Sonntag, 24. Januar 2016


Die zehn Aussätzigen und die Dankbarkeit

Einer von den zehn geheilten Aussätzigen kam zu Jesus zurück und pries Gott mit lauter Stimme. Der Mann fiel auf sein Angesicht zu Jesu Füßen und dankte ihm. Jesus sah sich um, dann fragte er ihn: „Sind nicht die zehn rein geworden? Wo sind aber die neun? Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte, um Gott die Ehre zu geben, als nur dieser Fremde?“ (Lukas 17,17.18) Enttäuscht stellte Jesus fest, dass nur einer der geheilten Männer es für nötig befunden hatte, ihm für die Heilung zu danken. Und dieser einzige war ein Samariter, den Jesus als Fremden bezeichnete.

Wer waren nun diese Samariter, die inmitten von Palästina, zwischen Galiläa und Judäa, lebten und die Jesus doch als Fremde ansah?
Der Ursprung liegt weit in der Geschichte zurück. Die Hebräer hatten in Kanaan zwei Königreiche gegründet. 920 v.Chr. trennte sich das in der Mitte und im Norden Kanaans gelegene von ihnen, Israel, vom Herrscherhaus David, und es wählte zum neuen König den Heerführer Jerobeam. Nach dieser Abspaltung Israels verblieben der Süden und Jerusalem bei Davids Enkel Rehabeam und nannten sich Königreich Juda.

722 v.Chr. eroberten die kriegerischen Assyrer Israel und verschleppten den Großteil der Bevölkerung. Wohin, weiß keiner, sie verschwanden aus der Geschichte. Dafür siedelten die Assyrer ein anderes verschlepptes Volk in deren, nunmehr dünnbesiedelten Heimat an, und es entwickelte sich ein Mischvolk mit einer Mischreligion: „So fürchteten diese Völker den Herrn und dienten zugleich ihren Götzen. Auch ihre Kinder und Kindeskinder tun, wie ihre Väter getan haben, bis auf diesen Tag.“ (2 Könige 17,41)
586 v.Chr. fiel auch das südliche Königreich Juda den Expansionsgelüsten einer anderen Großmacht zum Opfer: Babylonien besiegte König Zedekias Armee, zerstörte den Tempel und verschleppte die Oberschicht und die Führungselite nach Mesopotamien. Nur Arbeiter und Bauern blieben zurück. Allerdings wurde kein anderes Volk im jüdischen Land angesiedelt, und die Verschleppten bekamen in Babylonien ein gemeinsames Siedlungsgebiet zugewiesen.
Fünfzig Jahre später eroberten die Perser den gesamten Vorderen Orient und erlaubten den Juden aus dem babylonischen Exil nach Kanaan zurückzukehren.

Die Heimkehrer, die sich in der Fremde ihren Glauben an Jahwe unverfälscht bewahrt hatten, trafen nunmehr in Samaria auf ein jüdisch-heidnisches Mischvolk, dessen Angehörige sie nicht als Glaubensbrüder akzeptierten, obwohl die Samariter ebenso wie die Juden die Thora als gültiges Glaubensgesetz anerkannten. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Samariter ausschließlich die Thora akzeptierten, während für die Juden zusätzlich noch die prophetischen Schriften und Lehrbücher als heilige Schriften Geltung hatten. Dieser eingeschränkte Gebrauch der heiligen Schriften wertete sie in den Augen der Juden ab, und sie verweigerten in der Folge den Samaritern die Teilnahme am Wiederaufbau des Tempels. 

Das hatte Feindschaft zur Folge, und die Samariter erbauten auf dem Berg Garizim einen eigenen Tempel, der aber vom jüdischen Heerführer Johannes Hyrkan I. 128 v.Chr. zerstört wurde. Danach beteten die Samariter weiter auf dem Berg Garizim, aber unter freiem Himmel. Heute liegt am Fuß des Garizims Nablus, das ehemalige Sichem.

Ein Angehöriger dieses von den Juden verachteten Mischvolkes war nun als einziger zurückgekommen, um sich beim Messias für seine Heilung zu bedanken. Jesus sprach ihm dafür ein großes Lob aus: „Steh auf, geh hin, dein Glaube hat dir geholfen.“ (Lukas 17,19) Das war kein geringes Lob. Denn erstens anerkannte Jesus damit die Samariter als gleichwertige Jahwe-Gläubige, und zweitens hat er darauf hingewiesen, dass er seine Hilfe auch Menschen zuteil werden lässt, die nicht dem Volk Israel angehören.

Paulus von Tarsus hat das begriffen und seine Missionsreisen auf das ganze Römische Reich ausgedehnt: alle Menschen sollten die Chance bekommen, das Evangelium zu hören und sich taufen zu lassen. Jeder Todesgefahr trotzend haben die Christen ihren Glauben an Jesus Christus weitergetragen, bis Kaiser Theodosius I. die christliche Religion 381 n.Chr. zur Staatsreligion erhoben hat.

Das ist lange her. In unserer Zeit hat sich die christliche Situation dramatisch verändert, genauer gesagt, verschlechtert. Jesus wird im Christentum selbst immer mehr in den Hintergrund geschoben. An seine Stelle werden die Heiligen, die Maria, diakonische Aufgaben und Freizeitspaß gestellt. Alles scheint den Christen der Gegenwart wichtiger zu sein als Jesus Christus, unser Herr und Erlöser. 

„Bin ich nicht für alle 2 Milliarden Christen, die heute leben, am Kreuz gestorben und am 3. Tage auferstanden?“ ruft uns Jesus zu, genauso enttäuscht wie damals über die neun Aussätzigen, die ihn nach ihrer Heilung nicht mehr benötigt haben. Oder jedenfalls geglaubt haben, ihn nicht mehr zu brauchen.

Natürlich können wir ein moralisches Leben auch ohne Jesus führen, aber wer sich als Christ bezeichnet und an die Lehre des Evangeliums glaubt, kann es nicht. Nur Jesus allein kann für die Christen das Fundament ihres Lebens sein, denn nur der Glaube an ihn bringt die Erlösung von den Sünden und die Hoffnung auf das Reich Gottes. Und deshalb muss er allein im Mittelpunkt jeder christlichen Kirche stehen. Diese Ausschließlichkeit ist unsere Danksagung für seine Opfertat am Kreuz.

Dankbarkeit gehört ebenso zum christlichen Leben wie Lobpreis und Gebet in Not. Meistens vergessen wir darauf, so wie die neun Aussätzigen. Aber es ist nie zu spät, dies zu ändern und in Demut zu beten: 
Danket dem Herrn,
denn er ist freundlich
und seine Güte währet ewiglich.

1 Kommentar:

  1. Dankbarkeit muss man sich allgemein immer wieder in Erinnerung rufen, weil wir das gerne vergessen bei all dem Schlechten was um uns passiert :)

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