Sonntag
– ein Tag der Ruhe und der Besinnlichkeit
Im
Buch Rut wird von einem Brauch aus der Zeit des Alten Testaments
berichtet, der der Armenfürsorge diente. Wenn die Bauern auf den
Feldern das Getreide ernteten, gaben sie an die Schnitter die
Anweisung, nicht alle Strohbündel in die Scheunen zu bringen,
sondern etliche Halme liegen zu lassen.
Dann konnten die besitzlosen
Bewohner des Ortes kommen und die liegen gebliebenen Ähren
einsammeln. So wurde ihre Not gelindert, und sie wurden vor Hunger
bewahrt. Für
diesen Weg entschied sich auch Rut, die eben erst mit ihrer
Schwiegermutter Noomi aus dem Land der Moabiter nach
Bethlehem zurückgekehrt
war. Beide Frauen waren verwitwet und hatten keine andere
Einkommensquelle: „So las Rut bis zum Abend
auf dem Felde und klopfte Ähren aus, die sie aufgelesen hatte, und
es war ungefähr ein Scheffel.“ (Rut 2,17)
Diesen
Brauch nützten auch die Jünger von Jesus, als sie auf ihrer
Wanderung Hunger bekamen: „Und es begab sich
an einem Sabbat, dass er durch ein Kornfeld ging; und seine Jünger
rauften Ähren aus und zerrieben sie mit den Händen und aßen.“
(Lukas 6,1) Sie wurden dabei beobachtet, und schon kam es zu
Protestaktionen durch die Pharisäer, die Jesus seit langem kritisch
gegenüber standen. Sie warfen ihm vor, die Thora nicht
vorschriftsmäßig zu befolgen. Die Jünger eckten nun nicht damit
an, dass sie von einem Acker, der ihnen nicht gehörte, Ähren
pflückten, sondern weil sie es am Sabbat taten. Diese Tätigkeit
ging über die erlaubten Handlungen am religiösen Ruhetag hinaus und
wurde von den Pharisäern als Provokation des Rabbis aus Nazareth
empfunden: „Warum tut ihr, was am Sabbat
nicht erlaubt ist?“ (Lukas 6,2)
Die
Pharisäer bezogen sich auf ein Gebot Gottes, das er am Ende der
sechs Schöpfungstage ausgesprochen hatte: „So vollendete Gott am 7. Tage seine Werke, die er machte, und ruhte
am 7. Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte.
Und Gott segnete den 7. Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte
von allen seinen Werken, die er
geschaffen und gemacht hatte.“ (1 Mose 2,2.3)
Gott wird auf den Gesetzestafeln, die er Moses auf dem Berg Sinai gibt,
wiederholen, dass der letzte Tag der Woche ein Tag des Innehaltens sein soll: „Den Sabbattag sollst du halten,
dass du ihn heiligst, wie dir der Herr, dein Gott geboten hat.“
(5 Mose 5,12)
Wie
heiligt man also den Tag des Herrn richtig? Die Pharisäer vertraten
die Ansicht, dass der Buchstabe des Gesetzes kompromisslos erfüllt
werden muss. Jesus dagegen lehrte, dass Gott es höher bewertet, wenn
man das Wohl der Menschen nicht aus den Augen verliert. In einem der vielen Streitgespräche zwischen Jesus und den Geistlichen wurde
der Messias sehr deutlich und warf seinen Gegnern vor: „Ihr
lasst das Wichtigste in der Thora beiseite,
nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies
sollte man tun und jenes lassen!“
(Matthäus 23,23b) Unter diesem Aspekt sah Jesus das vom Gesetz
zulässige Handeln am Sabbat. Als er einige Zeit später in einer
Synagoge wiederum an einem Sabbat die verdorrte Hand eines Mannes
heilte und damit erneut ungut auffiel, rief er den Menschen zu: „Soll
man am Sabbat Gutes tun oder Böses tun?
