Viele Jahre waren inzwischen vergangen, seit Babylon seinem Imperium auch das kleine Königreich Juda einverleibt hatte. Als Konsequenz der militärischen Niederlage musste ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung den Weg ins babylonische Exil antreten. Den Juden wurde Siedlungsgebiet zugewiesen, und die Menschen richteten sich ihr Leben in der neuen Heimat ein. Sie blieben bis auf weiteres unbehelligt. Einige von ihnen bekleideten höhere politische Ämter.
Drei von diesen Israeliten, Schadrach, Meschach und Abed-Nego, nahmen leitende Positionen ein und waren sehr angesehen. Gerade diese Prominenz wurde ihnen aber zum Verhängnis, als es König Nebukadnezar einfiel, einen neuen Kult einzuführen. Er „ließ ein goldenes Bild machen sechzig Ellen hoch und sechs Ellen breit und ließ es aufrichten in der Ebene Dura im Lande Babel.“ (Daniel 3,1) Aber das genügte dem König nicht, er forderte die Anbetung des neuen Götterbildes. Alle Bewohner Babylons hatten davor nieder zu fallen und auf den Knien ihre Verehrung zum Ausdruck zu bringen. Ausnahmen für Andersgläubige waren nicht vorgesehen: „Wer aber dann nicht niederfällt und anbetet, der soll sofort in den glühenden Ofen geworfen werden.“ (Daniel 3,6)
Schadrach, Meschach und Abed-Nego verweigerten den Kniefall, sie hielten an der Verehrung des einen einzigen Gottes Israels fest. Da sie in leitenden Positionen tätig waren, fiel ihr Ungehorsam sofort auf und wurde dem König gemeldet. Voll Zorn drohte ihnen Nebukadnezar mit der harten Bestrafung im Feuerofen. Aber die drei Israeliten ließen sich in ihrem Glauben nicht beirren: „Da wurden diese Männer in ihren Mänteln, Hosen, Hüten, in ihrer ganzen Kleidung, gebunden und in den glühenden Ofen geworfen.“ (Daniel 3,21) Feuerflammen schlugen aus dem unerträglich heißen Ofen, ein grausamer Tod stand ihnen bevor, weil sie Glaubensstärke bewiesen hatten und deshalb dem Feuer überantwortet worden waren.
Das Feuer für die Ketzer – die Geschichte wird sich in Europa ab dem Spätmittelalter bis in den Barock hinein wiederholen. Sie sollen ihren Verrat am rechten Glauben auf dem Scheiterhaufen sühnen, das Feuer ihre Seele reinigen. Tausende wurden für ihre religiöse Überzeugung, wenn sie von den Herrschenden als Irrglaube eingestuft wurde, auf dem Pfahl zum Verbrennen angekettet – und sie starben im Feuer auch tatsächlich, qualvoll unter entsetzlichen Schmerzen. Nicht so wie Schadrach, Meschach und Abed-Nego, die unversehrt das Feuer verlassen konnten. Aber ihre Geschichte ist auch eine Märtyrerlegende, für die stets ein glücklicher Ausgang vorgesehen ist. Denn sie soll ein Lehrstück sein für fromme Menschen, die Stärke für ihren Glauben in der Bibel suchen. Ein Tatsachenbericht ist es nicht, wer ins Feuer gestoßen wird, stirbt darin auch.
Der beißende Rauch verbrannten Fleisches stieg von den Scheiterhaufen auf gen Himmel, aber er diente nicht dazu, Gott zu erfreuen. Das war früher der Fall, in der Antike, als auf Altären getötete Tiere, Räucherwerk und Feldfrüchte zur Verehrung einer Gottheit auf einem Altar verbrannt wurden. Die Menschen glaubten, dass „der Herr den lieblichen Geruch roch“ (1 Mose 8,21a) und seine Freude hatte an dem Rauch, der tagtäglich zu ihm hoch stieg.
Warum hatte sich eigentlich im Altertum der kultische Brauch der Brandopfer entwickelt? War der Rauch der Grund, weil man überzeugt war, mit ihm Gott im Himmel zu erreichen? Das liegt nahe, denn in jener fernen Vergangenheit wussten die Menschen nichts vom unendlichen Weltall, die Erde galt als eine Scheibe, über der sich der blaue Himmel, die Wohnstatt Gottes, wölbte. Begründet auf dieser Weltsicht bauten die Menschen nicht nur Altäre für die Brandopfer, sondern auch Stufentempel, um ihrer Gottheit näher zu kommen. Wie die Geschichte von der Stimmenverwirrung beim Turmbau von Babel zeigt, nicht immer in Demut und Frömmigkeit.
Mit Jesus Christus endete die religiöse Praxis der Brandopfer. Er hat dies während seiner Zeit als Wanderprediger nie mitgemacht und in seinen Predigten die Menschen dazu aufgefordert, den Opferrauch durch Gebete zu ersetzen. Dadurch hat Jesus die persönliche Beziehung zu Gott an die Stelle der kultischen Routine, die man gedankenlos nach bestimmten Regeln abspulte, gestellt.
