Vergebung
oder Vergeltung?
Wer kennt nicht die Forderung
Jesu: „Ich
aber sage euch, wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem
biete auch die andere dar.“
(Matthäus
5,39b) Jaja, wenn
das nur so leicht wäre! Denn was ist das für eine Gerechtigkeit,
wenn der Bösewicht für seine Untat auch noch belohnt wird! Unser
Rechtsempfinden bäumt sich dagegen auf! Und tatsächlich leben wir
Menschen vorzugsweise nach Vorstellungen, die Revanche verlangen. Wir
sind doch alle mit folgenden Sprüchen vertraut: Das lasse ich mir
aber nicht gefallen, das zahle ich dir heim! Du warst gemein zu mir,
also bin ich jetzt gemein zu dir!
Nicht immer muss das in
gewalttätiger Weise ablaufen, man kann auch mit Nichtbeachtung,
Gehässigkeit und Beschimpfungen reagieren. Aber das
Gerechtigkeitsdenken in unserer Welt ist damit auf jeden Fall
zufrieden gestellt. Aber macht uns „Auge um Augen, Zahn um Zahn“
wirklich glücklicher und die Welt besser? Oder könnte nicht doch
das Modell, das Jesus aufzeigt, jeden einzelnen von uns und in
weiterer Folge die Gesellschaft zufriedener und friedlicher machen?
Im 1. Buch Mose im Alten
Testament wird von einem bösen Betrug innerhalb einer Familie
erzählt, der beinahe blutig ausgegangen wäre. Die Akteure sind das
Ehepaar Isaak und Rebekka und ihre Zwillingssöhne Esau und Jakob.
Sie lebten wie schon Isaaks Vater Abraham als Nomaden mit ihren
Viehherden in Kanaan. Damals war es Sitte, dass der älteste Sohn das
gesamte Erbe des Vaters durch das Ritual des Segnens zugeteilt bekam.
Zum Leidwesen des ehrgeizigen Jakob war aber Esau der Erstgeborene
und hatte deshalb das Recht auf Isaaks Nachfolge. Mit diesem Erstgeburtssegen
verbunden waren die religiöse Stellung als Erzvater, der die
göttliche Verheißung weiter trug, und das materielle Erbe des
gesamten Familienbesitzes: „Gott
gebe dir vom Tau des Himmels und von der Fettigkeit der Erde und Korn
und Wein in Fülle. Völker sollen dir dienen und Stämme sollen dir
zu Füßen fallen. Sei ein Herr über deine Brüder, und deiner
Mutter Söhne sollen dir zu Füßen fallen. Verflucht sei, wer dir
flucht; gesegnet sei, wer dich segnet!“
(1
Mose 27,28.29) Um
das alles brachte Jakob den Bruder, weil er selbst gierig auf die
Stellung war, die sein Großvater Abraham und sein Vater Isaak
eingenommen hatten.

Jakob erfasste Todesangst, und er
floh mit Rebekkas Hilfe zu seiner mütterlichen Verwandtschaft nach
Haran im Norden Mesopotamiens. Er lebte ungefähr 20 Jahre im Haus
seines Onkels Laban, heiratete dessen Töchter Lea und Rahel und
baute sich eine eigene Viehherde auf, um seine Familie zu ernähren.
Nach Spannungen mit seinem Schwiegervater beschloss Jakob, nach
Kanaan zurückzukehren. Aber da war der ungelöste Konflikt mit
seinem Bruder. Seit vielen Jahren hatten sie keinen Kontakt
miteinander, und Jakob hatte auch nichts unternommen, um den um sein
Erbe Gebrachten zu versöhnen. Trotz der Freude, die Heimat wieder zu
sehen, hatte Jakob große Angst vor der Begegnung mit Esau. Durch
Boten ließ er ihm nun seine Rückkehr in die Heimat ankündigen, und
die Männer kamen mit folgender Botschaft zurück: „Er
zieht dir auch entgegen mit 400 Mann.“
(1
Mose 32,7b) Panik
erfasste den Betrüger, und er rechnete mit der schlimmsten
Vergeltung. Und dann standen sich die Brüder gegenüber: „Esau
aber lief ihm entgegen und herzte ihn und fiel ihm um den Hals und
küsste ihn, und sie weinten.“
(1
Mose 33,4) Der
beschämte Jakob wollte zumindest materielle Wiedergutmachung
leisten, weil er den Älteren um sein Erbe betrogen hatte. Aber Esau
lehnte ab: „Ich
habe genug, mein Bruder; behalte, was du hast.“
(1
Mose 33,9)

Jesus lehrte die uneingeschränkte
Vergebungsbereitschaft, die verlangt, dass man auch selbst die
Initiative ergreift und die Aussöhnung mit jenen sucht, die einem
Böses angetan haben: „Darum,
wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den
Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem
Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem
Bruder und dann komm und opfere deine Gabe.“
(Matthäus
5,23.24) Gut,
werden jetzt einige Skeptiker einwenden, das ist veraltet und gilt
nicht mehr für uns Christen heute, weil wir ja keine Opfer mehr
darbringen. Aber das ist nur eine Ausrede für diejenigen, die lieber
auf die Reue der „Bösewichte“ warten, als selbst den ersten
Schritt zu tun.

Christen können nicht
glaubwürdig auftreten, wenn sie die Nächstenliebe, die Jesus
gepredigt hat, nicht konsequent leben: „Lasst
uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. Wenn jemand spricht: Ich
liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer
seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den
er nicht sieht? Und dieses Gebot haben wir von Jesus Christus, dass
wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.“
(1
Johannesbrief 4,19-21)
Jesus ist unser Vorbild, auch wenn es uns oft schwer fällt, seinem
Beispiel zu folgen. Aber für Christen gibt es keinen anderen Weg:
„Vergeltet
nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern
segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, weil ihr den Segen
ererbt habt.“ (1
Petrusbrief 3,9)
(Hier Dani)
AntwortenLöschenWirklich guter Blog-Post und sehr schön geschrieben!
Mit diesem Thema habe ich mich selbst auch oft beschäftigt in den letzten Jahren. Früher fiel es mir leicht, Kontakte abzubrechen, weil einem jemand etwas Böses getan oder gesagt hat, und vergeben fiel mir wirklich schwer. Aber es ist einfach nicht der richtige Weg. Und ja, Jesus sollte in der Hinsicht unser Vorbild sein. Schon als Kind hat mir Großmutter die Zeilen täglich gesagt: "... wie auch wir vergeben unseren Schuldigern". Daran sollte man sich auch wirklich versuchen zu halten, auch wenn es vielleicht schwer ist. Aber das Gefühl, sich mit jemandem wieder zu versöhnen, ist so schön.
Ich werde noch mehr der früheren Posts lesen, gefallen mir gut, sehr informativ! :D
sehr gut geschrieben! Es ist wirklich so, dass wir vergeben sollten bzw. nicht mit anderen hadern sollten. Es lohnt sich nicht :( man ist oft wütend, aber es ist immer schöner, wenn man sich versteht! :)
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