Karfreitag – und die Angst der Jünger
Nach dem gemeinsamen Abschiedsessen ging Jesus mit 11 Jüngern in den Garten Gethsemane hinaus. Es war Abend geworden, und die Stimmung in der Gruppe war bedrückt. Den Jüngern war die Anspannung Jesu nicht verborgen geblieben, und die Abwesenheit des Judas Ischariot verunsicherte sie. Es war das erste Mal, dass nicht alle 12 mit Jesus zusammen waren. Die Jünger erinnerten sich an die unglaubliche Ankündigung, die der Meister beim Abschiedsmahl gemacht hatte: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, einer unter euch wird mich verraten!“ (Johannes 13,21b) Damit konnte nur gemeint sein, dass einer von ihnen den Rabbi in der kommenden Nacht an die Soldaten des Hohepriesters ausliefern würde. Dass die hohe Geistlichkeit Jesus nach dem Leben trachtete, war kein Geheimnis. Und einer von den Jüngern fehlte jetzt tatsächlich: Judas Ischariot war nicht bei ihnen.
Dass
sich in Jerusalem der Konflikt Jesu mit den Pharisäern zugespitzt
hatte, war den Jüngern nicht verborgen geblieben. Die verbalen
Angriffe der Geistlichen gegen den unbequemen Prediger aus Galiläa
fanden in aller Öffentlichkeit statt und wurden immer aggressiver.
Weil die Jünger Angst um das Leben Jesu bekamen, hatten sie
vorgesorgt. Mit einer Hinrichtung am Kreuz rechneten sie zu diesem
Zeitpunkt nicht, aber einen Meuchelmörder schlossen sie nicht aus.
Deshalb trafen sie hinter dem Rücken ihres Meisters
Sicherheitsvorkehrungen: sie beschafften sich zwei Schwerter.
Jesus hielt sich mit seinen Jüngern im Garten Gethsemane auf und wartete ergeben im Kreise der Elf auf die Ereignisse, mit denen sein Leidensweg beginnen wird. Es dauerte nicht lange, bis eine Schar von Knechten und Soldaten des Hohepriesters mit Schwertern und Stangen auf Jesus und seine Jünger zukam. Judas Ischariot stand an deren Spitze: „Und er trat zu Jesus und sprach: Sei gegrüßt, Rabbi! und küsste ihn.“ (Matthäus 26,49) Daraufhin wird Jesus von den Bewaffneten ergriffen .
Aber bevor sie Jesus abführen konnten, versuchten die Jünger, das Leben ihres Meisters zu retten. Sie hatten die Schwerter, die sie Jesus vor einigen Stunden gezeigt hatten, keineswegs weggegeben, sondern heimlich behalten: „Als aber, die um ihn waren, sahen, was geschehen würde, sprachen sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?“ (Lukas 22,49) Und ohne die Antwort Jesu abzuwarten, zog einer der Jünger sein Schwert und schlug nach dem Knecht des Hohepriesters und hieb ihm sein Ohr ab. Der Evangelist Johannes nennt Namen: Petrus war es, der das Schwert zog. Malchus hieß der Knecht, dem das Ohr abgeschlagen wurde.
Er könnte jederzeit Gott um Hilfe bitten, aber er war bereit, sein von Gott gewolltes Opfer für die Erlösung der Menschen zu erbringen: „Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?“ (Johannes 18,11b) Deshalb forderte er den Jünger auf, das Schwert wegzustecken: „Denn wer das Schwert nimmt, der soll durch das Schwert umkommen!“ (Matthäus 26,52b) Und Jesus ließ sich widerstandslos abführen.
Das war der Moment, der die Jünger in tiefe Verzweiflung stürzte. In Panik und Angst flohen sie in die finstere Nacht hinaus. Bestand für sie die Gefahr, ebenfalls verhaftet zu werden? Der Evangelist Johannes berichtet, dass Jesus eine Verhaftung seiner Jünger nicht ausschloss und die Soldaten bat: „Sucht ihr mich, so lasst diese gehen!“ (Johannes 18,8b) Der Hohepriester hatte sie durchaus im Blickfeld, wie das Verhör zeigen wird: „Er befragte nun Jesus über seine Jünger und über seine Lehre!“ (Johannes 18,19) Aber Jesus hatte erreicht, dass ihnen nichts passierte.
Als einziger fing sich Petrus wieder und kehrte in die Nähe des verhafteten Meisters zurück. Er hatte keinen bestimmten Plan, aber er wollte unbedingt erfahren, was mit Jesus passierte. Der Rabbi war in das Haus des Hohepriesters gebracht worden, wo ihm der Hohe Rat den Prozess machte.
