Das
Scherflein der Witwe
Nach
seinem Einzug in Jerusalem suchte Jesus wiederholt den Tempel auf. Er
predigte nicht nur, sondern beobachtete auch das Verhalten der Leute,
die im Gotteshaus auf dem Berg Zion beteten, opferten oder anderen
frommen Geschäften nachgingen. „Und Jesus
setzte sich dem
Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den
Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. Und es kam eine arme
Witwe und legte zwei Scherflein ein; das macht zusammen einen
Pfennig.“ (Markus 12,41.42)
Das kling nach wenig, und das
ist es auch. Ein Scherflein
ist nur
ein kleiner Geldbetrag,
es sind Münzen
mit geringem
Wert. Trotzdem
reagierte Jesus begeistert und rief sofort seine Jünger zu sich:
„Diese arme Witwe hat mehr in den
Gotteskasten gelegt als alle, die viel hineingelegt haben.“
(Markus 12,43) Unverständnis bei den Jüngern: wenn jeder nur einen
Pfennig spendet, wie kann man dann die Not der Armen lindern? Für
die Jünger galt: je wertvoller die Münzen, die in den Opferstock
gelegt werden, desto frömmer der Spender!
Das
sah Jesus aber nicht so. Er bewertete „freigiebiges“ Verhalten
nach anderen Kriterien: „Denn die
Reichen haben
alle etwas von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer
Armut ihre
ganze Habe eingelegt,
alles, was sie zum Leben hatte.“ (Markus 12,44) Für Jesus
entscheidend ist die Gesinnung. Ihm kommt es nicht auf die
tatsächliche Höhe der Spende an, sondern auf die Absicht, die
hinter der Gabe steht. Für Jesus entscheidend ist der Grund, warum
man Almosen gibt. Will man damit sein Image aufbessern oder aus
Nächstenliebe mit seinen notleidenden Mitmenschen das, was man
selber hat, teilen? Wer wenig besitzt, kann auch nur mit Wenigem
teilen, muss sich dafür aber selbst einschränken. Wer aus seinem
dicken Brieftascherl einige Scheine rausrückt und sich trotzdem
nichts versagen muss, teilt nicht, sondern verteilt nur von oben
herab Brotkrumen.
Der
Apostel Paulus hat Jesus verstanden: „Denn
wenn die
Bereitwilligkeit
da ist, so ist sie
willkommen nach dem, was sie
hat, und nicht
nach dem, was sie
nicht hat.“ (2 Korinther 8,12) Er selbst hat auf seiner
Missionsreise in Kleinasien für die verarmte christliche Gemeinde in
Jerusalem Geld gesammelt und dieses auch hingebracht, obwohl für ihn
in Palästina Lebensgefahr bestand. Die jüdische Geistlichkeit, von
der er sich durch die Berufung Jesu abgewandt hatte, hatte ihn beim
römischen Präfekten angezeigt. Doch Paulus wollte die Liebesgabe
der kleinasiatischen Christen unbedingt zu den notleidenden
Glaubensgeschwistern in Palästina bringen, und er tat es auch. Hätte
er sich einschüchtern lassen, wäre das Bemühen der Christen in den
Missionsgebieten, mit ihrer Gabe den Alltag der ärmlicheren
urchristlichen Gemeinde in Jerusalem zu verbessern, umsonst gewesen. Aber so gelang es zu helfen, weil die christliche Gemeinschaft füreinander da war und zusammenhielt und das, was sie hatte, teilte.
Jesus
ging in seinen Forderungen nach richtigem Almosengeben noch weiter. Er war, wenn es um den
rechten Glauben ging, immer kompromisslos: „Habt
acht auf eure Frömmigkeit, dass ihr die
nicht übt vor den Leuten, um von ihnen gesehen zu werden; ihr habt
sonst keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel.“ (Matthäus
6,1) Die, die mit ihren Spenden in der Öffentlichkeit protzen,
bezeichnet Jesus als Heuchler, denen es nur um Ruhm und Ansehen in
der Welt geht. So spitzt sich für gläubige Christen alles auf die
Frage zu: wollen wir Gott beeindrucken oder die Menschen um uns? Wenn
es uns um Gott geht (und das sollte es jedem Christen), gibt uns
Jesus eine Richtlinie vor: „Wenn
du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die
rechte tut, damit dein Almosen verborgen bleibe; und dein Vater im
Himmel, der in das Verborgene sieht,
wird dir‘s vergelten.“ (Matthäus 6,3.4)
Die
Vorweihnachtszeit ist eine Zeit des erhöhten Geldausgebens. Das
betrifft in erste Linie das Kaufen von Geschenken für seine Lieben
und von Lebensmitteln für das Festessen. Dagegen hat die Bibel
nichts einzuwenden. Bekanntlich war Jesus kein Asket und hat
Einladungen zu Festmählern gern angenommen. Und der Evangelist
Matthäus berichtet auch, dass die weisen Männer aus dem Morgenland
dem neugeborenen Jesus Geschenke mitgebracht haben: „Und
sie gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner
Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze
auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.“ (Matthäus
2,11) Es spricht für die christliche Gemeinschaft, dass die
besinnliche Adventzeit die Herzen für die Armen und Hilfsbedürftigen
in der Gesellschaft öffnet, und die Freigiebigkeit größer ist als
zu anderen Jahreszeiten. Nicht bibelkonform ist es aber, wenn es um
Weihnachten herum nur noch ums Geld geht. Wenn das Spenden nur noch
über die Medien öffentlichkeitswirksam erfolgt und ständig
Jubelmeldungen über neue Spendenrekorde über den Bildschirm
flimmern, ist die Konsequenz laut Jesus: „Wahrlich,
ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.“ (Matthäus
6,2b) Bei Gott gibt es dann eben nichts mehr.
Christen
müssen eine Wahl treffen: gelten für sie die Werte, die die Welt
regieren, oder die Werte, die sie Gott näher bringen? Was ist ihnen
wichtiger: Jesus oder Geld? Eine Entscheidungshilfe bietet uns der
Verfasser des 1. Petrusbriefes an: „Wisset,
dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von
eurem eitlen Wandel, sondern mit dem teuren Blut Christi.“
(1 Petrusbrief 1,18.19) Die Entscheidung selbst nimmt uns keiner ab,
die Konsequenzen auch nicht.
In der heutigen Zeit ist es nicht einfach, sich der Norm der Gesellschaft zu entsagen, wenn sie mit denen von Jesus nicht miteinstimmen. Aber wenn man sich bemüht und dagegen ankämpft, kann man es schaffen!
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