Leben erhalten oder töten?“
(Markus 3,4)
Und Jesus versuchte
die Leute mit einem
Gleichnis zu überzeugen:
„Wer
ist unter euch, der sein einziges Schaf, wenn es ihm am Sabbat in eine Grube fällt, nicht ergreift und ihm heraushilft?
Wieviel mehr ist nun ein Mensch als ein Schaf! Darum darf man am
Sabbat Gutes tun!“ (Matthäus 12,11.12) Die Pharisäer
blieben aber unbeeindruckt.
Ganz
zum Feind machte sich Jesus die Geistlichen, als er zusätzlich noch verkündete:
„Der Sabbat ist um des Menschen willen
gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen.“ (Markus
2,27) In den Augen der Pharisäer war das eine Beleidigung Gottes.
Aber davon konnte bei Jesus natürlich keine Rede sein, denn er hat
stets darauf hingewiesen, dass
er den Willen Gottes umsetzt und
nicht seinen eigenen:
„Denn
ich bin vom Himmel gekommen, nicht damit ich meinen Willen tue,
sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.“
(Johannes 6,38)
Jesus
erklärte die Schöpfungsgeschichte so, dass Gott den Menschen einen
Ruhetag am Ende einer stressigen Woche schenkte, um Raum zu schaffen
für fromme Handlungen ohne Termindruck. Nach
getaner Arbeit ist gut ruhen, heißt
es im Volksmund. Und Gott ruhte nach der Schöpfung aus
und lud die Menschen nun ein, es ihm gleich zu tun. Allerdings mit
dem Wunsch, diesen arbeitsfreien Tag dazu zu nützen, ihn, Gott, in
den Mittelpunkt zu stellen, ihm zu huldigen, ihm Verehrung zu
erweisen.
Jesus
sah das „Heiligen des 7. Tages“ nicht eingeengt in Verbote, was
man alles nicht tun darf, sondern ließ einen breiten
Gestaltungspielraum zu, was alles im Namen Gottes machbar ist.
Man
kann in den Gottesdienst gehen oder im Familienkreis Zuhause eine
Andacht abhalten. Der Feiertag bietet auch die Möglichkeit des
Füreinander-da-seins in der Form, dass man sich Zeit für den
Nächsten nimmt, für den man während der Arbeitstage wenig Zeit
hat. Auch das ist ein Zeichen von Nächstenliebe, das Gott erfreut.
Es ist auch nicht verkehrt, sich gemütlich auf die Couch zu legen,
die Bibel zur Hand zu nehmen und in der Heiligen Schrift zu
lesen. Es gibt natürlich Berufe, in denen die Leute arbeiten gehen müssen, weil es um das Wohlergehen von Menschen und Tieren
geht. Ein Altersheim kann nicht einfach am Sonntag zusperren, und ein
Bauer kann seine Kühe am Sonntag nicht ohne Heu und Wasser stehen
lassen. Und ganz wichtig: er muss sie jeden Tag melken. Aber das hat
nichts mit dem reinen Geldverdienen um des Profits willen zu tun, das
an einem Sonntag auf keinen Fall in die Kategorie „heiligen“
gehört.
Der
Apostel Paulus macht es deutlich: „Alles ist
erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber
nicht alles baut auf. Niemand suche das Seine, sondern was dem
anderen dient.“ (1 Korinther 10,23.24)
Für
Christen ist der Tag des Herrn der Sonntag, weil Jesus am 3. Tag nach
der Kreuzigung am Karfreitag von den Toten auferstanden ist. Deshalb widmen sie den Sonntag Gott in
Erinnerung an seine Liebestat: „Denn
Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und
rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet
das Wort von der Versöhnung.“ (2 Korinther 5,19)
Ein sehr schöner Beitrag! Sehr informativ und alltagsnahe :) Ich erlebe den Sonntag stets in Gottes Gedenken, aber durch den Beitrag jetzt noch mehr!
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