Jesus
und Nikodemus
„Es
war aber ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus,
einer
von den Oberen der Juden.
Der
kam zu Jesus bei Nacht und sprach mit ihm.“
(Johannes
3,1.2a)
Das
Beispiel des Nikodemus zeigt, dass nicht jeder Pharisäer Jesus als
Irrlehrer ablehnte. Wie problematisch es aber war, als jüdischer
Geistlicher, noch dazu in einer gehobenen Position, dem Rabbi aus
Galiläa unvoreingenommen gegenüber zu treten, sieht man daran, dass
er sich in der Nacht zu Jesus schleichen musste.
Dabei
war er noch gar kein Anhänger des Wanderpredigers aus Nazareth. Er
wollte erst einmal ein Gespräch mit ihm führen und sich eine eigene
Meinung bilden. Diese Haltung fehlte seinen Standesgenossen: sie
sahen in Jesus nur den Feind, den es zu vernichten galt. Nikodemus
dagegen wollte sich mit dem „religiösen Konkurrenten“ fair
auseinandersetzen.
Schon
seine Begrüßungsworte, die Nikodemus an Jesus richtete, zeigten,
dass er ihn für den von den alttestamentlichen Propheten
angekündigten Messias hielt: „Meister, wir
wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen, denn niemand kann die
Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.“
(Johannes 3,2b) Nun wollte er letzte Sicherheit haben und mehr über
Jesu Mission wissen, bevor er sich ihm auch öffentlich anschloss.
Die
brennende Frage, die den Pharisäer zu Jesus getrieben hatte, war die
Frage nach der Erlösung von den Sünden, um ins Reich Gottes
aufgenommen zu werden.Und er bekam von Jesus die Antwort, auf die er
gehofft hatte und die sein weiteres Leben verändern wird: „Denn
also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das
ewige Leben haben.“ (Johannes
3,16) Denn Gott habe seinen Sohn nicht in die Welt gesandt,
dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet
werde. Und Jesus fügte hinzu, dass diese Erlösung für ihn selbst
große körperliche Qualen bedeute: „Und wie
Moses in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Messias
erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben
haben.“ (Johannes 3,14.15)
Die
Bedeutung dieser Worte verstand Nikodemus in ihrem ganzen Ausmaß
nicht. Dass der Weg der Erlösung über die Kreuzigung des Messias
führen werde, lag für ihn außerhalb jeder Vorstellungskraft. Er
unterschätzte den unbedingten Vernichtungswillen seiner geistlichen
Standesgenossen.
Aber beim Verabschieden war aus dem Pharisäer
Nikodemus ein überzeugter Anhänger Jesu geworden. Dementsprechend
würde er sein bisheriges Leben nicht mehr in derselben Weise
fortführen können. Wie es mit ihm in den nächsten Tagen und Wochen
aber weiterging, schreibt der Evangelist Johannes nicht. Für
Nikodemus stand immerhin seine ganze Existenz auf dem Spiel, denn
sein Einkommen und sein soziales Ansehen waren von seiner hohen
Position unter den Pharisäern abhängig. Sein öffentliches
Bekenntnis zum Nazarener würde ihn in seiner Gesellschaftsschichte
isolieren.
Offenbar
ging Nikodemus den Weg der kleinen Schritte und blieb im Kreis der
führenden Pharisäer. Denn eines Tages schickten der Hohepriester
und die höchsten Pharisäer Knechte aus, um Jesus zu ergreifen und
zu ihnen zu bringen, weil im Volk Zwietracht über die Bedeutung
seiner Person entstanden war. Die Knechte kehrten mit leeren Händen
zurück, „weil noch nie ein Mensch so geredet
hat wie dieser.“ (Johannes
7,46) Die jüdischen Geistlichen waren empört: „Habt
ihr euch auch verführen lassen? Glaubt denn einer von den Oberen der
Pharisäer an ihn? Nur das Volk tut's, das nichts vom Gesetz weiß;
verflucht sei es!“ (Johannes
7,47-49)
Und in dieser aufgeheizten Situation erhob Nikodemus
mutig seine Stimme für den verhassten Rabbi aus Nazareth: „Richtet
denn unser Gesetz einen Menschen, ehe man ihn verhört und erkannt
hat, was er tut?“ (Johannes
7,51) Sofort wurde Nikodemus verdächtig: „Bist
du auch ein Galiläer?“ (Johannes
7,52a)
Für ihn wurde es zunehmend unausweichlich, sich ganz
zu Jesus zu bekennen oder ihn fallen zu lassen.
Am
Ende des Johannes Evangeliums erfahren wir, dass Nikodemus seinem
Leben als Pharisäer den Rücken gekehrt und sich der Jesus-Bewegung
angeschlossen hat. Nach dem Tod Jesu am Kreuz kümmerte er sich
zusammen mit Josef von Arimathäa um die Bestattung: „Es
kam aber auch Nikodemus, der vormals in der Nacht zu Jesus gekommen
war, und brachte Myrrhe gemischt mit Aloe, etwa hundert Pfund.“
(Johannes 19,39)
Die
beiden Männer banden den Leichnam Jesu in Leinentücher mit
wohlriechenden Ölen und legten ihn in ein Grab, das noch nie benutzt
worden war.
In
welcher Weise Nikodemus nach der Auferstehung Jesu sein christliches
Leben gestaltet hat, ist nicht bekannt. In der Apostelgeschichte wird
er nicht mehr erwähnt. Doch da bald nach Pfingsten die
Christenverfolgungen durch die jüdischen Geistlichen begannen, ist
unwahrscheinlich, dass er weiterhin ein Oberer der Pharisäer bleiben
konnte. Aber die Hoffnung auf das Reich Gottes war ihm offenbar den
Verzicht auf seinen gehobenen Lebensstandard wert.
Durch
den Glauben an Jesus Christus hatte Nikodemus seinen Seelenfrieden
gefunden und war durch seine öffentliche Parteinahme beim Begräbnis
Jesu bereit, die Konsequenzen dafür zu tragen. Das hieß, sich dem
Willen Gottes anzuvertrauen, egal wohin ihn sein künftiger Weg als
Jünger Jesu führen werde. „Die Füchse
haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester, aber der
Messias hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.“ (Matthäus
8,20) warnte Jesus sein Anhänger vor der Ungewissheit, in die
die Nachfolge sie führen würde.
Aber
kann uns das abschrecken? Auf jeden Fall nicht die, die wirklich an
Jesus Christus glauben, denn sie vertrauen dem Herrn uneingeschränkt.
Denn wir leben in der Gewissheit, dass sich Jesus um uns kümmert,
denn das verspricht er uns in der Bergpredigt: „Darum
sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was
werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns
kleiden? Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer
Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. Trachtet
zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird
euch das alles zufallen.“ (Matthäus
6,31-33)
ich finde die stelle mit nikedomus interessant, vor allem, weil das so wenig vorkommt!
AntwortenLöschenJa, dass wir zu viel nach der welt trachten, das stimmt, denn das ist das an was wir uns klammern.