Sonntag, 8. März 2015


Judas Ischariot – der Verräter Jesu Christi

3.Teil: Der Verrat und seine Folgen

Nach dem Abschiedsessen in der Herberge ging Jesus mit seinen Jüngern in den Garten Gethsemane am Fuße des Ölbergs. Er wusste, dass ihm unsägliche körperliche Qualen und Hinrichtung bevorstehen. Deshalb zog er sich zurück, um zu beten. Und während Jesus in Todesangst Gott um Hilfe und Stärke anflehte, schliefen seine Jünger, die seine Abschiedsreden offenbar nicht ernst genommen haben, ein. 
 
Enttäuscht rüttelte sie Jesus auf: „Siehe, die Stunde ist gekommen, dass der Messias in die Hände der Sünder überantwortet wird!“ Da nahte auch schon Judas Ischariot mit den Soldaten der Hohepriester, die mit Stangen und Schwertern bewaffnet waren.

Judas Ischariot trat auf Jesus zu und sprach „Sei gegrüßt, Rabbi!“ und küsste ihn. Auf diese sehr persönliche Weise zeigte der abgefallene Jünger, wer der Gesuchte ist. Warum er dies so provokant mit einem Kuss, dem Symbol für Liebe und Freundschaft tat, ist unverständlich. Deshalb fragte ihn Jesus: „Judas, verrätst du den Messias mit einem Kuss?“ Doch dieser antwortete nicht darauf.

Für den Evangelisten Johannes war die Vorstellung, dass der Verräter seinen Rabbi mit einer so liebevollen Geste wie einem Kuss seinen Henkern auslieferte, so unerträglich, dass er sie wegließ. Jesus sah die bewaffneten Männer auf sich zukommen und fragte sie: „Wen sucht ihr?“ Sie antworteten: „Jesus von Nazareth.“ Er sprach zu ihnen: „Ich bin's!“ Judas Ischariot aber, der ihn verriet, stand auch bei den Soldaten, verhielt sich aber in dieser Szene passiv. Er hatte die Soldaten zu dem Platz geführt, wo Jesus sich aufhielt, aber der Rabbi aus Galiläa wartete nicht auf die verräterische Geste seines ehemaligen Jüngers, sondern lieferte sich selbst aus.

Jesus wurde nun von den Soldaten der Hohepriester verhaftet und zum Verhör abgeführt. Die Führung der jüdischen Geistlichkeit, der Sanhedrin, hatte ihr Ziel erreicht. Sie brauchte einen Verräter aus dem inneren Kreis um Jesus, um den von einer großen Menge verehrten Rabbi ohne Aufsehen still und leise nachts verhaften zu können. Das war ihnen mit Hilfe des Judas Ischariot gelungen.
Das war aber nur der erste Schritt. Die Priester wollten den Tod des verhassten Wanderpredigers um jeden Preis. Aber das war nicht so leicht. Der Sanhedrin hatte keine Vollmacht, in Judäa die Todesstrafe zu verhängen, weil es als römische Provinz der Besatzungsmacht direkt unterstand. Nur der römische Präfekt konnte Hinrichtungen anordnen. Nach anfänglichem Zögern gab Pontius Pilatus nach und unterschrieb das Todesurteil gegen Jesus.

Der Evangelist Matthäus schreibt, dass Judas, als er sah, dass Jesus zum Tode verurteilt wurde, seinen Verrat bereute. Rechnete Judas Ischariot damit, dass die Priester beim Statthalter mit ihrem Wunsch nach Kreuzigung keinen Erfolg haben werden? Immerhin war Jesus kein politischer Verbrecher, und die Kreuzigung wurde von den Römern nur als Strafe für politischen Hochverrat verhängt. Jesus hatte bekanntermaßen nie gegen die römische Vorherrschaft und den Kaiser Stellung bezogen.
Mit welcher Strafe hatte Judas denn gerechnet? Vertraute er darauf, dass der römische Präfekt Jesus mangels Schuldbeweise einfach nach Galiläa zurückschicken würde? Dass der Ruf des Rabbi aber durch die Verhaftung so beschädigt wäre, dass er nicht mehr öffentlich predigen könnte? Diese Argumentation würde dann stimmen, wenn Judas den Verrat aus religiöser Enttäuschung heraus begangen hatte. Aber das schreibt Matthäus nicht, nur dass der über die Folgen seiner Tat geschockte Judas Ischariot die 30 Silberlinge den Hohepriestern und Ältesten zurückbrachte. Und es mit Reue begründete: „Ich habe Unrecht getan, dass ich unschuldiges Blut verraten habe.“ Sie aber sprachen ungerührt: „Was geht uns das an?“ Daraufhin warf Judas das Geld in den Tempel und erhängte sich. Aus welchen Gründen auch immer er seinen Rabbi ausgeliefert hatte, mit der Schuld für seinen gewaltsamen Tod konnte er nicht leben.
Die Hohepriester hatten kein Mitleid mit ihm und nahmen das Geld zurück, wollten es aber nicht in den Gotteskasten legen, weil es Blutgeld war. 
Also beschlossen sie, den Töpferacker zu kaufen zum Begräbnis für Fremde, um doch etwas Nützliches damit anzufangen.

Reue des Verräters über seine Tat bei Matthäus, nicht aber bei den anderen drei Evangelisten. Markus und Johannes berichten über das Schicksal des Judas Ischariot gar nichts mehr. Lukas dagegen kommt im 1. Kapitel seiner Apostelgeschichte noch einmal auf ihn zu sprechen, und zwar in Zusammenhang mit der Nachwahl des 12. Jüngers, die von Simon Petrus durchgeführt wird. Er informiert die anderen über das Schicksal des Judas, der denen den Weg zeigte, die Jesus gefangennahmen: „Denn er gehörte zu uns und hatte dieses Amt mit uns empfangen. Der hat einen Acker erworben mit dem Lohn für seine Ungerechtigkeit. Aber er ist vornüber gestürzt und mitten entzwei geborsten, so dass alle seine Eingeweide hervorquollen. Und es ist allen bekanntgeworden, die in Jerusalem wohnen, so dass dieser Acker in ihrer Sprache genannt wird: Hakeldamach, das heißt Blutacker.“
Was der Evangelist Lukas berichtet, hat mit Reue nichts zu tun. Er kann auch nicht von Reue schreiben, weil er zum Unterschied von Matthäus den Satan verantwortlich macht für den Verrat. Im 22. Kapitel hatte er geschrieben: „Es war nahe Passa und die Priester wollen Jesus töten. Es fuhr aber der Satan in Judas, genannt Ischariot, der zur Zahl der Zwölf gehörte. Daraufhin geht Judas Ischariot zu den Hohepriestern, dass er ihn verriete.“ Der Satan bereut natürlich nicht, dass er den Messias ans Kreuz gebracht hat.

Ohne Judas' Verrat hätte es keine Gefangennahme und Hinrichtung Jesu und damit keine Heilsgeschichte gegeben: denn sein Opfertod am Kreuz ging der Auferstehung von den Toten am dritten Tag voraus. Und so wie Jesus den Tod überwunden hat und ins Leben zurückgekehrt ist, werden auch wir Menschen nach der Apokalypse von den Toten auferstehen.
Judas Ischariot spielt in der Passionsgeschichte ganz ohne Zweifel eine entscheidende Rolle, weil er die Verhaftung und Hinrichtung durch seinen Verrat erst möglich gemacht hat. Aber in keinem der Evangelien des Neuen Testaments fühlt er sich als „religiöser Retter“.


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