Sonntag, 8. November 2015


Der Fisch

Symbol der Hoffnung

Symbol des Untergangs


Fisch hat immer Saison – weil er lecker schmeckt, gesund ist und finanziell für die meisten Leute erschwinglich. Urlauber in südlichen Ländern lieben sie zu den Mahlzeiten genauso wie Österreicher den Weihnachtskarpfen am Heiligen Abend als Festessen. Am Karfreitag ist es Brauch, Fisch als Fastenspeise zu servieren. Panierte Fischstäbchen oder gebackene Scholle geben an Werktagen ein schnell zubereitetes Mittagessen her. Und Fischdosen sind als schnelle Jause sehr praktisch.
Deshalb ist es immer der richtige Zeitpunkt, sich über die Herkunft der Flossentiere, die wir uns gut schmecken lassen, Gedanken zu machen.
Denn für unsere Wasserbewohner bedeutet diese Beliebtheit, dass sie das ganze Jahr hindurch keine Schonzeit haben, bis sie - tagtäglich gefangen und getötet - in naher Zukunft wohl zu einem nicht unerheblichen Teil ausgerottet sein werden. So mancher unserer Speisefische steht bereits kurz vor der völligen Vernichtung.
Das hätte sich Noah wohl nicht erwartet, als er auf Befehl Gottes von jedem Getier ein Paar gerettet hat, damit keine Tierart von der Erde verschwindet. Davon können wir heute bei dem Raubbau, den wir in der Natur betreiben, nur noch träumen.

Der Fisch als Symbol des Lebens


Nicht immer war Fisch mit dem Makel der rücksichtslosen Ausrottung behaftet. Besonders im Christentum stand das Zeichen des Fisches als Symbol für eine hoffnungsvolle Zukunft.
In seiner Bergpredigt spricht Jesus unter anderem darüber, dass Gott Gebete erhört: „Wer ist unter euch Menschen, der seinem Sohn, wenn er ihn bittet um Brot, einen Stein biete? Oder wenn er ihn bittet um einen Fisch, eine Schlange biete? Wieviel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten?“(Mt 7,9-11)
Fisch und Schlange“: diese Gegenüberstellung wählt Jesus nicht zufällig, beide Tierarten haben einen hohen Symbolwert in der Bibel. Die Schlange ist der Teufel in der Sündenfallgeschichte. Sie steht für das Böse, das durch seine Verführungskünste die Menschen zum Ungehorsam gegen Gott brachte. Was folgte war der Bruch mit dem Schöpfer und keine Hoffnung auf eine Rückkehr ins Reich Gottes - bis zu dem Zeitpunkt, als Jesus Christus kam und durch die Verkündigung des Evangeliums den Weg zur Versöhnung mit Gott zeigte.
Der Fisch wird zum Symbol für Jesus Christus, unserem Erlöser, der durch seinen Opfertod am Kreuz das ursprünglich gute und dann durch Ungehorsam zerbrochene Verhältnis zwischen Gott und den Menschen wieder gekittet hat.

Der Fisch als Symbol des Christentums hat eine zweifache Bedeutung. Als erstes erinnert er an das Versprechen Jesu, seine Jünger, die mehrheitlich Fischer vom See Genezareth waren, als Aposteln zu Menschenfischern zu machen: „Und er sprach zu ihnen: Folgt mir nach, ich will euch zu Menschenfischern machen!“ (Mt 4,19).
Und zweitens wurde für die Christen in der Zeit der römischen Verfolgung der Fisch zum Geheimzeichen, mit dem sie sich gegenseitig zu erkennen gaben. Denn die griechischen Buchstaben des Wortes Fisch sind auch die Anfangsbuchstaben von Name und Hoheitstiteln, die Jesus trug:

Fisch
   Jesus Christus Gottes Sohn Erlöser

Manchmal haben die Menschen das Wort geschrieben, manchmal die Fischfigur gezeichnet. Aber wie auch immer: der Symbolwert des Fisches drückte die Hoffnung der Menschen auf ein Leben nach dem Tod im Reich Gottes aus. 


Nachdem Kaiser Konstantin I. der Große im Jahre 313 die christliche Religion erlaubt hatte, konnten sich die Christen öffentlich zu ihrem Glauben bekennen. Und so wurde vom 4. Jahrhundert an das Fischsymbol immer seltener und verschwand im Mittelalter völlig. An seine Stelle trat als christliches Symbol das Kreuz.

