicht der Sohn
des Zimmermanns? Heißt nicht seine Mutter Maria und seine Brüder
Jakobus und Josef und Simon und Judas? Und seine Schwestern, sind sie
nicht alle bei uns?“ (Matthäus
13,55.56)
Und da sie aus diesem Grund in ihm nicht den Messias
sehen wollten, bezichtigten sie Jesus der Gotteslästerung und ließen
sich in ihrem Zorn zur Gewalttätigkeit gegen ihn hinreißen: „Und
sie standen auf und stießen ihn zur Stadt hinaus und führten ihn an
den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt gebaut war, um ihn hinab zu
stürzen.“ (Lukas 4,29)
Aber Jesus ging mitten durch sie hinweg und stellte resigniert fest:
„Ein Prophet gilt nirgends weniger als in
seinem Vaterland und in seinem Haus.“ (Matthäus
13,57)
In die
heutige Zeit übertragen heißt das, dass es Jesus im christlichen
Abendland so ergeht wie damals in seiner Heimatstadt Nazareth: seine
Göttlichkeit wird ihm aberkannt, und er wird wegen religiöser
Unglaubwürdigkeit aus dem Leben der Menschen hinausgedrängt. Alles,
was in unserer Gesellschaft mit dem christlichen Glauben
zusammenhängt, wird konsequent vernichtet. Die Kreuze werden in
öffentlichen Gebäuden abmontiert. Kirchen werden verkauft und zu
Wohnhäusern und Supermärkten umgebaut. Sparmaßnahmen kippen die
christliche Jugendarbeit und schaffen die Jungschar ab. Und Ostern,
eigentlich das höchste Fest der Christenheit zum Gedenken der
Auferstehung Jesu, ist nur noch ein Feiertag, an dem Hasen bunte Eier
und andere Naschsachen bringen.
So wie
die empörten Nazarener sich Jesu durch Tötung entledigen wollten,
indem sie versuchten, ihn vom Felsen zu stürzen, sind wir dabei, unseren Herrn und
Heiland zu töten, indem wir ihn in den Abgrund des Vergessens stoßen.
Und wenn sich dieser Trend der Verdrängung unseres christlichen Bekenntnisses und
unserer christlichen Lebensweise aus dem gesellschaftlichen Leben weiter
fortsetzt, wird Jesus Christus eines Tages nichts weiter sein als ein
Name im Geschichtsbuch – so wie Zeus und Odin.
Jesus
zeigt uns einen Ausweg aus der heutigen bedrängten Lage des
Christentums und verweist uns auf die Hoffnung im Gebet: „Die
Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den
Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“
(Matthäus 9,37.38) Hören
wir auf Jesus Christus und bitten wir Gott um die Kraft zu einem neuen
Aufbruch und einer neuen Blüte des christlichen Glaubens, und treten
wir hinaus in die Welt mit den Worten des Apostels Paulus: „Denn
ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft
Gottes, die selig macht alle, die daran glauben.“
(Römer 1,16)
sehr schön, mal soll wirklich nie aufgeben und weiter an Jesus zu glauben. Er vergisst einen nicht.
AntwortenLöschen