Christliches
Leben
im 2. Johannesbrief
Der
2. Johannes
ist ein wenig bekannter, sehr kurzer Brief, der im Neuen Testament im
Schlussteil zu finden ist. Unwichtig ist er dennoch nicht, und es
zahlt sich aus, sich näher mit ihm zu befassen. Denn wir können
daraus für unser christliches Leben heute lernen.
Als
erstes fällt auf, dass der 2. Johannesbrief an eine Frau gerichtet
ist: „Der
Älteste an die auserwählte Herrin und ihre Kinder, die ich lieb habe
in der Wahrheit, und nicht allein ich, sondern auch alle, die die
Wahrheit erkannt haben.“
(Vers
1)
Die Anrede ist voller Respekt an eine gleichrangige Person gerichtet,
die
den Glauben an Jesus Christus mit dem Verfasser teilt.
Das
ist beachtlich
in einer Zeit, in der Frauen in der sozialen Hierarchie kaum höher
standen als Sklaven. Ausgenommen von dieser gesellschaftlichen
Rechtslosigkeit waren nur einige wenige Herrscherinnen oder
königliche Gemahlinnen. Alle anderen Frauen mussten sich den Männern
unterordnen.
Mit
dieser gesellschaftlichen Norm hat Jesus gebrochen und gelehrt, dass
alle Menschen vor Gott gleich viel wert sind. Er stellte ganz offen
die Frauen auf dieselbe Stufe wie die Männer, deshalb schlossen sich
dem Rabbi aus Nazareth viele Jüngerinnen an. Seinem
Beispiel folgte das
Urchristentum:
im Glauben an den Messias vereint gab
es keine Zurücksetzung der Frauen im Gottesdienst und im
Gemeindeleben. Diese
Diskriminierung
breitete
sich
erst
später in der Alten Kirche aus
(und hält in einigen Konfessionen bis heute an),
als das Christentum zur Staatsreligion aufstieg
und die bestehenden sozialen
Normen der heidnischen Antike übernahm. Das
Patriachat hatte
entgegen der Lehre ihres
Gründers Jesus Christus die Kirche übernommen.
Dem
unbekannten Ältesten, der diesen
Brief geschrieben hat, ist ein Aspekt im Leben der Adressatin
besonders wichtig: „Ich
bin sehr erfreut, dass ich unter deinen Kindern solche gefunden habe,
die in der Wahrheit leben, nach dem Gebot, das wir vom
Vater empfangen haben.“
(Vers
4)
Aus diesem Satz erfahren wir, dass im Haushalt der namenlosen Herrin
christliche Erziehung einen hohen Stellenwert hat – aber noch nicht
alle Sprösslinge überzeugen konnte. Der Schreiber stellt das ohne
negative Bewertung fest und lässt so für uns den Schluss zu, dass
es trotzdem in der Familie friedlich zuging
und kein Druck zur Taufe ausgeübt wurde.
Das
klingt doch ganz modern: Überzeugungsarbeit statt Zwang. Nicht
immer galt das in der Kirche, obwohl Jesus uns zu dieser
Vorgangsweise verpflichtet hat. Die Inquisition mit ihren brennenden
Scheiterhaufen und die blutigen Glaubenskriege mit tausenden
Todesopfern haben
einen düsteren Schatten über die Religion der Gottes- und
Nächstenliebe geworfen.
Aber
das Christentum hat sich aus dieser engstirnigen Bekenntnistyrannei
befreit und zur
Toleranz, die uns Jesus vorgelebt hat, zurückgefunden. Die
religiöse Überzeugung anderer zu akzeptieren heißt aber nicht,
seinen eigenen christlichen
Glauben
auf die leichte Schulter zu nehmen und
sich aus dem Evangelium das heraus zu picken, das einem gerade
nützlich ist. Davor
warnt Jesus ausdrücklich:
„Es
werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr, in das Himmelreich
kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters
im Himmel!“
(Matthäus
7,21)
Versuchungen,
einen anderen Weg zu gehen als den mit Jesus, gab es damals wie
heute. Die
Forderungen, die Jesus an uns stellt, sind
oft nur unter Verzicht zu erfüllen. Und
so
erliegen viele der
Verlockung, den
eigenen
christlichen Glauben gegen einen anderen, der gerade „in“ ist und
im Moment mehr Strahlkraft hat, auszutauschen.