Der Fisch als Grundnahrungsmittel zur Zeit Jesu


Der See Genezareth war in Palästina die einzige Quelle an Süßwasserfischen und verschaffte somit den Fischern dort eine monopolartige Stellung auf dem jüdischen Markt. Die unzähligen essbaren Fische gehörten zu den wichtigsten Nahrungsmitteln in Israel.
Zudem stand Galiläa in intensiven Handelsbeziehungen mit den umliegenden Gebieten. Es führten wichtige Verkehrswege durch das Land. Die Fischer trieben einen weitreichenden, für damalige Verhältnisse modernen Fischhandel. Sie verkauften ihre Ware in ganz Palästina und darüber hinaus in die Länder des Mittelmeeres. Eine konstante Nachfrage garantierte ihnen einen lukrativen Absatz. 

Die Fische wurden vor allem in der Nacht gefangen mit unterschiedlichen Netzen: mit kleinen Rundnetzen vom Ufer aus, mit Schleppnetzen zwischen zwei Booten. Wenn die Sonne aufging, warteten an der Anlegestelle die Esel- und Pferdekarren der Händler, und wenn die Fischerboote hereinkamen, wurde ihr Fang sortiert, es wurde der Preis gehandelt und die Ware abtransportiert.

In Magdala, am Westufer des Sees, gab es eine Art Fabrik, in der man Fische einpökelte und in Fässer füllte. Der Ort war kein kleines Fischerdorf, sondern eine florierende und wohlhabende jüdische Stadt am See Genezareth, vergleichbar mit Kapernaum. Das wirtschaftliche Leben hing zu einem großen Teil vom Fischfang ab. 
Jeder Ort am See Genezareth dürfte in gewisser Weise vom Fisch gelebt haben, allerdings ging Magdalas Bedeutung und Funktion über das in der Region übliche Maß hinaus. Die Fischereiverarbeitung war Charakteristikum der Stadt: an anderen Orten gefangener Fisch wurde zum Teil in Magdala weiterverarbeitet und gehandelt.

Trotz einer intensiv betriebenen Fischerei bedrohte man damals die Fischbestände nicht. Man fing, was man brauchte, und gab den Tieren die Möglichkeit zu laichen und sich zu vermehren. So war allen gedient: die Menschen wurden satt, die Fische blieben als Art erhalten.
Das hat sich 2000 Jahre später radikal verändert.

Der Fisch als Symbol des Untergangs in der Gegenwart


Der Fisch als Spezies ist bedroht, weil die Meereswelt fortwährend erheblichen Belastungen ausgesetzt ist: Überfischung, Ressourcenabbau, Verschmutzung, Vermüllung, Klimawandel. Die Ressourcen der Ozeane sind aber nicht unerschöpflich und ab einem gewissen Grad der Zerstörung auch nicht mehr erneuerbar. Ganze Ökosysteme drohen inzwischen mit den Fischen unterzugehen, immer mehr Bestände sind akut überfischt.
Laut dem „FAO-Bericht 2010“ beträgt die globale Fischproduktion 145 Millionen Tonnen pro Jahr. Insgesamt sind ¾ der Fischbestände weltweit bereits überfischt oder erschöpft.

Zusätzliche Gefahr zur maßlosen Fischerei droht durch Öl- und Gasgesellschaften, die die Reichtümer unter Wasser erschließen wollen. Bergbauunternehmen etwa suchen nach Gold in untermeerischen Geysiren oder Manganknollen am Boden der Tiefseebecken. Die Bauindustrie lässt mit Schwimmbaggern riesige Mengen Sand vom Meeresboden ausbaggern, weil sie Sand als Baumaterial für Beton benötigt, und zerstört damit alles Leben am Meeresboden. Die dort lebenden Tiere und Pflanzen werden abgepumpt und fallen in der Nahrungskette aus.

