Samstag, 22. Juli 2017



Jesus als religiöser Prediger in Galiläa

Das Galiläa, in dem Jesus lebte, war ein kleines Land. Es umfasste 1400-1600 km2: von Ost nach West 35-40 km, von Süd nach Nord 50-55 km. Aber es war ein fruchtbares Land, weil der See Genezareth für ein gemäßigtes Klima mit reichlich Niederschlägen sorgte. Die Bevölkerung lebte hauptsächlich von der Landwirtschaft und erntete auf ihren Feldern Getreide, Wein, Oliven und Gemüse. Und sie betrieb Kleintierzucht. Dazu kam noch der ertragreiche Fischfang im See. In den Gleichnissen, die Jesus der zuhörenden Menge erzählte, tritt uns das bäuerliche Leben jener Zeit entgegen und gibt uns einen Einblick in die Lebenswelt unseres Herrn Jesus Christus.

Eine der wichtigsten Städte am Ufer des Sees Genezareth war Kapernaum. Von hier aus waren alle wichtigen Ortschaften in einem Tag zu erreichen. Und nach Jerusalem benötigte man nur 3 - 4 Tage. Die günstige geographische Lage - einerseits am See Genezareth mit seinen großen Fischfanggründen, andererseits an der Hauptverkehrsstraße zwischen Vorderasien und Afrika liegend – hatte den Bewohnern Wohlstand beschert.

Kapernaum wurde zum neuen Lebensmittelpunkt für Jesus: „Und er verließ Nazareth, kam und wohnte in Kapernaum, das am See liegt im Gebiet von Sebulon und Naftali.“ (Matthäus 4,13) Hier fand Jesus seine ersten Jünger: Simon Petrus und seinen Bruder Andreas sowie die Zebedäus-Söhne Jakobus und Johannes. Sie übten den Beruf des Fischers aus, waren aber vom Messias, der aus Nazareth herüber gekommen war, so beeindruckt, dass sie sich ihm begeistert anschlossen. Jesus brauchte auf seinen Wanderungen immer wieder auch Rückzugsmöglichkeiten, um sich zu erholen, und fand die nötige Ruhe nach seinen öffentlichen Auftritten in dieser Kleinstadt am See Genezareth: „Und sie kamen nach Kapernaum. Und als Jesus daheim war, fragte er seine Jünger: Was habt ihr auf dem Weg verhandelt?“ (Markus 9,33) Manchmal kehrte Jesus auch im Hause des Simon Petrus ein. Bei einer dieser Gelegenheiten heilte er dessen Schwiegermutter: „Und Jesus machte sich auf aus der Synagoge und kam in Simons Haus. Und Simons Schwiegermutter hatte hohes Fieber, und sie baten ihn für sie. Und er trat zu ihr und gebot dem Fieber, und es verließ sie. Und sogleich stand sie auf und diente ihm.“ (Lukas 4,38.39)

In Galiläa also wanderte Jesus mit seinen Jüngern von Ort zu Ort und predigte vom Reich Gottes. Er hat seine Lehre nur mündlich weiter­gegeben, denn er war Prediger und kein Schriftsteller. Es gibt keine Texte, die Jesus persönlich aufgeschrieben hat. 


Erst Jahrzehnte nach Jesu Himmelfahrt haben Anhänger von ihm begonnen, seine Worte nieder zu schreiben. Bis dahin waren sie in den urchristlichen Gemeinden mündlich weitergegeben worden.

Das erste Evangelium über das Wirken des Messias war das des Markus. Es erschien ca. 40 Jahre nach Jesu Rückkehr in den Himmel. Der Verfasser, über dessen Person wir nicht Bescheid wissen, kannte Jesus nicht persönlich, sondern verwendete für sein Buch die mündlichen Erzählungen, die er eifrig gesammelt hatte. Heute würde man ihn wohl als Rechercheur und Reporter bezeichnen. Die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes verfassten ihre Schriften erst in der Zeit nach dem Tod der Aposteln, d.h. sie entstammen der 2. oder 3. Generation nach Jesus. Sie waren Jesus nie persönlich begegnet, doch sie glaubten an ihn als den Messias, der zur Erlösung der Menschen auf die Erde gekommen war.

Das Evangelium des Lukas beginnt mit folgender Erklärung: „Viele haben es schon unternommen, Bericht zu geben von den Geschichten, die unter uns geschehen sind, wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Worts gewesen sind.“ (Lukas 1,1.2) Und der Evangelist begründet seine Entscheidung, selbst ein Werk über Jesus zu verfassen: „So habe auch ich‘s für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochverehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, damit du den sicheren Grund der Lehre erfahrest, in der du unterrichtet bist.“ (Lukas 1,3.4)

Die vier Evangelien im Neuen Testament berichten vom Leben und Wirken Jesu Christi. Wie wenig sie aber an dem Menschen Jesus von Nazareth interessiert waren, zeigt der Umstand, dass sie kein einziges Mal sein Aussehen beschrieben haben. Ihr Hauptanliegen war die theologische Deutung seiner irdischen Mission und nicht die Darstellung seines Lebenslaufes: „Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.“ (Johannes 1,9) Die Evangelisten schrieben keine Biographie über den Menschen Jesus, sondern waren nur an seinem Wirken als göttlicher Messias interessiert. Die Botschaft, die die Evangelien der ganzen Welt verkünden wollen, sind der Sühnetod Jesu am Kreuz und seine Auferstehung: „So steht‘s geschrieben, dass Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage; und dass gepredigt wird in seinem Namen zur Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern.“ (Lukas 24,46.47)

Leider sind uns keine Originalhandschriften der neutestamentlichen Texte erhalten geblieben. 300 Jahre Verfolgung haben zu ihrem Verlust geführt. Vor allem Kaiser Diocletian, der 284-305 über das Römische Reich herrschte, wollte das Christentum zur Gänze ausrotten. Zur Durchsetzung seines Planes begnügte sich der Imperator nicht mit der Hinrichtung der Getauften, sondern ließ auch ihre religiösen Texte zerstören. Er verschärfte die Gesetzeslage, indem er die Todesstrafe auf den Besitz christlicher Schriften ausweitete und gezielt danach suchen ließ.

Aber weder ließ sich die christliche Religion aufhalten noch das Evangelium vernichten. Im Jahre 313 beendete Kaiser Konstantin der Große nicht nur die Verfolgung der Christen durch das Toleranzedikt von Mailand, sondern förderte die junge Kirche nach Kräften. Der Bedarf an den biblischen Texten war groß, und so suchte man nach Schriften, die in Verstecken dem diocletianischem Zerstörungswerk entronnen waren. Nun wurde emsig abgeschrieben und weitergereicht, sodass bald in allen Gottesdiensten aus den Evangelien und Apostelbriefen vorgelesen werden konnte. Und die Christen, die zuhörten, dachten voller Dankbarkeit an die prophetischen Worte, die Jesus ihnen zum Trost und zur Stärkung gegeben hatte: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ (Matthäus 24,35)

1 Kommentar:

  1. sehr informativ und interessant, vor allem, dass man über Jesus' Worte schrieb und nicht über sein Aussehen :)

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