Darüber hinaus war das grundlegende Element in Jesu Predigten die Botschaft vom Reich Gottes, das verheißene Ziel, das ewige Leben im Himmelreich zu erlangen. Wer die Ewigkeit im Paradies verbringen darf, entscheidet sich beim Gericht Gottes nach dem Weltuntergang. Alle Menschen werden es nicht sein.
Der Messias ist der Ackerbauer, der den Menschen das Evangelium bringt - also den guten Samen sät. Nun ist es an den Menschen, die frohe Botschaft von der Liebe Gottes anzunehmen, ob sie Unkraut oder Weizen sein wollen. Die Ernte ist das Ende der Welt und jener Zeitpunkt, zu dem bei den Menschen die Guten von den Bösen getrennt werden: „Der Messias wird sammeln alles, was zum Abfall verführt hat und Unrecht getan hat; und diese werden in den Feuerofen geworfen werden; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“ (Matthäus 13,41.42) Die Botschaft, die Jesus als Wanderprediger an die Menschenmenge in Galiläa gerichtet hat und die unverändert für uns heute gilt, lautet: im Diesseits wird kein Unterschied gemacht zwischen jenen Christen, die treu in der Nachfolge des Messias stehen, und jenen, die sich nur noch wenig oder gar nicht mehr für Jesus Christus interessieren und nicht mehr nach dem Evangelium leben. Mit einem sorglosen Leben wird Glaubenstreue erst im Paradies belohnt: „Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in meines Vaters Reich!“ (Matthäus 13,43)
Der Zeitpunkt der Apokalypse ist uns völlig unbekannt, allein Gott kennt ihn. Das Ende der Welt wird zwar für die Menschen überraschend einsetzen, aber nicht im Verborgenen passieren: „Es wird des Herrn Tag kommen wie ein Dieb; aber dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden ihr Urteil finden.“ (2. Petrusbrief 3,10) Gott der Schöpfer wird nach seinem Willen das, was er einst aus dem Nichts geschaffen hat, beenden, wenn er den richtigen Zeitpunkt gekommen sieht: „So werden der Himmel, der jetzt ist, und die Erde durch dasselbe Wort aufgespart für das Feuer, bewahrt für den Tag des Gerichts und der Verdammnis der gottlosen Menschen.“ (2. Petrusbrief 3,7)
Noch bewachen Engeln den Zugang zum Paradies, dem Reich Gottes: „Und Gott trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit den flammenden, blitzenden Schwertern, zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens.“ (1 Mose 3,24). Aber es wird der Tag kommen, an dem Jesus zurückkehren und die Apokalypse einleiten wird, wie er vor seiner Himmelfahrt angekündigt hat: „Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen“ (Offenbarung 1,7a) Und dann hält Gott Gericht über die Menschen: „Und ich sah die Toten, groß und klein, stehen vor dem Thron Gottes, und Bücher wurden aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Menschen werden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben steht, nach ihren Werken.“ (Offenbarung 20,12)
Gottes Maßstab für sein Urteil ist die Barmherzigkeit: „Erhaltet euch in der Liebe Gottes, und wartet auf die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben.“ (Judasbrief, Vers 21) Jesus hat es bereits in der Bergpredigt verkündet: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen!“ (Matthäus 5,7) Das bedeutet, dass entscheidend dafür, wie nachsichtig oder hart Gott beim Jüngsten Gericht urteilen wird, ist, wie barmherzig ein Mensch mit seinen Mitmenschen umgegangen ist. Vergebung von Gott kann nur jener Sünder erlangen, der bereit war, seinen Schuldnern zu vergeben: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“ (Matthäus 6,14.15)
Wissend um diese Zukunft für die Schöpfung und die Geschöpfe Gottes gilt es, seinen Lebenswandel danach auszurichten: „Wenn nun das alles so zergehen wird, wie müsst ihr dann dastehen in heiligem Wandel und frommem Wesen, die ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und erstrebt, an dem die Himmel vom Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden. Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.“ (2. Petrusbrief 3,11-13)
Wenn jetzt Christen meinen, dass sie als Mitglieder der Kirche auf der sicheren Seite stehen und sie sich als Getaufte nicht weiter um das Evangelium bemühen müssen, schickt ihnen Jesus eine enttäuschende Botschaft. Er erinnert sie in aller Deutlichkeit daran, dass er seine echten Anhänger an ihren Früchten, d.h. an ihrem Lebenswandel entsprechend dem Evangelium, erkennt. „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich kommen, sondern nur die, die den Willen tun meines Vaters im Himmel.“ (Matthäus 7,21) Die anderen wird Jesus am Ende der Zeit zurückweisen: „Ich habe euch noch nie gekannt, weicht von mir, ihr Übeltäter!“ (Matthäus 7,23)
Für diese Gruppe von Christen lässt Jesus keinen Zweifel daran, wohin sie ihr Weg nach dem Jüngsten Gericht führen wird: „Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie müssen verbrennen.“ (Johannes 15,6) Es steht aber jedem frei umzukehren und wieder Jesus Christus in die Mitte seines Lebens zu stellen. Er ist jederzeit zur Vergebung bereit.