Samstag, 29. September 2018


Jesus heilt eine verkrümmte Frau

Es war Sabbat, und Jesus ging in die Synagoge, um zu lehren. Vor dem Gebäude begegnete ihm eine ältere Frau, die wegen einer Wirbelsäulenerkrankung gekrümmt gehen musste und sich nicht mehr aufrichten konnte.

Frauen hatten in der Antike schon von vornherein ein schweres Leben. Zur Rechtslosigkeit kamen noch die schwere körperliche Arbeit und die große Anzahl von Schwangerschaften. Es war schon für gesunde Frauen nicht leicht, einen geachteten Platz in der Gemeinschaft zu finden. Aber wenn sie körperbehindert waren und die von einer patriachalischen Gesellschaft geforderten weiblichen Pflichten nicht erfüllen konnten, fristeten sie ein Leben ohne Perspektive. Ihnen blieb nur die Bettelei, um nicht zu verhungern.

Jesus zögerte nicht, der Frau zu helfen: „Als er sie sah, rief er sie zu sich und sprach zu ihr: Frau, sei frei von deiner Krankheit! Und er legte die Hände auf sie; und sogleich richtete sie sich auf und pries Gott.“ (Lukas 13,12.13) Eine Tat der Güte und der Barmherzigkeit im Namen Gottes – aber nicht in den Augen einiger anwesender Zuschauer. Der Vorsteher der Synagoge murrte über Jesus und erinnerte ihn an die Schöpfungsgeschichte im 1. Buch Mose: „Es sind sechs Tage, an denen man arbeiten soll; an denen kommt und lasst euch heilen, aber nicht am Sabbattag.“ (Lukas 13,14b) Der Geistliche verurteilte die Heilung nicht grundsätzlich, sondern nur, weil sie am Sabbat, dem Feiertag, geschehen war.

Es war in den heiligen Büchern des Judentums genau geregelt, welche Arbeiten am Sabbat erledigt werden durften und welche nicht. Heilungen übertraten nach Überzeugung der Pharisäer und Schriftgelehrten das Sabbatgesetz eindeutig.

Jesus stellte das Sabbatgesetz auch nicht grundsätzlich in Frage, aber er lehnte es ab, Menschen um einer Regel willen leiden zu lassen. Er weigerte sich einzusehen, dass dies zur höheren Ehre Gottes erforderlich sei. Jesus hielt seinen Kritikern vor, sie würden mit zweierlei Maß messen: „Ihr Heuchler! Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder seinen Esel von der Krippe los und führt ihn zur Tränke?“ (Lukas 13,15) Jesus empfand es als Scheinheiligkeit, die Sabbatgesetze so zu formulieren, dass die Leute keinen materiellen Schaden an diesem Tag hätten, aber Hilfe für den notleidenden Mitmenschen keine Berechtigung habe, sondern sogar als Sünde verurteilt werde. Denn wie konnte ein Mensch Gott stärker seine Verehrung zeigen, als wenn er dessen Gebot der Nächstenliebe befolgte? Jesus kann die Anwesenden von seiner Sichtweise überzeugen, offenbar auch den Vorsteher der Synagoge: „Und als er das sagte, mussten sich schämen alle, die gegen ihn gewesen waren. Und alles Volk freute sich über alle herrlichen Taten, die durch ihn geschahen.“(Lukas 13,17)

Aber letztendlichen sollten sich die geistlichen Kritiker von Jesus gegen seine Anhänger durchsetzen und ihn als Störefried beseitigen. Einer jener entscheidenden Gründe, die ihm die Todfeindschaft der Pharisäer und Schriftgelehrten eintrug, waren seine Übertretungen der Sabbatgesetze. Diese Personengruppe konnte Jesus nicht davon überzeugen, dass viele religiöse Gesetze inzwischen zu einem leeren Ritual, zu einer reinen Buchstabenfrömmigkeit verkommen waren und nicht mehr der Verehrung Gottes dienten, sondern nur noch der Existenzberechtigung der geistlichen Amtsinhaber.

Dabei hat Jesus keineswegs der Beliebigkeit im Glauben das Wort geredet. Im Gegenteil, er verschärfte in vielen Punkten die Vorschriften der Tora. Aber ihm ging es stets um die Gesinnung und die innere Aufrichtigkeit im Glauben und nicht um das routinemäßige, äußerliche Befolgen von Regeln. Damit kann man die Mitmenschen täuschen und gut da stehen, aber Gott sieht ins Herz und weiß, wie ernst es dem Menschen mit seinem Glauben wirklich ist: „Habt acht auf eure Frömmigkeit, dass ihr die nicht übt vor den Leuten, um von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel.“ (Matthäus 6,1) Dem strikten und unnachgiebigen Gesetzesgehorsam der Pharisäer und Schriftgelehrten setzte Jesus Barmherzigkeit, Vergebungsbereitschaft und Nächstenliebe entgegen: „Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.“ (Matthäus 5,8)

Wie eine Gesellschaft funktioniert, die meint ohne Jesus Christus auszukommen, sieht nach dem Apostel Paulus so aus: „Wenn ihr euch aber untereinander beißt und fresst, so seht um, dass ihr nicht einer vom anderen aufgefressen werdet.“ (Galater 5,15) Von einer Gesellschaft, die nach diesen Regeln funktioniert, haben nur die Starken und Rücksichtslosen einen Vorteil. Ein Leben in der Gemeinschaft mit Jesus Christus dagegen bietet allen Geborgenheit: „Tut nichts aus Eigennutz oder um der Ehre willen, sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.“ (Philipper 2,3.4)

1 Kommentar:

  1. leider ist es so, dass nur auf den vorteil geschaut wird, aber nicht mehr auf die gemeinschaft! da muss man selbst sehr stark sein, damit man sich nicht hineinziehen lässt.
    Der beitrag hat mir sehr gut gefallen, und er zeigt das wesentliche auf :)

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