(Markus
7,24-30)
Jesus
brauchte wieder eine Auszeit. Die großen Menschenmengen, die
kritischen Pharisäer und Schriftgelehrten sowie seine
unverständigen Jünger hatten seine Kräfte aufgezehrt. Jesus sehnte
sich nach einer Pause und verließ den See Genezareth, um zur Ruhe zu
kommen. Er ging in eine Gegend, von der er annahm, dass er dort
unerkannt bleiben würde. Jesus zog sich in die südlichste
phönizische Stadt zurück und nahm Quartier in einem Haus: „Und
Jesus stand auf und ging von dort in das Gebiet von Tyrus. Und er
ging in ein Haus und wollte es niemanden wissen lassen.“
(Markus 7,24) Jesus
hatte berechtigte Hoffnung, dass ihn in dieser Stadt, die nicht mehr
jüdisches Siedlungsgebiet war, niemand kannte.
In
alttestamentlicher Zeit trennte zwar eine Staatsgrenze Israel von den
phönizischen Stadtstaaten (Byblos, Sidon, Tyros), aber die
Königreiche waren durch enge wirtschaftliche Beziehungen verbunden.
Vor allem die phönizischen Zedern, die bis zu 40 m hoch und 4 m dick
wuchsen, waren ein gutes Geschäft als Bauholz im waldarmen Nahen
Osten. Schon
König David stand auf der Kundenliste: „Und
Hiram, der König von Tyrus, sandte Boten zu David mit Zedernholz,
dazu Zimmerleute und Steinmetzen, dass sie David ein Haus bauten.“
(2 Sam 5,11) Davids Sohn und Nachfolger Salomo löste einen Bauboom
aus und benötigte dafür besonders viel Holz.
In einem Brief an
Hiram von Tyros wegen des Tempelbaus schrieb Salomo: „So
befiehl nun, dass man mir Zedern im Libanon fällt, und meine Leute
sollen mit deinen Leuten sein. Und den Lohn deiner Leute will ich dir
geben, alles, wie du es sagst. Denn du weißt, dass bei uns niemand
ist, der Holz zu hauen versteht wie die Sidonier.“ (1 Könige
5,20) Phönizier bauten also mit am jüdischen Tempel und auch noch
am prunkvollen Palast des Königs in Jerusalem. Salomo bezahlte dafür
in Naturalien, indem er 20 galiläische Dörfer an Hiram abtrat.
Aber
zur Zeit Jesu gehörte der gesamte Orient zum Römischen
Reich und eine Grenze existierte nicht mehr. Deshalb
konnte Jesus zwar einfach Galiläa verlassen und nach Tyrus gehen,
aber für alle anderen Bewohner dieser Gebiete galt das auch. Und so
tauschten sich die Leute über die neuesten Ereignisse aus. Die
Nachricht vom Wanderprediger aus Nazareth, der unheilbar Kranke
gesund machen konnte, war auch nach Tyrus gelangt. Die Bewohner, die
verschiedenen Völkern (Phönizier, Griechen, Römer) angehörten,
aber gemeinsam hatten, dass sie viele Götter anbeteten, redeten über
den jüdischen Rabbi. Und bei einigen hatte das zur Folge, dass sie
sich auch für die religiöse Mission des Mannnes aus Galiläa
interessierten und begannen, an ihn als Sohn des einen Gottes zu
glauben.
In
diese Situation kam Jesus mit seinem Wunsch nach Ruhe, der sich nun
nicht erfüllte. Denn es kam zu einer Begegnung mit einer heidnischen
Mutter, die ihn um Hilfe bat und sich nicht abweisen ließ: „Alsbald
hörte eine Frau von ihm, deren Töchterlein einen unreinen Geist
hatte. Und sie kam und fiel nieder zu seinen Füßen.“
(Markus 7,25) Die
Mutter war Griechin und flehte Jesus an, er möge ihr besessenes Kind
heilen.
Jesus
reagierte unwillig und deutete darauf hin, dass seine Mission auf
Israel beschränkt sei, denn dem Volk Gottes allein galt die
Messiasweissagung der alten Propheten „Und es
wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm
Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen.“
(Jesaja 11,1)
Aber
die Frau ließ nicht locker. Sie war überzeugt, dass Jesus
auch für Nicht-Juden der Heilsbringer ist. Sie bestand darauf, dass
auch die Menschen anderer Religionszugehörigkeiten Anhänger Jesu
sein können - so wie sie, die seiner Predigt vom Reich Gottes
Glauben geschenkt und sich seiner Lehre zugewandt hat. Dieses
Argument überzeugte Jesus, er gab nach: „Um
dieses Wortes willen geh hin, der böse Geist ist von deiner Tochter
ausgefahren.“(Markus
7,29)
Diese
Begebenheit, die der Evangelist Markus schildert,
greift der Entwicklung des Christentums vor. Jesus wird nach
einigen Tagen der Erholung nach Galiläa zurückkehren und seine
Mission in Israel fortsetzen. Nach Pfingsten werden auch die Apostel
zuerst versuchen, in Palästina unter ihren jüdischen Mitmenschen zu
missionieren und sie für die Taufe zu gewinnen. Erst als sich die
Israeliten mehrheitlich der neuen Lehre verweigerten, wandten sich
die christlichen Missionare den Menschen außerhalb ihrer Heimat zu.
Dort war der Bedarf am Evangelium groß, weil der Glaube an die
vielen polytheistischen Religionen Risse bekommen hatte. Immer mehr
„Heiden“ ließen sich taufen, weil sie in Jesus Christus jene
Geborgenheit und Liebe fanden, die ihnen ihre angestammten Religionen
nicht mehr bieten konnten. Und obwohl in den ersten drei
Jahrhunderten tiefgläubige Kaiser des alten römischen Glaubens
versuchten, das Christentum auszurotten, antworteten ihnen ihre
Völker mit einem unerschrockenen Bekenntnis zu Jesus Christus. Und
schließlich begriffen auch die Herrscher, dass sie ihre Untertanen
nicht zu einer bestimmten Religion zwingen konnten.
Und das können
sie auch heute nicht.
sehr schön, wie Jesus auch für andere da ist :) ein sehr interessanter beitrag!
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