Sonntag, 22. Januar 2017


Das Gleichnis vom reichen Kornbauer

Jesus erzählte den Leuten ein Gleichnis: „Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. Und er dachte: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. Und sprach: Das will ich tun: ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen, und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!“ (Lukas 12,16-19)
Das klang in den Ohren der Zuhörer verlockend: wer wünscht sich nicht Wohlstand und Sicherheit in seinem Leben? Aber Jesus wies auf die Verwundbarkeit der menschlichen Existenz hin, als er fort fuhr: „Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.“ (Lukas 12,20.21)

Der Reiche im Gleichnis ist beruhigt, denn er glaubt, er habe seine materielle Existenz abgesichert und könne nun ruhig schlafen. Aber Jesus erinnerte die zuhörenden Leute daran, dass nichts von dem, was sie in der Welt aufbauen, sicheren Bestand hat. Von einem Tag auf den anderen kann der Mensch alles verlieren, entweder durch den Tod oder durch eine Katastrophe. Es ist riskant, die Vergänglichkeit im irdischen Leben zu ignorieren. Deshalb bietet uns Jesus eine Alternative an: „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“ (Matthäus 6,19-21)

Dass wir keine Garantie dafür haben, uns ein gesichertes Leben mit viel Geld und ohne Hunger und Not aufzubauen, ruft uns das Vaterunser in Erinnerung: „Unser tägliches Brot gib uns heute“ (Matthäus 6,11) beten wir Christen und anerkennen damit, dass nicht alleine die Menschen über ihre ausreichende Ernährung entscheiden können. Der Mensch ist Teil der Schöpfung, aber nicht ihr Beherrscher (auch wenn das viele, vor allem die politischen und wirtschaftlichen Eliten, nicht begreifen). In der Bibel steht auch nichts davon, dass Gott den Mensch zur Krönung der Schöpfung erhoben hat, sondern lediglich zur dominanten Spezies mit einer von Gott auferlegten Verpflichtung: „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“ (1 Mose 2,15)

Die von Gott erschaffene Welt ist so gerecht ausgestattet, dass alle Lebewesen, Tiere wie Menschen, satt werden und ohne Not existieren können. Aber wir Menschen hegen nicht, wir bewahren nicht, wir zerstören. Warum? Weil manche mehr haben wollen als andere und Mittel und Wege finden, ihre Mitmenschen und die Natur aus Egoismus auszubeuten. 
Wenn die Atheisten Recht haben und es keinen Gott und kein Jüngstes Gericht gibt, dann haben die Ausbeuter nichts zu befürchten. Aber wenn Jesus Recht hat und wir uns nach der Apokalypse vor Gottes Richterstuhl verantworten müssen, dann stehen sie mit leeren Händen da: „Wie schwer kommen die Reichen in das Reich Gottes! Denn es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher in das Reich Gottes komme“ (Lukas 18,24.25) mahnt Jesus und fordert eine gerechte Aufteilung der Nahrungsmittel und Naturschätze ein. Denn wer den eigenen Luxus höher stellt als das Wohl seiner Mitmenschen, verletzt das Gebot der Nächstenliebe. Und deshalb spricht Jesus eindringlich zu uns: „Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.“ (Lukas 12,15)

Habgier ist ein böses Wort, eine Eigenschaft, die sich keiner nachsagen lassen will – auch Manager nicht, die in einem Jahr mehr verdienen als die große Mehrheit der Arbeitnehmer in ihrem ganzen Leben. Aber Jesus nimmt auf die Befindlichkeiten der Vermögenden keine Rücksicht, spricht die materielle Ungerechtigkeit durch deren egoistische Ausbeutung offen an. Und er warnt, dass man ganz schnell seinen gesamten Besitz verlieren kann. Dann steht ein Betroffener vor dem Nichts: die Schätze, die er auf Erden gesammelt hat, sind ihm verloren gegangen, und bei Gott hat er keine angelegt.

Nicht nur der unvermeidliche Tod trennt uns von all unserer Habe, auch Umweltkatastrophen können uns von einem Moment zum anderen um unsere materiellen Güter bringen. Und je weiter der Klimawandel fortschreitet, desto mehr laufen auch die Reichen Gefahr, ihre Schätze zu verlieren. Denn obwohl die Menschen davon überzeugt sind, den Fortschritt auf Erden im Griff zu haben, stoßen sie bei den Naturgewalten an ihre Grenzen. Erdbeben, Flutwellen, Vulkanausbrüche toben mit ihrer ungeheuren Zerstörungskraft über menschliche Errungenschaften hinweg und lassen eine Spur der Vernichtung zurück. Naturkatastrophen gibt es seit Anbeginn der Erde, aber die Menschen helfen in unserer Zeit kräftig nach. 

