Samstag, 12. Januar 2019


Der Jüngling zu Nain

Eines Tages kam Jesus mit seinen Jüngern in die Stadt Nain. Ihnen folgten zahlreiche Anhänger. „Als er aber nahe an das Stadttor kam, siehe, da trug man einen Toten heraus, der der einzige Sohn seiner Mutter war, und sie war Witwe; und eine große Menge aus der Stadt ging mit ihr.“ (Lukas 7,12)

Für die Frau war der Verlust ihres einzigen Kindes ein doppelt schwerer Schicksalsschlag. Erstens war es der große Schmerz einer Mutter, ihren Sohn beerdigen zu müssen. Für Eltern gibt es kein größeres Leid. Und zweitens stand sie nun vor dem existenziellen Nichts. Denn Witwen erbten von ihren verstorbenen Männern nichts und waren in ihrem Alltagsleben von der Versorgung durch ihre Söhne abhängig. Vor dieser Frau, die nun keinen Sohn mehr hatte, lag ein Leben in Einsamkeit und Not.

Jesus sah den Leichenzug, blieb stehen und erkannte gleich das Problem dieser weinenden Mutter: „Und als sie der Herr sah, jammerte sie ihn, und er sprach zu ihr: Weine nicht!“ (Lukas 7,13) Jesus fand aber nicht nur tröstende Worte: „Und Jesus trat hinzu und berührte den Sarg, und die Träger blieben stehen. Und er sprach: Jüngling, ich sage dir, steh auf! Und der Tote richtete sich auf und fing an zu reden. Und Jesus gab ihn seiner Mutter.“ (Lukas 7,14.15)

Der Vorfall erregte großes Aufsehen. Wer war dieser Rabbi, der einen Toten wieder ins Leben zurückholen konnte? „Und Furcht ergriff sie alle, und sie priesen Gott und sprachen: Es ist ein großer Prophet unter uns aufgestanden, und: Gott hat sein Volk besucht. Und diese Kunde von ihm erscholl im ganzen umliegenden Land und auch in ganz Judäa.“ (Lukas 7,16.17) So konnte es nicht ausbleiben, dass das Ereignis auch den Pharisäern und Schriftgelehrten zu Ohren kam. Sie teilten – wenig überraschend - die Begeisterung des Volkes nicht und verweigerten Jesus weiterhin die Anerkennung als den von Gott gesandten Messias. 

Aber auch ein anderer blieb skeptisch: Johannes der Täufer. Dessen Jünger waren mit den Neuigkeiten aus Nain zu ihm gekommen und hatten ihm von dem Wunder berichtet. Der Täufer reagierte mit Zurückhaltung. Er rief zwei seiner Jünger zu sich und „sandte sie zu Jesus und ließ ihn fragen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ (Lukas 7,19)

Jesus hörte sich die Anfrage des Johannes an und schickte die beiden Männer rmit folgender Botschaft zum Täufer zurück: „Geht und verkündet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf, Armen wird das Evangelium gepredigt.“ (Lukas 7,22) Das, was Jesus hier in seiner Antwort zusammenfasst, ist nichts weniger als ein revolutionäres, neues Gesellschaftsmodell: in einer christlichen Gemeinschaft gibt es keine Randgruppen mehr, keine wegen einer Krankheit oder aus Geldmangel Ausgegrenzten. Jesus wusste, dass sein Ideal von einer Gemeinschaft, in der alle gleich viel wert sind, bei jenen, die sich wegen einer höheren gesellschaftlichen Stellung überlegen fühlen, nicht so gut ankommt. Deshalb fügte Jesus hinzu: „Und selig ist, wer sich nicht ärgert an mir.“ (Lukas 7,23)

Diese Worte sind auch an uns gerichtet. Wir müssen Jesus so akzeptieren, wie wir ihn in den Evangelien kennenlernen: als den von Gott gesandten Messias, der mit göttlicher Hilfe Wunder vollbringt, um sozial Geächteten die Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen. Die Botschaft ist klar: vor Gott sind alle Menschen gleich viel wert und sollen auch von ihren Mitmenschen so behandelt werden. Und Jesus hofft, dass wir seinem Vorbild nacheifern.

Nun können wir es natürlich nicht so machen wie Jesus, denn wir verfügen nicht über die Fähigkeiten, Wunderheilungen zu vollbringen. Doch haben wir auf andere Weise die Möglichkeit, das Gesellschaftsmodell von Jesus umzusetzen: indem wir Mitmenschen, die wegen einer Krankheit, einer Behinderung oder existenzieller Notlage in Gefahr geraten, aus der Gemeinschaft herauszufallen, auffangen. Aber nicht durch mitleidige Almosen, sondern durch Nächstenliebe und das Verständnis, dass manche Menschen besondere Rücksichtnahme brauchen. So wie es uns der Apostel Paulus mit auf den Weg gibt: „Ein jeder sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war.“ (Philipperbrief 2,5)

1 Kommentar:

  1. Eine wundervolle Botschaft, die uns Jesus mitteilt und du uns wieder gegeben hast! :)

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