Judas
Ischariot – der Verräter Jesu Christi
3.Teil:
Der Verrat und seine Folgen
Nach
dem Abschiedsessen in der Herberge ging Jesus mit seinen Jüngern in
den Garten Gethsemane am Fuße des Ölbergs. Er wusste, dass ihm
unsägliche körperliche Qualen und Hinrichtung bevorstehen. Deshalb
zog er sich zurück, um zu beten. Und während Jesus in Todesangst
Gott um Hilfe und Stärke anflehte, schliefen seine Jünger, die
seine Abschiedsreden offenbar nicht ernst genommen haben, ein.
Enttäuscht
rüttelte sie Jesus auf: „Siehe, die
Stunde ist gekommen, dass der Messias in die Hände der Sünder
überantwortet wird!“ Da nahte auch schon Judas
Ischariot mit den Soldaten der Hohepriester, die mit Stangen und
Schwertern bewaffnet waren.
Judas
Ischariot trat auf Jesus zu und sprach „Sei
gegrüßt, Rabbi!“ und küsste ihn. Auf diese sehr
persönliche Weise zeigte der abgefallene Jünger, wer der Gesuchte
ist. Warum er dies so provokant mit einem Kuss, dem Symbol für Liebe
und Freundschaft tat, ist unverständlich. Deshalb fragte ihn Jesus:
„Judas, verrätst du den Messias mit einem
Kuss?“ Doch dieser antwortete nicht darauf.
Für
den Evangelisten Johannes war die Vorstellung, dass der Verräter
seinen Rabbi mit einer so liebevollen Geste wie einem Kuss seinen
Henkern auslieferte, so unerträglich, dass er sie wegließ. Jesus
sah die bewaffneten Männer auf sich zukommen und fragte sie: „Wen
sucht ihr?“ Sie antworteten: „Jesus
von Nazareth.“ Er sprach zu ihnen: „Ich
bin's!“ Judas Ischariot aber, der ihn verriet, stand
auch bei den Soldaten, verhielt sich aber in dieser Szene passiv. Er
hatte die Soldaten zu dem Platz geführt, wo Jesus sich aufhielt,
aber der Rabbi aus Galiläa wartete nicht auf die verräterische
Geste seines ehemaligen Jüngers, sondern lieferte sich selbst aus.
Jesus
wurde nun von den Soldaten der Hohepriester verhaftet und zum Verhör
abgeführt. Die Führung der jüdischen Geistlichkeit, der Sanhedrin,
hatte ihr Ziel erreicht. Sie brauchte einen Verräter aus dem inneren
Kreis um Jesus, um den von einer großen Menge verehrten Rabbi ohne
Aufsehen still und leise nachts verhaften zu können. Das war ihnen
mit Hilfe des Judas Ischariot gelungen.
Das
war aber nur der erste Schritt. Die Priester wollten den Tod des
verhassten Wanderpredigers um jeden Preis. Aber das war nicht so
leicht. Der Sanhedrin hatte keine Vollmacht, in Judäa die
Todesstrafe zu verhängen, weil es als römische Provinz der
Besatzungsmacht direkt unterstand. Nur der römische Präfekt konnte
Hinrichtungen anordnen. Nach anfänglichem Zögern gab Pontius
Pilatus nach und unterschrieb das Todesurteil gegen Jesus.
Der
Evangelist Matthäus schreibt, dass Judas, als er sah, dass Jesus zum
Tode verurteilt wurde, seinen Verrat bereute. Rechnete Judas
Ischariot damit, dass die Priester beim Statthalter mit ihrem Wunsch
nach Kreuzigung keinen Erfolg haben werden? Immerhin war Jesus kein
politischer Verbrecher, und die Kreuzigung wurde von den Römern nur
als Strafe für politischen Hochverrat verhängt. Jesus hatte
bekanntermaßen nie gegen die römische Vorherrschaft und den Kaiser
Stellung bezogen.
