Samstag, 8. Dezember 2018


Das Scherflein der Witwe

Nach seinem Einzug in Jerusalem suchte Jesus wiederholt den Tempel auf. Er predigte nicht nur, sondern beobachtete auch das Verhalten der Leute, die im Gotteshaus auf dem Berg Zion beteten, opferten oder anderen frommen Geschäften nachgingen. „Und Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das macht zusammen einen Pfennig.“ (Markus 12,41.42) 

Das kling nach wenig, und das ist es auch. Ein Scherflein ist nur ein kleiner Geldbetrag, es sind Münzen mit geringem Wert. Trotzdem reagierte Jesus begeistert und rief sofort seine Jünger zu sich: „Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die viel hineingelegt haben.“ (Markus 12,43) Unverständnis bei den Jüngern: wenn jeder nur einen Pfennig spendet, wie kann man dann die Not der Armen lindern? Für die Jünger galt: je wertvoller die Münzen, die in den Opferstock gelegt werden, desto frömmer der Spender!

Das sah Jesus aber nicht so. Er bewertete „freigiebiges“ Verhalten nach anderen Kriterien: „Denn die Reichen haben alle etwas von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.“ (Markus 12,44) Für Jesus entscheidend ist die Gesinnung. Ihm kommt es nicht auf die tatsächliche Höhe der Spende an, sondern auf die Absicht, die hinter der Gabe steht. Für Jesus entscheidend ist der Grund, warum man Almosen gibt. Will man damit sein Image aufbessern oder aus Nächstenliebe mit seinen notleidenden Mitmenschen das, was man selber hat, teilen? Wer wenig besitzt, kann auch nur mit Wenigem teilen, muss sich dafür aber selbst einschränken. Wer aus seinem dicken Brieftascherl einige Scheine rausrückt und sich trotzdem nichts versagen muss, teilt nicht, sondern verteilt nur von oben herab Brotkrumen.

Der Apostel Paulus hat Jesus verstanden: „Denn wenn die Bereitwilligkeit da ist, so ist sie willkommen nach dem, was sie hat, und nicht nach dem, was sie nicht hat.“ (2 Korinther 8,12) Er selbst hat auf seiner Missionsreise in Kleinasien für die verarmte christliche Gemeinde in Jerusalem Geld gesammelt und dieses auch hingebracht, obwohl für ihn in Palästina Lebensgefahr bestand. Die jüdische Geistlichkeit, von der er sich durch die Berufung Jesu abgewandt hatte, hatte ihn beim römischen Präfekten angezeigt. Doch Paulus wollte die Liebesgabe der kleinasiatischen Christen unbedingt zu den notleidenden Glaubensgeschwistern in Palästina bringen, und er tat es auch. Hätte er sich einschüchtern lassen, wäre das Bemühen der Christen in den Missionsgebieten, mit ihrer Gabe den Alltag der ärmlicheren urchristlichen Gemeinde in Jerusalem zu verbessern, umsonst gewesen. Aber so gelang es zu helfen, weil die christliche Gemeinschaft füreinander da war und zusammenhielt und das, was sie hatte, teilte.

Jesus ging in seinen Forderungen nach richtigem Almosengeben noch weiter. Er war, wenn es um den rechten Glauben ging, immer kompromisslos: „Habt acht auf eure Frömmigkeit, dass ihr die nicht übt vor den Leuten, um von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel.“ (Matthäus 6,1) Die, die mit ihren Spenden in der Öffentlichkeit protzen, bezeichnet Jesus als Heuchler, denen es nur um Ruhm und Ansehen in der Welt geht. So spitzt sich für gläubige Christen alles auf die Frage zu: wollen wir Gott beeindrucken oder die Menschen um uns? Wenn es uns um Gott geht (und das sollte es jedem Christen), gibt uns Jesus eine Richtlinie vor: Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, damit dein Almosen verborgen bleibe; und dein Vater im Himmel, der in das Verborgene sieht, wird dir‘s vergelten.“ (Matthäus 6,3.4)

Die Vorweihnachtszeit ist eine Zeit des erhöhten Geldausgebens. Das betrifft in erste Linie das Kaufen von Geschenken für seine Lieben und von Lebensmitteln für das Festessen. Dagegen hat die Bibel nichts einzuwenden. Bekanntlich war Jesus kein Asket und hat Einladungen zu Festmählern gern angenommen. Und der Evangelist Matthäus berichtet auch, dass die weisen Männer aus dem Morgenland dem neugeborenen Jesus Geschenke mitgebracht haben: „Und sie gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.“ (Matthäus 2,11) Es spricht für die christliche Gemeinschaft, dass die besinnliche Adventzeit die Herzen für die Armen und Hilfsbedürftigen in der Gesellschaft öffnet, und die Freigiebigkeit größer ist als zu anderen Jahreszeiten. Nicht bibelkonform ist es aber, wenn es um Weihnachten herum nur noch ums Geld geht. Wenn das Spenden nur noch über die Medien öffentlichkeitswirksam erfolgt und ständig Jubelmeldungen über neue Spendenrekorde über den Bildschirm flimmern, ist die Konsequenz laut Jesus: „Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.“ (Matthäus 6,2b) Bei Gott gibt es dann eben nichts mehr.

Christen müssen eine Wahl treffen: gelten für sie die Werte, die die Welt regieren, oder die Werte, die sie Gott näher bringen? Was ist ihnen wichtiger: Jesus oder Geld? Eine Entscheidungshilfe bietet uns der Verfasser des 1. Petrusbriefes an: Wisset, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem eitlen Wandel, sondern mit dem teuren Blut Christi.“ (1 Petrusbrief 1,18.19) Die Entscheidung selbst nimmt uns keiner ab, die Konsequenzen auch nicht.



1 Kommentar:

  1. In der heutigen Zeit ist es nicht einfach, sich der Norm der Gesellschaft zu entsagen, wenn sie mit denen von Jesus nicht miteinstimmen. Aber wenn man sich bemüht und dagegen ankämpft, kann man es schaffen!

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