Samstag, 19. November 2022

 

Wiedererweckung soeben Verstorbener

Tochter des Jairus: Matthäus 9,18-26

Jüngling zu Nain: Lukas 7,11-17

Lazarus: Johannes 11,1-45


Jesus hielt auf seinen Wanderungen durch Galiläa nicht nur Predigten über das Reich Gottes, sondern zeigte mit Hilfe von Wundern auch auf, wie es den Menschen, die es ins Himmelreich schaffen werden, ergehen wird: keine Krankheiten, keine Katastrophen, keine sozialen Diskriminierungen – und das ewige Leben. Er führte anhand von drei Menschenschicksalen vor Augen, dass der Tod nicht etwas Endgültiges sein muss. Jesus holte in seiner Zeit als Wanderprediger verstorbene Menschen ins Leben zurück. Diese Wunder sind heute wie damals umstritten. Damals wegen Verstoßes gegen kultische Gebote und der Frage nach der Rolle Jesu als Sohn Gottes, heute überwiegen die Zweifel, ob die drei Personen so richtig echt tot waren.

Davon gehen die Evangelisten aus. Sie lassen keinen Zweifel daran, dass Jesus tatsächlich vor Verstorbenen gestanden ist und sie wieder ins Leben zurückgeholt hat. Matthäus, Lukas und Johannes betonen bei den Erzählungen das große Erstaunen der anwesenden Zeugen des Wunders. Diese Zuschauer waren sich sicher: das vermag nur der Messias zu tun! Der, den sie so sehnsüchtig erwarteten, stand endlich und leibhaftig vor ihnen! Aber anders betrachteten das Geschehen die Pharisäer und Schriftgelehrten, die nicht an die Messianität des Jesus von Nazareth glaubten und sich über seine „Anmaßung“ ärgerten. Zu dieser „Gotteslästerung“ kam nach ihrer Meinung noch die Verletzung kultischer Reinheit dazu, die die Geistlichen im Dienste der Religion strikt verteidigten.

Jesus hat die strengen Reinheitsgebote, die die Pharisäer so konsequent verteidigten, nie eingehalten, einfach weil er sie nicht richtig fand. Deshalb stand er ständig in Konflikt mit den Geistlichen, die über seine „Unbelehrbarkeit“ immer zorniger wurden. Und nun berichten die Evangelisten sogar, dass Jesus in aller Öffentlichkeit zu den Toten hin ging und sie bewusst berührte. Doch von anschließenden Reinigungsriten ist nichts bekannt. Aber da sich Jesus nie kultischen Reinigungen unterzogen hat, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass er es auch in diesen Fällen nicht getan hat. Nach den Wiedererweckungen ging er einfach seines Weges und setzte seine religiöse Mission fort. Zurück ließ er empörte Pharisäer, verwirrte Zuschauer und erleichterte Angehörige.

In Nain musste eine Mutter ihren einzigen Sohn zu Grabe tragen. Gerade als sie - von einer trauernden Menschenmenge umgeben – den Sarg des Verstorbenen zur Begräbnisstätte begleitete, kam Jesus mit seinen Jüngern des Weges: Und als sie der Herr sah, jammerte ihn, und er sprach zu ihr: Weine nicht!“ (Lukas 7,13) Bei tröstenden Worten beließ es Jesus nicht: „Er trat hinzu und berührte den Sarg, und die Träger blieben stehen. Und er sprach: Jüngling, ich sage dir, steh auf!“ (Lukas 7,14) Und dann passierte das Unvorstellbare, der tote, junge Mann bewegte sich und konnte von seiner überglücklichen Mutter in die Arme geschlossen werden.

Die anwesenden Trauergäste konnten kaum glauben, was sie sahen: „Und Furcht ergriff sie alle, und sie priesen Gott und sprachen: Es ist ein großer Prophet unter uns aufgestanden, und Gott hat sein Volk besucht.“ (Lukas 7,16) Nur die Religion konnte erklären, wie und warum die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden konnten: der Messias, der Gesandte Gottes, war in die Welt gekommen! Endlich! Nur er allein konnte mit der Vollmacht Gottes solch ein Wunder vollbringen!

