Vater
unser im Himmel
In
seiner Bergpredigt entwarf Jesus das Ideal eines christlichen Lebens.
Nachdem der Rabbi aus Nazareth diese Ansprache gehalten hatte, war
klar, dass er das Zusammenleben der Menschen auf eine neue Basis
stellen wollte. Die Bergpredigt ist der öffentliche Bruch mit der
Gesetzestreue, die die Pharisäer und Schriftgelehrten von den
Gläubigen forderten. Jesus lehnte die punktgetreue Befolgung von
religiösen Vorschriften ab, weil sie zu Hartherzigkeit und
Mitleidlosigkeit führen könnnen. Für ihn, den Messias, standen
dagegen Vergebungsbereitschaft und Verständnis für die Schwächen
und Fehler des Nächsten im Mittelpunkt des religiösen Lebens. Denn
nur dann, wenn das Fundament der Gesellschaft die Liebe ist, würde
man Gott richtig dienen. Denn so wie uns unser Schöpfer nach jeder
Sünde wieder in Gnade annimmt, so sollen wir unsere Mitmenschen mit
Nachsicht behandeln, wenn sie uns weh getan haben.
Natürlich
war sich Jesus im Klaren, dass seine Forderungen in der Bergpredigt
nicht leicht zu halten waren. Aber er fand, dass nichts dagegen
sprach, es immer wieder aufs Neue zu versuchen. Denn nur so kann eine
christliche Gemeinschaft im Sinne des Evangeliums funktionieren: wenn
wir ohne Vorbehalte füreinander da sind. Deshalb schloss Jesus die
Bergpredigt mit der Warnung: „Wer diese meine
Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Menschen,
der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Platzregen fiel und die
Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel
es ein, und sein Fall war groß.“ (Matthäus 7,26.27) Und
Jesus meinte damit die gesamte Rede und nicht einzelne Teile davon.
Man kann nicht die Punkte weglassen oder abändern, die einem nicht
gefallen oder unbequem sind. Man
glaubt seinen Worten ganz oder
gar nicht!
Ein
besonders berühmter
Bestandteil der Bergpredigt ist das Gebet des Vaterunsers. Es ist das
einzige Gebet, das Jesus selbst
uns gelehrt hat, und es
wird auch heute noch in christlichen Kirchen im Rahmen des
Gottesdienstes gemeinsam gebetet - mit jenen Worten, die der Messias
selbst gesprochen hat. Sie sind uns nicht nur im Matthäusevangelium
(6,9-13) überliefert, sondern auch in jenem des Lukas (11,2-4).
Es drückt die Demut des
Gläubigen aus, der Gott als Herrn über sich anerkennt und ihn um
Beistand in allen Lebenslagen
bittet. Denn der Mensch
hat von Gott die Fähigkeit verliehen bekommen, eigene Entscheidungen
treffen zu können. Aber mit dieser Eigenschaft kann nicht jeder
verantwortungsbewusst umgehen, denn nicht alles, was wir tun können,
ist im Sinne des Glaubens gut.
Der
Schöpfungsbericht im 1. Buch Mose von der Erschaffung des Gartens
Eden zeigt, dass es von Gott von vornherein so eingeplant war, dass
der Mensch über einen freien Willen verfügt. Gott schenkte den
Menschen ein Paradies, in dem sie im Überfluss leben konnten. Er
wollte seine Schöpfung aber nicht willenlosen Wesen übergeben,
sondern verantwortungsbewussten Menschen, denen er vertrauen konnte.
Warum sonst hätte Gott in den Garten Eden einen Baum stellen sollen,
von dessen Früchten die beiden Menschen nicht essen durften? „Und
Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden,
dass er ihn bebaute und bewahrte. Und Gott der Herr gebot dem
Menschen: Du darfst von allen Bäumen im Garten essen, aber von dem
Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen.“
(1 Mose 2,15-17a) Der
Ausgang ist bekannt: Adam und seine Gefährtin konnten der Versuchung
nicht widerstehen und pflückten eine Frucht vom Baum
der
Erkenntnis.
Warum
hat Gott überhaupt einen
verbotenen Baum
mitten ins Paradies gepflanzt
und so die beiden überhaupt
erst in Versuchung
geführt? Nun ist Gott
uns Menschen keine Rechenschaft über
seine Entscheidungen schuldig,
aber Adam und Eva könnten
wir sehr wohl fragen, warum sie Gott
nicht gehorsam
geblieben sind und
der Verlockung
widerstanden haben.
Das allerdings kann
jedem von uns auch passieren, deshalb bekommen wir von Jesus
einen hilfreichen Rat: „Wachet
und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallt! Der Geist ist willig;
aber das Fleisch ist schwach!“ (Matthäus 26,41)
Damit will Jesus sagen, dass Gott um unserer Schwachheit weiß und bereit ist, uns zu stützen, wenn wir ihn darum bitten. Der Apostel Paulus hatte keine Zweifel an der Fürsorge Gottes, wenn Menschen den Anfechtungen in der diesseitigen Welt, die sich für Gläubige und Nichtgläubige gleichermaßen einstellen, zu erliegen drohen: „Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr‘s ertragen könnt.“ (1 Korinther 10,13) Gott hilft aus einer Sache herauszukommen, aber er ebnet nicht den Weg, der Gläubige davor bewahrt, damit sie gar nicht erst in Versuchung geraten. Das ist die Kehrseite des freien Willens: die Verantwortung für unser Handeln tragen wir selbst. Wir können uns für oder gegen die Gebote Gottes entscheiden. Auch Adam und Eva hat niemand gezwungen, nach der Frucht des verbotenen Baumes zu greifen, sie hatten genug andere zur Auswahl. Es gibt im Diesseits keine Erleichterung für jene Menschen, die an Gott glauben. Ihr Vorteil gegenüber jenen, die mit Gott nichts zu tun haben wollen, ist der, dass sie ihr Leben in der Sicherheit führen können, in Gott in jeder Lebenslage eine zuverlässige Hilfe zu haben. Die Versuchung ist unbequemer Bestandteil der diesseitigen Welt, die Gott, so wie sie ist, erschaffen und gewollt hat. Das müssen wir akzeptieren, auch wenn wir es nicht einsehen wollen.
Kein
Mensch steht über Jesus Christus, unseren Herrn. Deshalb hat auch
niemand das Recht, Jesus zu korrigieren und den Text des Vaterunsers
zu ändern, weil man denkt, es besser zu wissen als der Messias. Für
Christen gilt es also, weiterhin so zu beten, wie es unser Herr uns
gelehrt hat: „Und
führe uns nicht in Versuchung.“ (Matthäus
6,13a)
Dass es immer wieder Theologen in der Kirche gibt, die mit Jesu Lehre
in dem einen oder anderen Teil nicht einverstanden sind, wusste der Messias schon damals und mahnte
deshalb: „Selig ist, wer sich nicht an mir
ärgert!“ (Matthäus 11.6)
Die
Diskussionen um den „richtigen“ Text des Gebets des Herrn passen
aber zu den beunruhigenden Aufweichungen, die seit einiger Zeit das
Fundament der christlichen Lehre aushöhlen. Das trifft auf das neue
„Jesusbild“ zu, das aus dem Erlöser von unseren Sünden einen
simplen Sozialreformer macht. Und das gilt besonders für die
Aussage, dass das Grab Christi nicht leer gewesen ist am Ostermorgen
und die Auferstehung Jesu nur ein „symbolischer Akt“ sei.
Ein sehr schöner Beitrag, der wiedermal daran erinnert, an was wir Menschen uns halten sollen- an Gottes Worte, die Jesus uns gelehrt hat.
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