Mit
welcher Strafe hatte Judas denn gerechnet? Vertraute er darauf, dass
der römische Präfekt Jesus mangels Schuldbeweise einfach nach
Galiläa zurückschicken würde? Dass der Ruf des Rabbi aber durch
die Verhaftung so beschädigt wäre, dass er nicht mehr öffentlich
predigen könnte? Diese Argumentation würde dann stimmen, wenn Judas
den Verrat aus religiöser Enttäuschung heraus begangen hatte. Aber
das schreibt Matthäus nicht, nur dass der über die Folgen seiner
Tat geschockte Judas Ischariot die 30 Silberlinge den
Hohepriestern und Ältesten zurückbrachte. Und es mit Reue
begründete: „Ich habe Unrecht getan, dass
ich unschuldiges Blut verraten habe.“ Sie aber sprachen
ungerührt: „Was geht uns das an?“
Daraufhin warf Judas das Geld in den Tempel und erhängte sich. Aus
welchen Gründen auch immer er seinen Rabbi ausgeliefert hatte, mit
der Schuld für seinen gewaltsamen Tod konnte er nicht leben.
Die
Hohepriester hatten kein Mitleid mit ihm und nahmen das Geld zurück,
wollten es aber nicht in den Gotteskasten legen, weil es Blutgeld
war.
Also beschlossen sie, den Töpferacker zu kaufen zum Begräbnis
für Fremde, um doch etwas Nützliches damit anzufangen.
Reue
des Verräters über seine Tat bei Matthäus, nicht aber bei den
anderen drei Evangelisten. Markus und Johannes berichten über das
Schicksal des Judas Ischariot gar nichts mehr. Lukas dagegen kommt im
1. Kapitel seiner Apostelgeschichte noch einmal auf ihn zu sprechen,
und zwar in Zusammenhang mit der Nachwahl des 12. Jüngers,
die von Simon Petrus durchgeführt wird. Er informiert die anderen
über das Schicksal des Judas, der denen den Weg zeigte, die Jesus
gefangennahmen: „Denn er gehörte zu uns
und hatte dieses Amt mit uns empfangen. Der hat einen Acker erworben
mit dem Lohn für seine Ungerechtigkeit. Aber er ist vornüber
gestürzt und mitten entzwei geborsten, so dass alle seine Eingeweide
hervorquollen. Und es ist allen bekanntgeworden, die in Jerusalem
wohnen, so dass dieser Acker in ihrer Sprache genannt wird:
Hakeldamach, das heißt Blutacker.“
Was
der Evangelist Lukas berichtet, hat mit Reue nichts zu tun. Er kann
auch nicht von Reue schreiben, weil er zum Unterschied von Matthäus
den Satan verantwortlich macht für den Verrat. Im 22. Kapitel hatte
er geschrieben: „Es war nahe Passa und die Priester wollen Jesus
töten. Es fuhr aber der Satan in Judas, genannt Ischariot, der zur
Zahl der Zwölf gehörte. Daraufhin
geht Judas Ischariot zu den Hohepriestern, dass er ihn
verriete.“ Der Satan bereut natürlich nicht, dass er den
Messias ans Kreuz gebracht hat.
Ohne
Judas' Verrat hätte es keine Gefangennahme und Hinrichtung Jesu und
damit keine Heilsgeschichte gegeben: denn sein Opfertod am Kreuz ging
der Auferstehung von den Toten am dritten Tag voraus. Und so wie
Jesus den Tod überwunden hat und ins Leben zurückgekehrt ist,
werden auch wir Menschen nach der Apokalypse von den Toten
auferstehen.
Judas
Ischariot spielt in der Passionsgeschichte ganz ohne Zweifel eine
entscheidende Rolle, weil er die Verhaftung und Hinrichtung durch seinen Verrat erst
möglich gemacht hat. Aber in keinem der Evangelien des Neuen Testaments
fühlt er sich als „religiöser Retter“.
ausgezeichnet beschrieben :) sehr interessant!
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