Das außergewöhnliche Ereignis sprach sich in der ganzen Umgebung herum. Viele Menschen sahen die Messias-Prophezeiung der heiligen Schriften erfüllt. Zu diesen gehörte auch Jairus, der Vorsteher einer Gemeinde. Er glaubte den Berichten und schöpfte daraus Hoffnung für sein eben verstorbenes Kind. Weinend bat er Jesus, dasselbe auch für seine Tochter zu tun. Jesus ging mit ihm zu seinem Haus, betrat das Zimmer und fasste sie bei der Hand. Da stand das Mädchen auf.“ (Matthäus 9,25)

Noch einmal griff Jesus in den natürlichen Ablauf des Lebens, das zu irgendeinem Zeitpunkt zu Ende geht, ein. Diesmal betraf es befreundete Geschwister in Betanien, Maria, Martha und Lazarus. Die beiden Schwestern verloren nach schwerer Krankheit ihren einzigen Bruder. Verzweifelt wandten sich die Frauen an Jesus: Da sandten sie zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank.“ (Johannes 11,3) Die Reaktion Jesu, als er das vernahm, erschien den Umstehenden rätselhaft: „Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, damit der Sohn Gottes dadurch verherrlicht werde.“ (Johannes 11,4)

Nach dem Hilferuf der beiden Schwestern Maria und Martha blieb Jesus noch zwei Tage an seinem Aufenthaltsort und zog erst dann mit seinen Jüngern nach Betanien. Lazarus war bereits seit vier Tagen tot, als der Rabbi eintraf. Unbeirrt strebte Jesus zur Grabeshöhle, ließ den Stein vom Eingang weg rollen und betete zu Gott, dem Vater: Ich weiß, dass du mich allezeit erhörst, um des Volkes willen, das umher steht, sag ich es, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast!“ (Johannes 11,42) Dann rief Jesus Lazarus heraus, der, in Leinentücher gewickelt, tatsächlich aus dem Grabe trat.

Wie auch bei den anderen beiden Toten-Auferweckungen wurden viele der Zuschauer davon überzeugt, dass ihnen in Jesus von Nazareth der Messias, der Sohn Gottes, gegenüberstand. Nur der Bevollmächtigte Gottes vermochte diese gewaltigen Wunder zu vollbringen. Und Jesus verstärkte ihren Glauben, indem er auf seine außergewöhnliche Rolle im Plane Gottes hinwies: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.“ (Johannes 11,25.26)

Dieser Plan Gottes zielt auf das Leben nach dem Tod im Himmelreich, dem Paradies, ab. Die Erweckungswunder, die Jesus in Palästina vollbracht hatte, sollten den Menschen vor Augen führen, dass der Tod nicht das endgültige Aus allen Seins ist. Für diese drei Menschen spielte sich die Überwindung des Todes im Diesseits ab, doch Gott hat ein Auferstehen nach dem Tod im Jenseits für alle vorgesehen – und Jesus war der Verkünder dieser Botschaft. Aber nicht nur als Prediger, sondern auch als Betroffener. Durch seine Auferstehung am Ostermorgen stellte der gekreuzigte Jesus die Ernsthaftigkeit von Gottes Plan unter Beweis: So steht es geschrieben, dass Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tag!“ (Lukas 24,46)

Daran halten die Christen seit mehr als 2000 Jahren unbeirrt fest. Diese Überzeugung ist die Grundlage ihres Bekenntnisses zu Jesus von Nazareth als den Sohn Gottes. Denn für uns gilt, was Jesus damals zu Maria vor dem Grab ihres Bruders gesagt hat: „Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen!“ (Johannes 11,40)

Wie diese Herrlichkeit aussehen wird, beschreibt die Apokalypse, das letzte Buch der Bibel: Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein.“ (Apokalypse 21,4)


Mit dem heutigen Ewigkeits- oder Totensonntag beschließt die evangelische Kirche das Kirchenjahr. In einer Woche wird mit dem 1. Adventsonntag das neue beginnen, und vier Wochen lang werden die Christen sehnsüchtig auf die Geburt des Herrn warten – des Messias, der in der Gestalt des Jesus von Nazareth die frohe Botschaft von der Liebe Gottes verkündete, die die Menschen im Jenseits in seine Nähe zurückführt: „Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freut euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe.“ (Jesaja 65,17.18a)

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