Der Ackerbau und seine Rolle in der biblischen Geschichte
Im Altertum lebten die Menschen ausschließlich in Agrargesellschaften. Der weit überwiegende Teil der Bewohner arbeitete in der Landwirtschaft und ernährte das ganze Land. Nur eine dünne Bildungsschicht an der Spitze des Staates führte die Regierungsgeschäfte und übte die Verwaltung aus. Je höher die Erträge der Bauern ausfielen, desto größer war der Wohlstand im Lande.
Allerdings hat diese Sicherheit ihr Ende dann, wenn es nichts mehr zu ernten gibt! Der Klimawandel mit seinen Wetterkapriolen zeigt uns in der Gegenwart wieder die Grenzen der technischen Möglichkeiten auf und beweist: der Mensch ist trotz vieler ausgeklügelter Erfindungen der Natur unterlegen, er kann nur mit ihren Gesetzen, aber nicht gegen sie existieren.
Viele Kulturen vor unserer Zeit mussten bereits feststellen, dass Trinkwasser nicht unendlich vorhanden ist, und sie gezwungen waren, blühende Wohngebiete aufzugeben. Grundwasser wird durch Niederschläge immer wieder aufgefüllt. Wenn Regen, Schnee, Feuchtigkeit ausbleiben, breitet sich Trockenheit aus. Brunnen werden zu leeren Schächten, Bäche und Seen zu Geröllhalden, die Erde auf den Äckern springt auf und wird zu harten Brocken, auf denen nichts mehr wachsen kann. Alles Leben verdurstet und verhungert, übrig bleibt eine Wüste – wie am Anfang.
Leer und unfruchtbar sah es auf der Erde aus, bevor Gott sich ans Werk machte: „Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen; denn Gott der Herr hatte es noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute.“ (1 Mose 2,5) Trockenheit und Wüste lagen als Ausgangssituation vor, als Gott jenes Element einsetzte, das zur Grundlage allen Lebens wurde: Wasser. „Aber ein Nebel stieg auf von der Erde und befeuchtete alles Land.“ (1 Mose 2,6) Dieser 2. biblische Schöpfungsbericht gibt uns einen Einblick in die bäuerliche Lebensweise des Altertums, die sich aber bis heute in ihren Fundamenten nicht verändert hat: ohne Wasser keine Fruchtbarkeit auf den Äckern!
Seine Gefährtin Eva schenkte zwei Söhnen das Leben, die die Eltern im Glauben an Gott erzogen. Beide Brüder waren in der Landwirtschaft tätig. Der ältere Kain wurde wie der Vater Ackerbauer, der jüngere Abel kümmerte sich um die Schafherde. Da sie wie ihre Eltern dem einen Gott dienten, brachten sie entsprechend dem Brauch der Zeit von ihren Erträgen auf dem Altar Gott Opfer dar: Kain von den Früchten des Feldes, Abel ein Tier seiner Schafherde.
Die Probleme einer Agrargesellschaft begegnen uns auch in den Gleichnissen Jesu. Der Rabbi aus Nazareth baute in seine Predigten stets Bilder aus dem bäuerlichen Leben ein, weil er voraussetzen konnte, dass seine Zuhörer sie verstehen würden. Die praktischen Beispiele, mit denen er seine theologischen Aussagen erklärte, entstammten der dörflichen Lebenswelt. Können wir den tieferen Sinn dieser bäuerlichen Gleichnisse auch in unsere industrialisierte Gesellschaft übertragen und verstehen? Oder sind sie lediglich interessante, geschichtliche Berichte, die uns einen Einblick in das Leben vor rund 2000 Jahren gewähren?
Die Menschenmenge, die Jesus umringte, hörte das Gleichnis wie folgt: „Siehe, es ging ein Sämann aus, zu säen. Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg: da kamen die Vögel und fraßen es auf, Einiges fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte und ging bald auf, weil es keine tiefe Erde hatte. Als aber die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzeln hatte, verdorrte es. Einiges fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen empor und erstickten es. Einiges fiel auf gutes Land und trug Frucht, einiges 100fach, einiges 60fach, einiges 30fach.“ (Matthäus 13,3-8)
Und Jesus erklärte den Leuten die Bedeutung des Gleichnisses wie folgt: der Same, der ausgestreut wird, ist das Wort Gottes, das aus unterschiedlichen Gründen von den Menschen oft nicht nachhaltig aufgenommen wird. Sei es, weil das Böse dann doch mehr Anreiz ausübt (die Vögel fressen das auf den Weg Gefallene), sei es, weil nach der ersten Begeisterung das Interesse schnell wieder verfliegt (keine Wurzeln wie auf einem Felsen), oder weil die alltäglichen Sorgen den Glauben verdrängen (die Dornen ersticken das Pflänzchen). Aber nicht bei allen, die das Wort Gottes hören, geschieht dies vergebens. Wäre es so, dann gäbe es heute keine christliche Weltkirche. Dank des Eifers der urchristlichen Missionare, bei denen das Evangelium auf fruchtbaren Boden fiel, trug die Lehre Jesu Christi reichhaltige Früchte.
Immer mit Zuversicht und Gottvertrauen in die Zukunft zu blicken, das ist es, was Christen ausmacht, unabhängig von äußeren Bedingungen. Nach vorne schauen gilt auch dann, wenn etwa Naturkatastrophen immensen Schaden angerichtet haben. Noah ist darin Vorbild, denn nach der Sintflut bebaute er mit seiner Familie die Felder der Erde neu: „Noah aber, der Ackermann, pflanzte als erster einen Weinberg.“ (1 Mose 9,20) Wer das Evangelium zum Fundament seines Lebens gemacht hat, hat keine Angst vor der Zukunft. Denn er weiß, dass alles in Gottes Hand liegt – und das bedeutet Geborgenheit. Und es bedeutet die Hoffnung auf das ewige Leben im Reich Gottes, das Ziel christlichen Lebens.
Wenn es dann soweit ist am Ende der Zeit, erwartet die gläubigen Christen der Garten Eden mit seinem Überfluss, so wie Adam und Eva ihn einst vorgefunden haben: „Und es wird sein ein Strom lebendigen Wassers, klar wie Kristall, der ausgeht von dem Thron Gottes und des Lammes; mitten auf dem Platz und auf beiden Seiten des Stromes Bäume des Lebens, die tragen 12mal Früchte, jeden Monat bringen sie ihre Frucht, und die Blätter der Bäume dienen zur Heilung der Völker.“ (Offenbarung des Johannes 22,1.2)
Aber wie soll man bis dahin leben? Welche Werte weisen Christen aus als jene, bei denen das Wort Gottes Frucht hervor gebracht hat? Jesus hat Nächstenliebe immer vorrangig gefordert, betont, dass das für einander Dasein das Charakteristische für eine christliche Gemeinschaft ist: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ (Johannes 13,35) Jesus hat sich nicht damit begnügt, das Geben von Almosen zu fordern. Sein Anliegen war immer das Teilen. Almosen spenden bedeutet lediglich, dass jemand von seinem Überfluss gönnerhaft jenen etwas zu Gute kommen lässt, die wenig haben. Teilen bedeutet dagegen, dass schließlich beide Seiten gleich viel haben, so wie es die urchristliche Gemeinde vorgelebt hat: „Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen allen gemeinsam genutzt.“ (Apostelgeschichte 4,32)
Der Beitrag war sehr lehrreich! Es hatte alle essentiellen Punkte, und die Erläuterung des Gleichnisses vom Sämann hat mir besonders gut gefallen :)
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