Die industrielle Fischerei fischt die Meere leer. Hochtechnisierte Fangflotten mit Spezialnetzen und modernster Ortungstechnik und Satellitensystemen, oft von einem Aufklärungsflugzeug begleitet, orten alle Schwärme im Mittelmeer. Spezialkarten berechnen exakt, wo Fischfanggründe liegen. Die Folge davon ist, dass sich die Fische nirgends mehr verstecken können. Die modernen Hochseetrawler der weltweiten Fischfangflotten dringen mit ihren Netzen in immer tiefere und abgelegenere Gewässer vor. Ihre Grundschleppnetze zerstören Laichplätze am Meeresgrund ohne Rücksicht darauf, dass es ohne Laichen keinen Nachwuchs geben kann.
Es gibt derzeit ca. 3,5 Millionen Fischerboote weltweit, und der Wahnsinn besteht darin, dass trotz sinkender Fischbestände die Zahl der hochtechnisierten Fangschiffe steigt. Eines dieser Boote kostet ca. 4 Millionen Euro. Diese Summe muss durch den Verkauf von Fischen wieder hereingebracht werden.

In den Ozeanen sind bereits 90% der Großfische weggefischt. Nach den Großfischen, die an der Spitze der maritimen Nahrungskette stehen, kommen die kleineren Fische dran und die Jungtiere.
Die Bestände der großen Fische (Thunfisch, Heilbutt, Kabeljau u.a.) sind in den letzten 50 Jahren um 90% zurückgegangen, die Artenvielfalt um 50%.
Tiefseefische sind langlebige Tiere und können bis zu 200 Jahre alt werden, aber sie wachsen nur langsam und werden spät geschlechtsreif. Einmal überfischt können sich die Bestände kaum mehr erholen.

Besonders verheerend trifft es den vor dem Aussterben stehenden Thun. Er ist fast schon ausgerottet: ca. 85% der Thunfischbestände sind bereits ausgelöscht. Der Hauptgrund ist eine einzige Speise, die als Delikatesse (mittlerweile auch im Westen) gilt: ¾ des weltweiten Fangs geht nach Japan für Sushi. Die Fangquoten der EU werden unterlaufen, weil es keine wirkungsvolle Kontrolle gibt, und aberwitzige Preise am japanischen Markt verhindern jede vernünftige Einsicht.
Im Juni ist der Höhepunkt der Fangsaison: Thunfische stehen kurz vor dem Laichen, haben deshalb Fettpolster und sind ideal für ein fettes Sushi. Das bedeutet, dass sich die Tiere nicht vermehren können, weil sie vorher getötet werden. Mittlerweile sind die meisten gefangenen Thunfische Jungtiere, die in Mastbetriebe an der Küste gebracht werden, in sogenannte Farmen. Aber in der Gefangenschaft in den Käfigen laichen die Thunfische nicht; und da sie in der freien Natur zunehmend fehlen, gibt es keinen Nachwuchs. Da die Aufzucht in Gefangenschaft nicht gelingt, werden junge Thunfische illegal gefangen und gemästet. 


Gefährdete Tierarten wie der Thunfisch finden sich nach wie vor in billigen Fischdosen in jedem Supermarktregal. Das gilt ebenso für Pizza mit Thunfisch und Salat mit Thunfisch. Nich einmal eine dem immer knapper werdendem Angebot entsprechende Verteuerung ist festzustellen.

Sehr gewinnbringend weil ebenfalls eine Delikatesse (besonders bei Festlichkeiten in China ein unersetzlicher Leckerbissen als Statussymbol) sind Haifischflossen (Finnen): sie werden den Tieren bei lebendigem Leib abgesägt und ihre Körper über Bord geworfen. 
Die Haie sterben qualvoll.

Wegen der hohen Preise für Finnen ist daraus ein illegales Millionengeschäft geworden, dem ca. 200 Millionen Haie pro Jahr zum Opfer fallen: für Suppe und ihre Knorpel als Heilpulver in Asien. Da die Bestände an ausgewachsenen Haien dramatisch schrumpfen, werden mittlerweile sogar Babys und Ungeborenen geschlachtet. Um das illegale Treiben zu tarnen, werden die Finnen oft unter einem anderen Namen angeboten: als Schillerlocke oder Speckfisch.
1 kg Flossen kostet ca. 1500 Dollar, 1 Gemüsesuppe mit Flosse ca. 150 Dollar. Die Gewinnspanne ist also enorm und scheinbar für viele Menschen unwiderstehlich.

Pro Jahr werden mehrere Millionen Tonnen sinnlos getöteter Beifang wieder über Bord geworfen: Unter Beifang sind unerwünschte oder kleine Fische, Schildkröten, Haie, Seevögel, Robben, Wale, Delphine zu verstehen. Sie verenden qualvoll entweder bereits in den Netzen oder nachdem sie schwer verletzt zurück ins Wasser geschmissen wurden.
Zum Beispiel wird für 1 kg Seezunge ca. 6 kg Beifang getötet, für 1 kg Shrimps 20 kg Beifang. Ca. 27 Mill Tonnen Meeresfrüchte/Jahr sterben als Beifang und ca. 60.000 Schildkröten im Mittelmeer.

