Samstag, 29. Oktober 2016


Der wahre Weinstock

„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.
Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht;
denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Johannes 15,5)

Jesus hat in seinen sieben „Ich-bin-Reden“ im Johannes Evangelium Bilder aus der Lebenswelt seiner Zuhörer genommen, um ihnen seine Bedeutung als Erlöser der Welt ohne theologische Spitzfindigkeiten zu erklären. Die „heilige Zahl 7“ ist mit Vorsatz gewählt, denn sie soll darauf hinweisen, dass er, Jesus von Nazareth, der von Gott erwählte Messias ist, der zur Errettung der Menschen geschickt wurde. Der Glaube an ihn als Heiland der Welt bewirkt die Versöhnung mit Gott und die Erlösung von den Sünden, die die Entfremdung von Gott verschuldet haben.

Die meisten Bewohner im Norden Israels lebten von der Landwirtschaft. Deshalb erklärte Jesus seine Predigten bevorzugt durch Vergleiche aus der ländlichen Umgebung.  Zu den wichtigsten Einnahmequellen in seiner Heimat gehörte der Weinbau. Die Menschen in Galiläa waren in ihrer Existenz davon abhängig, dass die Ernten reichhaltig ausfielen. Wenn die Fässer voll waren, mussten die Familien nicht hungern und ihre Zukunft war gesichert.

Um reichhaltige Erträge einbringen zu können, war nicht nur das Wetter ausschlaggebend, sondern auch die Gesundheit der angebauten Kulturpflanzen.  Ein Bauer, der viele Weintrauben lesen wollte, um einen schmackhaften Wein zu keltern, musste auf seine Weinstöcke acht geben: denn sie waren Fundament und Halt für die Trauben, die an ihrem Geäst hingen. Denn nur ein gesunder Stamm trieb gesunde Früchte aus.


Dasselbe gilt für die Religion. Nur der Glaube an die rechte Lehre kann den Menschen das Heil bringen. Deshalb forderte Jesus seine Zuhörer auf: „Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.“ (Johannes 15,4) Die Menschenmenge damals verstand seine Botschaft, und viele schlossen sich dem Rabbi aus Nazareth an. Sie begriffen, dass, wer an das Evangelium Jesu glaubte und danach lebte, ein „neuer“ Mensch wurde. Vieles, was vorher Bedeutung hatte, wie Reichtum, Macht und Egoismus auf Kosten anderer, wurde für die Anhänger des Messias unwichtig. Von nun an bildete Gott das Zentrum ihres Lebens, nach ihm richteten sie ihre Entscheidungen aus.

Die Botschaft Jesu wendete sich nicht nur an seine Zeitgenossen, sondern sie hat ewige Gültigkeit – sie ist demnach auch an uns heute gerichtet. Aber immer mehr verhallt das Evangelium ungehört.
Der gesunde Weinstock Jesus Christus ist nach wie vor ein gesunder Weinstock, aber immer weniger Reben bleiben an ihm. Moderne Menschen suchen sich andere Götter und Götzen, weil diese mehr Vorteile versprechen oder gerade chic sind. Die Menschen, die dem christlichen Glauben den Rücken kehren, denken, sie brauchen Jesus Christus nicht mehr. Seine Botschaft ist ihnen unbequem, und die leibliche Auferstehungslehre klingt in den Ohren der heutigen wissenschaftshörigen Menschen unglaubwürdig.
 
Was aber dabei herauskommt, wenn Christen nichts mehr mit Jesus Christus zu tun haben wollen, kann man jeden Tag aus den Medien erfahren: Gewalt und Gewinnsucht, Intoleranz und Rücksichtslosigkeit – eine Welt, die immer kälter wird, weil die Nächstenliebe immer mehr erkaltet.

Wie wichtig es Jesus ist, die Menschen für das Evangelium und damit für ein Leben mit Gott zu gewinnen, zeigt sein Verhalten beim Abschiedsmahl mit seinen Jüngern vor seiner Verhaftung. Nachdem er das Brot geteilt hatte, „nahm er den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.“ (Matthäus 26,27.28
Die Frucht des „wahren“ Weinstocks dient ihm als Symbol für seine neu gegründete Glaubensgemeinschaft. Dieser Bund, den Jesus mit seinen Jüngern schließt und der auch seine Anhänger in der Zukunft miteinbezieht, soll das feste Fundament sein, auf das die Christen ihr Leben und ihre Hoffnung aufbauen können und sollen.
Dieser Bund, den Jesus auf dem Kreuz mit seinem tatsächlichen Blut bekräftigt hat, hat rund zwei Jahrtausende gehalten. Aber wenn man sich den Zustand der christlichen Kirche (egal welcher Konfession) heute anschaut, kommt man ins Grübeln: wohin ist der Glaube an Jesus Christus, den Erlöser, verschwunden? Und warum kann er mit anderen Heilsverkündigungen nicht mehr mithalten?

Es ist Herbst geworden in Mitteleuropa und die welken Blätter fallen von den Bäumen - und von den Weinstöcken. Im Frühling werden sie wieder austreiben und neue Früchte hervorbringen.

Wird es auch für das Christentum einen neuen Frühling geben?

1 Kommentar:

  1. ich bin überzeugt davon, dass Jesus bei uns ist und uns immer helfen wird!

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