Diese
Gefahr ist vor allem
in
unseren Tagen,
in
einer
Zeit der multireligiösen Gesellschaft, gegeben,
bedrohte
aber
auch schon damals die christliche Gemeinschaft, als der 2.
Johannesbrief geschrieben wurde. Deshalb
spricht der Älteste eine deutliche Warnung vor Irrlehrern aus: „Denn
viele Verführer sind in die Welt ausgegangen, die nicht bekennen,
dass Jesus Christus in das Fleisch gekommen ist. Das ist der
Verführer und der Antichrist.“
(Vers
7).
Mit den Menschen, die den Glauben daran, dass Jesus Christus in das
Fleisch gekommen ist, leugnen,
meint
der Absender jene, die im Rabbi aus Nazareth nichts weiter sehen als
einen unerschrockenen Sozialrebell. Das
reicht aber nicht, um Christ zu sein. Das
Fundament des rechten christlichen
Bekenntnisses
ist der
Glaube an Jesu
Opfertod am Kreuz und seine leibliche Auferstehung von den Toten. Der
Älteste bezieht sich auf einen Vers
im Prolog des Johannesevangeliums: „Und
das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine
Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom
Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
(Johannes
1,14).
Und
um
seiner Sorge vor falschen Lehren noch mehr Gewicht zu verleihen,
wiederholt
der Älteste mit eigenen Worten die Warnung Jesu vor einem
irregeleiteten
Glauben: „Wer
nicht bleibt in der Lehre Christi, der hat Gott nicht; wer in der
Lehre bleibt, der hat den Vater und den Sohn.“
(Vers
9)
Wie
entscheidend der rechte Glaube für unsere Zukunft als Christ ist,
drückt Jesus im Johannesevangelium deutlich aus: „Wahrlich,
wahrlich, ich sage
euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der
hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist
vom Tode zum Leben hindurch gedrungen.“
(Johannes
5,24)
Der
Älteste schließt seinen Brief mit einer hoffnungsvollen
Ankündigung: „Ich hätte euch viel zu
schreiben, aber ich wollte es nicht mit Brief und Tinte tun, sondern
ich hoffe, zu euch zu kommen und mündlich mit euch zu reden, damit
unsre Freude vollkommen sei!“ (Vers
12) Damit spricht der Verfasser einen wichtigen und auch im
medialen Zeitalter unersetzlichen Bestandteil christlichen Lebens an:
den persönlichen Kontakt seiner Mitglieder untereinander in einer
aktiven Gemeinschaft.
Es galt von Anfang an im Christentum:
gemeinsames Beten und Feiern und persönliches Kontakthalten im
Alltag, aber auch ein miteinander Kommunizieren mit Briefen und
später Schriften und Büchern. Beides ist gleich wichtig für das Funktionieren der christlichen Gemeinschaft. Was wäre aus dem Christentum
geworden, wenn Paulus seine Missionsarbeit nicht durch seine Briefe an
seine Gemeinden abgesichert hätte? Und so können wir die Worte, die Paulus
an die Gemeinde der Philipper schrieb, auch als an uns gerichtet
betrachten: „Seid so unter euch gesinnt, wie
es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht.“
(Philipper 2,5)
Und aufmunternd setzt der Apostel hinzu: „Freuet
euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch!“
(Philipper 4,4)
Und das wollen wir im Glauben an unseren Herrn Jesus Christus auch
tun!
Sehr schön geschrieben und äußerst interessant! Es ist immer gut auch zu hören/lesen, wie wir uns im Leben halten sollen, denn in diesem leben wir. Aber es ist auch gut, dass wir wissen, dass es um das Leben danach geht.
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