Es war eine unruhige Nacht, in der es noch viel zu erledigen gab. Denn am nächsten Tag sollten einige Schwerverbrecher hingerichtet werden, und die Geistlichen wollten durchsetzen, dass Jesus mit ihnen starb. Die Mitglieder des Hohen Rates hatten sich im inneren Teil des Hauses versammelt, um über den verhafteten Jesus Gericht zu halten. Ihr Gesinde blieb im Hof und wartete, ob es für Dienste benötigt werden würde.
Der Prozess verlief nach Wunsch. Der Hohepriester Kaiphas hatte die Mitglieder des Hohen Rates von der Gefährlichkeit des Wanderpredigers überzeugt: „Es wäre gut, wenn ein Mensch stürbe für das ganze Volk!“ (Johannes 18,14b). Die Geistlichen waren sich einig, dass der Rabbi aus Galiläa sterben musste, um Schaden vom Glauben der Juden abzuwenden. Der Haken dabei war, dass nur der römische Statthalter ein Todesurteil verhängen durfte. Pontius Pilatus wollte es nicht unterschreiben, denn er war nicht von der todeswürdigen Schuld des gefangenen Predigers überzeugt. Aber da der Präfekt keine Standfestigkeit hatte, gab er schließlich wider besseres Wissen dem Druck des Hohen Rates und des aufgeputschten Volkes nach: „Da überantwortete er ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde!“ (Johannes 19,16) Jesus musste den Weg nach Golgatha antreten.
Doch der Jünger irrte sich, er blieb nicht anonym und unbehelligt. Dass man Petrus erkannt hatte, war nicht überraschend: zwischen dem umjubelten Einzug Jesu in Jerusalem und seiner Verhaftung in Gethsemane trat der Rabbi aus Galiläa wiederholt öffentlich im Tempel auf, und seine Jünger waren immer dabei, gut sichtbar für alle. Zwei Mägde und ein Knecht sprachen Petrus an: „Und du warst auch mit dem Jesus aus Galiläa!“ (Matthäus 26,69) Da verließ den Jünger sämtlicher Mut, und er tat etwas, was er nie für möglich gehalten hätte: „Er leugnete und schwor dazu: Ich kenne den Menschen nicht!“ (Matthäus 26,72) Simon Petrus zitterte vor Aufregung und Angst und wusste nicht, wie er aus der bedrohlichen Situation herauskommen sollte. Da krähte der Hahn, und Petrus erinnerte sich an die Worte Jesu: „Wahrlich, ich sage dir, in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnet haben!“ (Matthäus 26,34) Da begann er bitterlich zu weinen und ging weg aus dem Hof. Bis zum Ostersonntag wird nun auch er nicht mehr öffentlich in Erscheinung treten und mit den anderen Jüngern im Verborgenen bleiben.
Die Finsternis senkte sich über das Leben der Jünger. Ohne Jesus in ihrer Mitte war seine Botschaft nichts wert, seine Mission gescheitert. Eine Gemeinschaft, die sich zwar auf Jesus Christus beruft, ihn aber nicht mehr in ihrer Mitte hat – klingt das nicht sehr modern? Die Finsternis hat sich heute wieder über die Christenheit gesenkt, weil sie mit Jesus nur noch dem Namen nach zu tun hat. Aber der Mittelpunkt ist er längst nicht mehr.
Für die Jünger ging die Finsternis drei Tage später vorüber, als der Auferstandene den Platz in ihrer Mitte wieder einnahm. Aber wird die Helligkeit auch in unsere christliche Kirche zurückkehren? Lippenbekenntnisse am Ostersonntag werden nicht reichen. Jesus, der Auferstandene, muss so wie bei den Jüngern damals auch heute das Leben seiner Anhänger bestimmen: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme des lebendigen Wassers fließen!“ (Johannes 7,38)
Und wie sieht eine Welt aus, die nicht bereit ist, Jesus wieder in den Mittelpunkt zu stellen? „Weil die Ungerechtigkeit überhand nehmen wird, wird die Liebe erkalten.“ (Matthäus 24,12) So wird die Finsternis bleiben.
Ein sehr guter und mitfühelnder Beitrag. Ich konnte mich richtig in die Situation und Lage hineinfühlen.
AntwortenLöschenOhne Jesus fehlt das Licht- danach sollten wir leben, nicht nur reden.