Der neueste Trend geht Richtung Aquakultur und soll tierschutzbewusste Konsumenten täuschen. Aquakultur bedeutet die Haltung von Meeresfischen in Gefangenschaft, in Käfigen und Teichen. Die Tragödie der Massentierhaltung aus den Ställen wiederholt sich damit im Meer.
Die Produktion von Fischen, Krebstieren und Muscheln in Aquakultur gehört zu dem weltweit am schnellsten wachsenden Lebensmittelsektor, parallel dazu nehmen wildlebende Fischbestände rasant ab. Das auch deshalb, weil ein massives Abfischen von Futterfischen stattfindet, die als Fischmehl und -öl an die Tiere in der Aquakultur verfüttert werden.
Käfige werden oft mit Jungtieren aus Wildbeständen bestückt, weil die gefangenen Tiere sich nicht fortpflanzen. Zudem drücken die Farmen die Preise, und die Fischer müssen aus dem Meer noch mehr Tiere fangen. Damit fördert die Aquakultur die Vernichtung der frei lebenden Fischschwärme ohne sie durch eigene Züchtung ersetzen zu können.
Zudem sind die entstehenden Umweltschäden gewaltig: Fischkot und Futterreste unter den Käfigen im Meer überdüngen den gesamten Lebensraum.

70% der Erdoberfläche sind von Meer bedeckt. Die Evolution nahm ihren Anfang im Meer. Wenn die Zerstörung der ozeanischen Lebenswelt so weiter geht, wird die Menschheit dort auch ihr Ende finden, weil leergefischte Meere und zerstörte maritime Ökosysteme die Lebensbedingungen der Menschen aushöhlen. Stirbt das Meer, sterben auch die Menschen: unsere Zukunft hängt von intakten Meeresökosystemen ab, weil sie nicht nur für Nahrung, sondern auch für ein gesundes Klima sorgen.
Die Ozeane sind nicht nur ein Hort der Artenvielfalt (1-10 Mill. Arten leben in den Ozeanen, 230.000 marine Arten wurden bislang beschrieben), sondern auch Klimastabilisatoren. Die Meere absorbieren das Treibhausgas Kohlendioxid im Wasser und durch Phytoplankton. Vor allem in den lichtdurchfluteten Küstenlebensräumen ist 5x mehr Sauerstoff gebunden als in tropischen Regenwäldern.
Doch die Meere verlieren allmählich ihre Widerstandskraft gegen die immer größer werdenden Umweltbelastungen. Die Zahl der Todeszonen (Sauerstoffgehalt so niedrig, dass kein Leben mehr möglich ist) ist auf ca. 400 gestiegen. Wenn kein Umdenken einsetzt und das Leben über den Profit gestellt wird, sieht die Zukunft düster aus.

In der 3.Versuchung führt der Teufel Jesus auf einen sehr hohen Berg: „und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen“ (Matth 4,8-10)
 
Alle Schätze dieser Welt sind die reichhaltige Natur im Überfluss, die Gott erschaffen und uns zur verantwortungsvollen Nutzung überlassen hat: „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“ (1 Mose 2,15) Aber wie es aussieht, sind wir der Verantwortung nicht gewachsen und erliegen der Versuchung des Teufels.
 
Der Satan steht für die unersättliche Gier der Menschen nach materiellen Reichtümern. Um noch mehr Geld und noch mehr Wohlstand zu erlangen, ignorieren sie Gottes Gebot und beuten die Schöpfung skrupellos aus. Entsprechend der neutestamentlichen Versuchungsgeschichte heißt das, sie beten den Teufel an. 
Aber das hat den Menschen noch nie einen Segen gebracht.

1 Kommentar:

  1. Sehr interessant! ich finde vorallem spannend, dass der fisch ein geheimes zeichen des erkennens war! Sollte mehr zur Sprache kommen in der Kirche, finde ich :)
    das mit der gier ist leider wirklich traurig... in österreich wird aber stark darauf geachtet, dass die nachhaltigkeit garantiert wird- wir hatten das ja bereit smit den wäldern vor jahrzenten.

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