Samstag, 29. Februar 2020


Vater unser im Himmel

In seiner Bergpredigt entwarf Jesus das Ideal eines christlichen Lebens. Nachdem der Rabbi aus Nazareth diese Ansprache gehalten hatte, war klar, dass er das Zusammenleben der Menschen auf eine neue Basis stellen wollte. Die Bergpredigt ist der öffentliche Bruch mit der Gesetzestreue, die die Pharisäer und Schriftgelehrten von den Gläubigen forderten. Jesus lehnte die punktgetreue Befolgung von religiösen Vorschriften ab, weil sie zu Hartherzigkeit und Mitleidlosigkeit führen könnnen. Für ihn, den Messias, standen dagegen Vergebungsbereitschaft und Verständnis für die Schwächen und Fehler des Nächsten im Mittelpunkt des religiösen Lebens. Denn nur dann, wenn das Fundament der Gesellschaft die Liebe ist, würde man Gott richtig dienen. Denn so wie uns unser Schöpfer nach jeder Sünde wieder in Gnade annimmt, so sollen wir unsere Mitmenschen mit Nachsicht behandeln, wenn sie uns weh getan haben.


Natürlich war sich Jesus im Klaren, dass seine Forderungen in der Bergpredigt nicht leicht zu halten waren. Aber er fand, dass nichts dagegen sprach, es immer wieder aufs Neue zu versuchen. Denn nur so kann eine christliche Gemeinschaft im Sinne des Evangeliums funktionieren: wenn wir ohne Vorbehalte füreinander da sind. Deshalb schloss Jesus die Bergpredigt mit der Warnung: „Wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Menschen, der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein, und sein Fall war groß.“ (Matthäus 7,26.27) Und Jesus meinte damit die gesamte Rede und nicht einzelne Teile davon. Man kann nicht die Punkte weglassen oder abändern, die einem nicht gefallen oder unbequem sind. Man glaubt seinen Worten ganz oder gar nicht!

Ein besonders berühmter Bestandteil der Bergpredigt ist das Gebet des Vaterunsers. Es ist das einzige Gebet, das Jesus selbst uns gelehrt hat, und es wird auch heute noch in christlichen Kirchen im Rahmen des Gottesdienstes gemeinsam gebetet - mit jenen Worten, die der Messias selbst gesprochen hat. Sie sind uns nicht nur im Matthäusevangelium (6,9-13) überliefert, sondern auch in jenem des Lukas (11,2-4). Es drückt die Demut des Gläubigen aus, der Gott als Herrn über sich anerkennt und ihn um Beistand in allen Lebenslagen bittet. Denn der Mensch hat von Gott die Fähigkeit verliehen bekommen, eigene Entscheidungen treffen zu können. Aber mit dieser Eigenschaft kann nicht jeder verantwortungsbewusst umgehen, denn nicht alles, was wir tun können, ist im Sinne des Glaubens gut.

Der Schöpfungsbericht im 1. Buch Mose von der Erschaffung des Gartens Eden zeigt, dass es von Gott von vornherein so eingeplant war, dass der Mensch über einen freien Willen verfügt. Gott schenkte den Menschen ein Paradies, in dem sie im Überfluss leben konnten. Er wollte seine Schöpfung aber nicht willenlosen Wesen übergeben, sondern verantwortungsbewussten Menschen, denen er vertrauen konnte. 
Warum sonst hätte Gott in den Garten Eden einen Baum stellen sollen, von dessen Früchten die beiden Menschen nicht essen durften? „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. Und Gott der Herr gebot dem Menschen: Du darfst von allen Bäumen im Garten essen, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen.“ (1 Mose 2,15-17a) Der Ausgang ist bekannt: Adam und seine Gefährtin konnten der Versuchung nicht widerstehen und pflückten eine Frucht vom Baum der Erkenntnis. 

Warum hat Gott überhaupt einen verbotenen Baum mitten ins Paradies gepflanzt und so die beiden überhaupt erst in Versuchung geführt? Nun ist Gott uns Menschen keine Rechenschaft über seine Entscheidungen schuldig, aber Adam und Eva könnten wir sehr wohl fragen, warum sie Gott nicht gehorsam geblieben sind und der Verlockung widerstanden haben.  

Das allerdings kann jedem von uns auch passieren, deshalb bekommen wir von Jesus einen hilfreichen Rat: Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach!“ (Matthäus 26,41)  


Damit will Jesus sagen, dass Gott um unserer Schwachheit weiß und bereit ist, uns zu stützen, wenn wir ihn darum bitten. Der Apostel Paulus hatte keine Zweifel an der Fürsorge Gottes, wenn Menschen den Anfechtungen in der diesseitigen Welt, die sich für Gläubige und Nichtgläubige gleichermaßen einstellen, zu erliegen drohen: Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr‘s ertragen könnt.“ (1 Korinther 10,13) Gott hilft aus einer Sache herauszukommen, aber er ebnet nicht den Weg, der Gläubige davor bewahrt, damit sie gar nicht erst in Versuchung geraten. Das ist die Kehrseite des freien Willens: die Verantwortung für unser Handeln tragen wir selbst. Wir können uns für oder gegen die Gebote Gottes entscheiden. Auch Adam und Eva hat niemand gezwungen, nach der Frucht des verbotenen Baumes zu greifen, sie hatten genug andere zur Auswahl. Es gibt im Diesseits keine Erleichterung für jene Menschen, die an Gott glauben. Ihr Vorteil gegenüber jenen, die mit Gott nichts zu tun haben wollen, ist der, dass sie ihr Leben in der Sicherheit führen können, in Gott in jeder Lebenslage eine zuverlässige Hilfe zu haben. Die Versuchung ist unbequemer Bestandteil der diesseitigen Welt, die Gott, so wie sie ist, erschaffen und gewollt hat. Das müssen wir akzeptieren, auch wenn wir es nicht einsehen wollen.

Kein Mensch steht über Jesus Christus, unseren Herrn. Deshalb hat auch niemand das Recht, Jesus zu korrigieren und den Text des Vaterunsers zu ändern, weil man denkt, es besser zu wissen als der Messias. Für Christen gilt es also, weiterhin so zu beten, wie es unser Herr uns gelehrt hat: Und führe uns nicht in Versuchung.“ (Matthäus 6,13a) Dass es immer wieder Theologen in der Kirche gibt, die mit Jesu Lehre in dem einen oder anderen Teil nicht einverstanden sind, wusste der Messias schon damals und mahnte deshalb: „Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert!“ (Matthäus 11.6)

Die Diskussionen um den „richtigen“ Text des Gebets des Herrn passen aber zu den beunruhigenden Aufweichungen, die seit einiger Zeit das Fundament der christlichen Lehre aushöhlen. Das trifft auf das neue „Jesusbild“ zu, das aus dem Erlöser von unseren Sünden einen simplen Sozialreformer macht. Und das gilt besonders für die Aussage, dass das Grab Christi nicht leer gewesen ist am Ostermorgen und die Auferstehung Jesu nur ein „symbolischer Akt“ sei. 

Aber Jesus lässt keinen Zweifel daran zu, dass nur das von ihm gepredigte Evangelium für seine Nachfolge in Frage kommt: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme des lebendigen Wassers fließen.“ (Johannes 7,38)

1 Kommentar:

  1. Ein sehr schöner Beitrag, der wiedermal daran erinnert, an was wir Menschen uns halten sollen- an Gottes Worte, die Jesus uns gelehrt hat.

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