Samstag, 29. Dezember 2018


Jesu Warnung vor Habgier

Schon damals haben Menschen Jesus missverstanden und das aus seinen Predigten herausgehört, was sie hören wollten. So traten immer wieder Leute mit befremdlichen Anliegen an ihn heran: „Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile.“ (Lukas 12,13)

Nun wäre Jesus sicher bereit gewesen, zwei Brüder miteinander zu versöhnen und ihren Streit zu schlichten, aber nicht wegen des Geldes: „Jesus sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt?“ (Lukas 12,14)

Und deshalb weist der Rabbi aus Nazareth das Ansinnen mit deutlichen Worten zurück und belehrt den Bittsteller und die umstehenden Zuhörer: „Seht zu und hütet euch vor Habgier: denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.“ (Lukas 12,15)

Jetzt könnte man einwenden: das kann nur einer sagen, der keine Existenzängste haben muss. Aber wenn man genau aufpasst, spricht Jesus hier den Überfluss an und nicht die Befriedigung der Grundbedürfnisse, auf die jeder Mensch ein Anrecht hat. Jesus war nie ein Asket und hat fromme Verzichtsübungen stets abgelehnt. Aber er hat es auch deutlich verurteilt, wenn sich eine Gruppe von Menschen auf Kosten der anderen ein Luxusleben verschafft. 

Das versteht Jesus unter Habgier, wenn man das Anhäufen von Besitz über die Nächstenliebe stellt - und für Jesus ist die Rücksichtnahme auf die Mitmenschen am wichtigsten: „Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe.“ (Johannes 15,12) Es ist eine reine, eine selbstlose Liebe, die uns Jesus vorgelebt hat. Es ist eine Liebe, in der es keinen Platz gibt für eine Gier nach Überfluss. Man kann das Gebot Jesu auf die Frage reduzieren: Was macht glücklicher: von großen Schätzen umgeben zu sein oder von liebevollen Menschen?

Die Bibel vertritt sowohl im Alten wie auch im Neuen Testament die Ansicht, dass übergroßer Reichtum den Charakter eines Menschen negativ beeinflusst: „Denn die reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Verstrickung und in viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen versinken lassen in Verderben und Verdammnis. Denn Geldgier ist eine Wurzel allen Übels; danach hat einige gelüstet, und sie sind vom Glauben abgeirrt und machen sich selbst viel Schmerzen.“ (1 Timotheusbrief 6,9.10)

Denn das Anhäufen von Überfluss setzt einen gewissen Egoismus voraus: die Bedürfnisse der anderen werden absichtlich ignoriert, denn man will nicht teilen. Und es ist diese Gleichgültigkeit gegenüber dem Wohlergehen der Mitmenschen, die sich laut Jesus nicht mit christlicher Nächstenliebe in Einklang bringen lässt.

Das Buch des Predigers fasst die Gefahren des Reichtums in einem Vers zusammen: „Wer Geld liebt, wird des Geldes nicht satt, und wer den Reichtum liebt, nicht des Ertrages. Auch das ist Nichtigkeit.“ (Prediger 5,9) Wer seinen Lebensinhalt allein nach Besitzstreben ausrichtet, wird einerseits von der Unzufriedenheit beherrscht, nie genug zu haben, und andererseits von der Angst, alles wieder zu verlieren. Denn bei materiellen Dingen besteht keine Garantie auf Beständigkeit. Wer dagegen das liebevolle Zusammenleben in Familie und Gemeinschaft an erste Stelle setzt, wird immer gewinnen, denn „die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird.“ (1 Korintherbrief 13,8)

Dem Mann, der sich mit seinem Bruder um die Erbschaft stritt, sah das anders, ihm bedeutete Besitz sehr viel. Offenbar seinem Bruder aber auch. Beide hatten Angst, der andere würde mehr für sich herausschlagen und man selbst weniger erhalten. Die Folgen des Streits sind den Brüdern klar: sie werden auf Dauer böse aufeinander sein und wohl kein gutes Einvernehmen mehr haben. Denn der eine Bruder, der sich an Jesus um Hilfe wandte, bat nicht um Versöhnung. Der Rabbi aus Nazareth sollte nur dem anderen Bruder befehlen, das Erbe zu teilen. Offenbar hatte die Habgier ihre brüderliche Liebe bereits abgetötet.

Die beiden sollten sich ein Beispiel an Esau nehmen. Ihn hat sein Zwillingsbruder Jakob um das gesamte väterliche Erbe gebracht. Er musste ganz von vorne anfangen und sich seine eigene Viehzucht aufbauen. Aber als Jakob nach Jahren in der Fremde endlich wieder nach Hause kam, empfing ihn Esau mit großer Freude. Und als ihm Jakob seine Herden als Wiedergutmachung anbot, entgegnete ihm Esau: „Ich habe genug, mein Bruder; behalte, was du hast!“ ( 1 Mose 33,9)

Aber wann ist "genug" genug? Wieviel Vermögen braucht man, um zufrieden zu sein? Überfluss für einige wenige bedeutet, dass es auch nur für einige wenige eine Gewinnsituation gibt. Aber wenn die Nächstenliebe über die Habgier den Sieg davon trägt, haben alle gewonnen.

1 Kommentar:

  1. Ein sehr spannender Beitrag mit einer sehr guten Aussage, die in die heutige Zeit passen. Ich denke, dass viele zu sehr auf das Materielle achten und dabei das Wesentliche vergessen.
    Die Bilder dazu passen sehr gut! :)

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