Samstag, 14. Januar 2017


Religion im Wandel der Zeit

Die Weiterentwicklung ihrer Lebensweise, dem die Spezies Mensch aufgrund der Leistungsfähigkeit ihres Verstandes unterworfen ist, macht auch vor der Religion nicht Halt. Technische Erfindungen, Errungenschaften in Naturwissenschaft und Medizin und daraus resultierend neue Formen des sozialen Zusammenlebens wirken sich auch auf die weltanschaulichen Grundlagen der menschlichen Gesellschaft aus. Die Menschen haben von Gott die Gabe erhalten, Wissen anzuhäufen und dazu lernen zu können. Sie haben als Gattung die Fähigkeit, ihre Lebensweise und ihre Fertigkeiten über Generationen weiter zu entwickeln. Wäre es anders, würden wir heute noch in Höhlen leben und als Jäger und Sammler für unseren Lebensunterhalt sorgen.

Aber unverändert bleiben die Glaubenswahrheiten. Zwar finden durch den Fortschritt bedingte Änderungen im Alltagsleben ihren Niederschlag in Kult, Riten und Bräuchen, aber das bedeutet nicht zwangsläufig eine Verfälschung des Glaubens. Es zeigt nur, dass die Menschen sich durch Wissenserweiterung fortentwickeln.

So haben die Erzväter Abraham, Isaak und Jakob ihren Gottes-Dienst verrichtet, indem sie einen Stein als Altar genommen und darauf ihr Opfer dargebracht haben. 
 
In den christlichen Kirchen steht auch ein Altar, aus Holz oder Ziegel, und dient nicht mehr zum Opfern, sondern als Tisch des Herrn, auf den Bibel, Kerzen, Kelch und Hostie gestellt werden.

Trotzdem ist eines gleich geblieben: der Glaube an den einen einzigen Gott, der die Welt erschaffen hat und sich auch weiterhin seiner Schöpfung annimmt. An ihn glaubten die Erzväter in der Bronzezeit, an ihn glauben auch wir im 21. Jahrhundert.

Als sich die Fertigkeit des Lesens und Schreibens durchsetzte und in zahlreichen Religionen Glaubensbücher das Fundament des religiösen Lebens lieferten, kam es in der Folge auch zu unterschiedlichen Auslegungen der frommen Texte. So führte ein anderes Bibelverständnis im 16. Jahrhundert zur Reformation von Martin Luther in Wittenberg und Zwingli in der Schweiz. Und im Umfeld des Zürchers entstand die Bewegung der Täufer.

Grundlegend für die Täufer sind die Ablehnung der Kindertaufe und die Befürwortung der Bekenntnistaufe der Erwachsenen sowie die Rückkehr zur urchristlichen Gemeinde ohne staatliche und kirchliche Strukturen. 

Ihr prominentester Vertreter war der Theologe Balthasar Hubmaier, etwa zur selben Zeit wie Martin Luther in Friedberg bei Augsburg geboren. Zuerst war er ein bedeutender Vertreter des Katholizismus: Doktor der Theologie, Professor in Ingolstadt, Domprediger in Regensburg. 1520 zog er sich auf eine Pfarrstelle in Waldshut zurück und begann sich für die Reformation Zwinglis zu interessieren. Er machte eine konfessionelle Kehrtwendung und führte in Waldshut die Reformation ein. Doch Balthasar Hubmaier radikalisierte sich zunehmend und geriet bald in Widerspruch zu Zwingli wegen dessen Befürwortung der Kindertaufe.

Die Täufer wurden sowohl von den Katholiken als auch von den Evangelischen abgelehnt und von der Obrigkeit mitleidlos verfolgt, ihre Anhänger auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Balthasar Hubmaier musste aus der Schweiz fliehen. Er ging nach Mähren und gründete dort neuerlich eine Täuferkirche. Aber er konnte sich nicht lange daran erfreuen: Erzherzog Ferdinand von Österreich, König von Böhmen, ließ ihn gefangen nehmen und nach Wien bringen. Am 10. März 1528 wurde Balthasar Hubmaier vor dem Stubentor den Flammen übergeben.

 






Geht man in unserer Zeit zur Dominikanerbastei in der Wiener Innenstadt, erinnert nur noch eine Gedenktafel, angebracht an einer Mauer, an das qualvolle Ende eines Andersdenkenden: genauso gläubig wie alle Christen jener Zeit, aber mit einer eigenen Auslegung der Heiligen Schrift. 

Ein todeswürdiges Verbrechen? 
Der Text der Gedenktafel bringt ein Zitat aus einem Werk des Hingerichteten, in dem er daran erinnert, dass Jesus jede Form von Gewalt abgelehnt hat.

Und in der Begebenheit vom fremden Wundertäter, über den die Evangelisten Markus und Lukas berichten, bestätigt Jesus Hubmaiers Überzeugung ganz klar. Auf ihrer Wanderung durch Galiäa machten die Jünger eine Beobachtung, die sie sehr empörte, und sie beschwerten sich sofort bei Jesus darüber: „Johannes sprach zu ihm: Meister, wir sahen einen, der trieb böse Geister in deinem Namen aus, und wir verboten's ihm, weil er uns nicht nachfolgt. Jesus aber sprach: Ihr sollt's ihm nicht verbieten. Denn niemand, der ein Wunder tut in meinem Namen, kann so bald übel von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.“ (Markus 9,38-40)

Die Kirche, die Jesus gegründet hat, ist ein großes Haus, in dem alle Platz haben, die ihn anbeten. Entscheidend ist, dass alle, die sich Christen nennen, an Jesus, unseren Herrn und Gott, seinen Opfertod am Kreuz und seine leibliche Auferstehung von den Toten glauben. Das sind die ewig gültigen Wahrheiten des christlichen Glaubens, die nicht dem Zeitgeist unterliegen dürfen. Sie sind - unabhängig von Kult und Riten - die verbindenden Elemente aller christlichen Kirchen und Glaubensgemeinschaften. Jesus wünscht sich ein konflikt- und gewaltfreies Miteinander aller, die an ihn glauben, und deshalb fordert er: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander liebt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt!“ (Johannes 13,34.35)

1 Kommentar:

  1. eine gute erinnerung an uns selbst! mit der zeit kann man auch gehen, ohne seine Wurzeln zu vergessen.

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