Sonntag, 10. Juli 2016


Jesus und der Zöllner Zachäus
(Lukas 19,1-10)


Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile: Jesus, der berühmte Rabbi aus Galiläa, wird auf seinem Weg nach Jerusalem durch Jericho kommen. Die Bewohner eilten hinaus und säumten die Straße, um ihn zu sehen. Das wollte auch ein Mann von kleiner Gestalt, der in der Stadt nicht zu den beliebtesten Leuten gehörte. Er war Zöllner, sogar ein Oberer, und stand wie viele andere Zöllner in dem Ruf, sein Vermögen durch Betrügereien in seinem Job erworben zu haben. 

Der große Reichtum hatte dem Zöllner Zachäus aus Jericho zu einem komfortablen Lebensstil verholfen, aber ihm auch die Verachtung seiner jüdischen Mitmenschen eingebracht. Sie ließen ihn spüren, dass er etwas Falsches gegen ihre Religion machte. Wie es scheint, hat diese Ausgrenzung den Mann belastet, denn trotz seines egoistischen Verhaltens glaubte er an Gott und seine Gebote, auch wenn er einige von ihnen vorsätzlich seit längerem nicht hielt.

Aber das kennen wir von uns selbst: wir glauben an Jesus Christus und das Evangelium, und trotzdem übertreten wir ständig seine Anforderungen. Vor allem mit dem Gebot der Nächstenliebe steht es nicht mehr zum Besten. Würden die Christen im Sinne ihres Herrn leben, gäbe es kein Mobbing im Berufsleben und in den Schulen und im Internet, sondern sie würden Verständnis für die Schwächen der Anderen aufbringen und Nachsicht üben.

Zachäus erfasste Begeisterung, als er vom Kommen des Rabbis aus Nazareth hörte, und er begehrte ihn wie die anderen Bewohner zu sehen. Aufgrund seiner kleinen Gestalt konnte aber er wegen der dichten Menge am Straßenrand keinen Blick auf den Weg werfen, auf dem Jesus und seine Jünger entlang kommen werden. Aber Zachäus fand eine Lösung „Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen.“ (Lukas 19,4)

Endlich war es soweit, der Zöllner sah Jesus auf der Straße von Jericho näher kommen. 
Und dann passierte das Unglaubliche: der in ganz Israel hoch verehrte Messias wandte sich ihm persönlich zu: „Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren.“ (Lukas 19,5) Von Freude überwältigt kletterte der Zöllner schnell vom Baum herab, öffnete Jesus und seinen Jüngern sein Heim und bewirtete sie reichlich. Zachäus konnte sein Glück kaum fassen: der fromme Rabbi setzte sich mit ihm, einem Sünder gegen das jüdische Gesetz, an einen Tisch! Kein Pharisäer, Schriftgelehrter oder Priester würde das tun, die strengen Reinheitsgebote der Thora ließen es nicht zu. 


Denn die Tischgemeinschaft mit einem unreinen Sünder verunreinigte auch den reinen Frommen. Und so ließ die Kritik an Jesus auch nicht lange auf sich warten: „Als sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt!“ (Lukas 19,7) Aber Jesus hielt ihnen entgegen: „Der Messias ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ (Lukas 19,10)

Für Zachäus bedeutete die Zuwendung Jesu die Rettung aus der Gottesferne, und dafür war er unendlich dankbar. Er beließ es aber nicht bei Worten der Dankbarkeit, sondern vollzog eine radikale Kehrtwendung in seinem Leben. Zachäus, der sich trotz seiner Betrügereien nie vom Glauben an Gott abgewendet hatte, begriff, dass ihm Gott durch Jesus Christus eine neue Chance einräumte, sein Leben wieder mit ihm zu führen. Durch seine Einkehr in das Haus des Zöllners zeigte Jesus öffentlich, dass Gott einen Sünder nicht aufgab, sondern ihm Vergebung zuteil werden ließ. Deshalb klärte Jesus seine verärgerten Kritiker über seine Mission auf: „Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten.“ (Lukas 5,31.32)

Gott hatte dem Zöllner aus Jericho verziehen und ihm ein neues Leben in der Gemeinschaft mit Gott geschenkt, das wollte Zachäus durch eine neue Lebensweise allen zeigen. Er bereute seine Taten, mit denen er die heiligen Gebote übertreten hatte und übte tätige Reue:  "Zachäus aber trat vor den Herrn und sprach: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemand betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück.“ (Lukas 19,8) In seinem Leben galten ab jetzt neue Prioritäten. Nicht mehr die Anhäufung von Besitz interessierte Zachäus, sondern nur noch die Liebe Gottes, die ihm sein Fehlverhalten vergeben hatte.

Jesu Aktion in Jericho zeigt, dass Gott Sünder nicht verstößt, sondern sie wieder voller Liebe in seine Gemeinschaft aufnimmt, wenn sie ihren Irrtum eingesehen haben. Das Verzeihen Gottes räumt den Menschen die Möglichkeit eines neuen Lebens ein, die belastete Vergangenheit gilt nicht mehr.

Gehen wir Christen mit unseren Mitmenschen auch so versöhnlich um? Ein guter Zeitpunkt, darüber nachzudenken und sich über seine eigene Bereitschaft zum Verzeihen Rechenschaft abzulegen. Jeder von uns weiß, wie schwer Vergebung oft ist. Und doch ist Jesu Forderung eindeutig: „Hütet euch! Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht; und wenn er es bereut, vergib ihm. Und wenn er siebenmal am Tag an dir sündigen würde und siebenmal wieder zu dir käme und spräche: Es reut mich! So sollst du ihm vergeben.“ (Lukas 17,3.4)

Es ist absolut nicht einfach, Jesu Forderung zu erfüllen. Jeder von uns hat diese Erfahrung schon gemacht. 
Aber wenn wir uns vorstellen, wie liebevoll wir in einer christlichen Gemeinschaft zusammenleben können, wenn wir nicht immer nur das Böse zurechnen, sondern nachsichtig miteinander umgehen, dann wird uns bald klar, dass es uns allen hilft, nach dem Evangelium zu leben. 

Denn wir alle haben Schwächen und Fehler und sind letztendlich erleichtert, wenn wir trotzdem ein geliebtes und akzeptiertes Mitglied der christlichen Gemeinschaft sind - tragen wir unseren Teil dazu bei.

1 Kommentar:

  1. das finde ich sehr schön! Der gedanke ist motivierend und tröstend. NUr schwer zu wissen, ob man zu den gerechten gehört oder nicht, denn eigentlich möchte man einfach zu gott gehören.

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