Samstag, 27. Juli 2019


Sonntag – ein Tag der Ruhe und der Besinnlichkeit


Im Buch Rut wird von einem Brauch aus der Zeit des Alten Testaments berichtet, der der Armenfürsorge diente. Wenn die Bauern auf den Feldern das Getreide ernteten, gaben sie an die Schnitter die Anweisung, nicht alle Strohbündel in die Scheunen zu bringen, sondern etliche Halme liegen zu lassen. 

Dann konnten die besitzlosen Bewohner des Ortes kommen und die liegen gebliebenen Ähren einsammeln. So wurde ihre Not gelindert, und sie wurden vor Hunger bewahrt. Für diesen Weg entschied sich auch Rut, die eben erst mit ihrer Schwiegermutter Noomi aus dem Land der Moabiter nach Bethlehem zurückgekehrt war. Beide Frauen waren verwitwet und hatten keine andere Einkommensquelle: „So las Rut bis zum Abend auf dem Felde und klopfte Ähren aus, die sie aufgelesen hatte, und es war ungefähr ein Scheffel.“ (Rut 2,17)

Diesen Brauch nützten auch die Jünger von Jesus, als sie auf ihrer Wanderung Hunger bekamen: „Und es begab sich an einem Sabbat, dass er durch ein Kornfeld ging; und seine Jünger rauften Ähren aus und zerrieben sie mit den Händen und aßen.“ (Lukas 6,1) Sie wurden dabei beobachtet, und schon kam es zu Protestaktionen durch die Pharisäer, die Jesus seit langem kritisch gegenüber standen. Sie warfen ihm vor, die Thora nicht vorschriftsmäßig zu befolgen. Die Jünger eckten nun nicht damit an, dass sie von einem Acker, der ihnen nicht gehörte, Ähren pflückten, sondern weil sie es am Sabbat taten. Diese Tätigkeit ging über die erlaubten Handlungen am religiösen Ruhetag hinaus und wurde von den Pharisäern als Provokation des Rabbis aus Nazareth empfunden: „Warum tut ihr, was am Sabbat nicht erlaubt ist?“ (Lukas 6,2)

Die Pharisäer bezogen sich auf ein Gebot Gottes, das er am Ende der sechs Schöpfungstage ausgesprochen hatte: So vollendete Gott am 7. Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am 7. Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den 7. Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die er geschaffen und gemacht hatte.“ (1 Mose 2,2.3) 

Gott wird auf den Gesetzestafeln, die er Moses auf dem Berg Sinai gibt, wiederholen, dass der letzte Tag der Woche ein Tag des Innehaltens sein soll: „Den Sabbattag sollst du halten, dass du ihn heiligst, wie dir der Herr, dein Gott geboten hat.“ (5 Mose 5,12)

Wie heiligt man also den Tag des Herrn richtig? Die Pharisäer vertraten die Ansicht, dass der Buchstabe des Gesetzes kompromisslos erfüllt werden muss. Jesus dagegen lehrte, dass Gott es höher bewertet, wenn man das Wohl der Menschen nicht aus den Augen verliert. In einem der vielen Streitgespräche zwischen Jesus und den Geistlichen wurde der Messias sehr deutlich und warf seinen Gegnern vor: „Ihr lasst das Wichtigste in der Thora beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und jenes lassen!“ (Matthäus 23,23b) Unter diesem Aspekt sah Jesus das vom Gesetz zulässige Handeln am Sabbat. Als er einige Zeit später in einer Synagoge wiederum an einem Sabbat die verdorrte Hand eines Mannes heilte und damit erneut ungut auffiel, rief er den Menschen zu: „Soll man am Sabbat Gutes tun oder Böses tun? Leben erhalten oder töten?“ (Markus 3,4) 
Und Jesus versuchte die Leute mit einem Gleichnis zu überzeugen: „Wer ist unter euch, der sein einziges Schaf, wenn es ihm am Sabbat in eine Grube fällt, nicht ergreift und ihm heraushilft? Wieviel mehr ist nun ein Mensch als ein Schaf! Darum darf man am Sabbat Gutes tun!“ (Matthäus 12,11.12) Die Pharisäer blieben aber unbeeindruckt.

Ganz zum Feind machte sich Jesus die Geistlichen, als er zusätzlich noch verkündete: „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen.“ (Markus 2,27) In den Augen der Pharisäer war das eine Beleidigung Gottes. Aber davon konnte bei Jesus natürlich keine Rede sein, denn er hat stets darauf hingewiesen, dass er den Willen Gottes umsetzt und nicht seinen eigenen: Denn ich bin vom Himmel gekommen, nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.“ (Johannes 6,38)

Jesus erklärte die Schöpfungsgeschichte so, dass Gott den Menschen einen Ruhetag am Ende einer stressigen Woche schenkte, um Raum zu schaffen für fromme Handlungen ohne Termindruck. Nach getaner Arbeit ist gut ruhen, heißt es im Volksmund. Und Gott ruhte nach der Schöpfung aus und lud die Menschen nun ein, es ihm gleich zu tun. Allerdings mit dem Wunsch, diesen arbeitsfreien Tag dazu zu nützen, ihn, Gott, in den Mittelpunkt zu stellen, ihm zu huldigen, ihm Verehrung zu erweisen.

Jesus sah das „Heiligen des 7. Tages“ nicht eingeengt in Verbote, was man alles nicht tun darf, sondern ließ einen breiten Gestaltungspielraum zu, was alles im Namen Gottes machbar ist. 

Man kann in den Gottesdienst gehen oder im Familienkreis Zuhause eine Andacht abhalten. Der Feiertag bietet auch die Möglichkeit des Füreinander-da-seins in der Form, dass man sich Zeit für den Nächsten nimmt, für den man während der Arbeitstage wenig Zeit hat. Auch das ist ein Zeichen von Nächstenliebe, das Gott erfreut. Es ist auch nicht verkehrt, sich gemütlich auf die Couch zu legen, die Bibel zur Hand zu nehmen und in der Heiligen Schrift zu lesen. Es gibt natürlich Berufe, in denen die Leute arbeiten gehen müssen, weil es um das Wohlergehen von Menschen und Tieren geht. Ein Altersheim kann nicht einfach am Sonntag zusperren, und ein Bauer kann seine Kühe am Sonntag nicht ohne Heu und Wasser stehen lassen. Und ganz wichtig: er muss sie jeden Tag melken. Aber das hat nichts mit dem reinen Geldverdienen um des Profits willen zu tun, das an einem Sonntag auf keinen Fall in die Kategorie „heiligen“ gehört. 
 
Der Apostel Paulus macht es deutlich: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. Niemand suche das Seine, sondern was dem anderen dient.“ (1 Korinther 10,23.24)

Für Christen ist der Tag des Herrn der Sonntag, weil Jesus am 3. Tag nach der Kreuzigung am Karfreitag von den Toten auferstanden ist. Deshalb widmen sie den Sonntag Gott in Erinnerung an seine Liebestat: Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.“ (2 Korinther 5,19)

1 Kommentar:

  1. Ein sehr schöner Beitrag! Sehr informativ und alltagsnahe :) Ich erlebe den Sonntag stets in Gottes Gedenken, aber durch den Beitrag jetzt noch mehr!

    AntwortenLöschen