Wir modernen Mensch pumpen immer mehr CO2 in die Atmosphäre, aber im Gegenzug vernichten wir immer mehr Grünpflanzen, die wir aber brauchen, weil sie durch ihre Photosynthese CO2 in Sauerstoff umwandeln. Bei einer immer stärker anwachsenden Weltbevölkerung führt diese Entwicklung – wenn es nicht rechtzeitig Gegenmaßnahmen gibt (und danach sieht es nicht aus) - langfristig zu einer Sauerstoffverknappung. Ein zu hoher CO2-Gehalt in der Atmosphäre wird uns nicht nur das Atmen erschweren, sondern auch zu einer Überhitzung unseres Planeten mit einem damit verbundenen Klimachaos führen. Mit Letzterem werden die Menschen bereits jetzt in immer stärkerem Maße konfrontiert.

Wodurch kommt es zum Rückgang der lebensnotwendigen Grünpflanzen? Durch Schlägerung der Tropenwälder, Errichtung von Monokulturen, Verbauen von Wiesen und damit einhergehend das Verschwinden von Artenvielfalt und Sterben der Bienen: wir opfern die Natur der Gier nach noch mehr Reichtum und noch mehr Luxus. Die bereits messbare rasante Erderwärmung fördert Wüstenbildung und Weidenrückgang sowie zunehmend Wassermangel, weil die Süßwasservorräte schwinden. 

Die Folge davon wird in absehbarer Zeit in weiten Teilen der Erde der Zusammenbruch der Nahrungskette sein, Hungersnöte und Durst werden das Leben von Millionen Menschen (und Tieren) bedrohen.
Was werden wir dann tun? Siegt die Habgier einzelner nach dem Motto „Rette sich wer kann“ oder gewinnt die Nächstenliebe, die Jesus gepredigt hat, und damit die Rettung aller die Oberhand?

In seinem Speisungswunder der 4000 hat Jesus einen Weg aufgezeigt, wie alle Menschen durch das Teilen der vorhandenen Lebensmittel überleben können. Eine große Menschenmenge, die Jesu Predigt vom Reich Gottes hören wollte, war ihm in die Einöde gefolgt. Am Ende seiner Rede waren alle hungrig, aber weit und breit lag kein Bauernhof, um Essen zu kaufen. Jesus hätte die Verantwortung von sich abschieben und sagen können, es sei ja nicht seine Schuld, dass die Leute keinen Proviant mitgenommen haben. Aber der Messias dachte nicht so rücksichtslos, er konnte den Menschen helfen und tat dies auch. Er ließ die Jünger die vorhandenen Lebensmitteln einsammeln: „Und Jesus fragte sie: „Wieviele Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben. Und er gebot dem Volk, sich auf die Erde zu lagern. Und er nahm die sieben Brote, dankte und brach sie und gab sie seinen Jüngern, damit sie sie austeilten, und sie teilten sie unter das Volk aus. Und sie hatten auch einige Fische, und er dankte und ließ auch diese austeilen. Sie aßen aber und wurden satt und sammelten die übrigen Brocken auf, sieben Körbe voll.“(Mk 8,5-8)

Das versteht Jesus darunter, Schätze im Himmel zu sammeln: mit dem Nächsten, der weniger hat, zu teilen. So wie die einzelnen Zuhörer aus der Menge, die ihre mitgebrachten Lebensmitteln her gaben, damit auch die anderen satt werden konnten. Sie hätten sich auch davon stehlen und hinter einem Strauch ihr Brot und ihren Fisch alleine essen können. Sie wären sicher satt geworden. Aber das taten sie nicht, und so konnten alle ihren Hunger stillen. 
Und so hat es die urchristliche Gemeinde auch praktiziert: „Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nach dem es einer nötig hatte. Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk.“ (Apostelgeschichte 2,45-47)

Ohne Zweifel ist Almosengeben leichter als seine Habe zu teilen. Aber das, worauf es Jesus bei der Nächstenliebe ankommt, ist, dass alle Menschen gleichgestellt sind und es keine Hierarchie gibt, auch nicht im materiellen Sinn: die Reichen oben, die die übrig gebliebenen Brotkrumen auf die Armen unten werfen. In seinem Gleichnis vom reichen Kornbauer hat er uns vor Augen geführt, wie unsicher es ist, sein Wohl allein auf die Vermehrung der irdischen Güter zu setzen. Und deshalb stellt Jesus uns die Gewissensfrage, die über unsere Zukunft bei Gott entscheidet: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ (Matthäus 16,26)

1 Kommentar:

  1. wir müssen uns immer wieder daran erinnern, dass wir nicht sammeln dürfen, was in unserer zeit sehr schwer ist, aber machbar.

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