Samstag, 3. August 2019


Die Wüste als Ort der Gotteserfahrung


Es ist Stille. Kein Geräusch durchdringt sie, kein Lärm, kein Geschrei. Nur Ruhe ringsum. In der Wüste ist man allein mit sich selbst und seinen Gedanken. Sand soweit das Auge reicht, und der endlose blaue Himmel über der Stille – nichts lenkt ab, nichts erregt Aufmerksamkeit.

In den Geschichten der Bibel kommen die Verfasser immer wieder auf die Wüste zurück. Die Gründe, die Einzelne oder Gruppen in die sandige Einöde führen, sind unterschiedlich. Aber egal, warum sie hingehen, die harten Lebensbedingungen stellen alle auf eine schwere Probe.

Es begann mit dem Volk Israel auf seiner Flucht vor dem Pharao. Gott wies Moses an, die bequeme Route entlang des Mittelmeeres zu meiden und den Weg Richtung Sinai einzuschlagen: Und am ersten Tag des dritten Monats nach dem Auszug der Israeliten aus Ägyptenland, genau auf den Tag, kamen sie in die Wüste Sinai.“ (2 Mose 19,1) Noch folgten die Hebräer voller Begeisterung Moses auf die Halbinsel Sinai, aber das sollte sich bald ändern. Denn sie erwartete eine Geröllwüste ohne Flüsse, Brunnen und Oasen, in denen man sich mit Essen und Trinken hätte versorgen können. 
Der Ärger über die sehr dürftige Versorgungslage entlud sich regelmäßig: „Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des Herrn Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und Brot in Fülle aßen. Denn ihr habt uns dazu herausgeführt in diese Wüste, dass ihr diese ganze Gemeinde an Hunger sterben lasst.“ (2 Mose 16,3) Mit diesem Gejammer wird es die nächsten Jahre weitergehen, auch wenn den Leuten klar war, dass Gott niemanden von ihnen verhungern lassen wird. Und so wird das Volk Israel trotz aller schmerzlichen Entbehrungen seinem Gott treu bleiben. Und er wird es letztendlich aus der Wüste wieder herausführen in das fruchtbare Land, das einst Abraham und seinen Nachkommen Heimat war.

Prüfungen, die uns Gott auferlegt, haben ein Ablaufdatum: das will uns die Wüstenwanderung der Hebräer sagen. Und diese symbolhafte Aussage wird durch die Versuchsgeschichte, die Matthäus und Lukas über Jesus berichten, bestätigt. Bevor dieser Nazareth verließ, um als Prediger durch Galiläa zu wandern, zog sich Jesus in die Wüste zurück, um zu meditieren und sich Gedanken über sein zukünftiges, öffentliches Wirken zu machen. Wird er den Anforderungen gewachsen sein? Er stellte das angenehme, geordnete Leben, das ihn als Zimmermann in Nazareth erwartete, der entbehrungsreichen Mission im Namen Gottes gegenüber. Als Rabbi würde er sich mit einfachen Mahlzeiten zufrieden geben müssen und keine Aussicht auf Reichtum und Karriere haben.

Zum Segen der Menschheit hat Jesus sich dafür entschieden, sich seiner von Gott gewollten Aufgabe als Messias zu stellen und nicht den eigenen Bequemlichkeiten den Vorzug zu geben. Die Erfahrung, die Jesus damals in der Wüste machte, wird er in der Bergpredigt an seine Anhänger und somit auch uns weiter geben und fordern, seinem Beispiel zu folgen: „Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.“ (Matthäus 6,31-33)

40 Jahre lang zogen die Israeliten durch die Halbinsel Sinai, 40 Tage verbrachte Jesus allein in der Wüste: wie lange es tatsächlich gedauert hat, wissen wir nicht. Der Zeitraum ist symbolisch, denn 40 ist eine heilige Zahl, die auf das besondere Eingreifen Gottes in einen geschichtlichen Ablauf hinweisen soll. In den genannten Beispielen ist der Vorgang mit großen Entbehrungen für die Beteiligten verbunden, die offensichtlich von Gott gewollt waren. Daraus geht die Botschaft hervor, dass Entbehrungen nicht bedeuten, dass Gott sich abgewandt hat. Im Gegenteil soll uns vor Augen geführt werden, dass man auch als gläubiger Mensch in dieser Welt keinen Anspruch auf ein pausenlos sorgloses Leben hat. Das nämlich wird es erst im Reich Gottes geben: „Denn unsre Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit bei Gott.“ (2 Korintherbrief 4,17) Was wir darunter verstehen können, beschreibt der Apostel Paulus in seinem Brief weiter: „Denn wir wissen: wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel.“ (2 Korintherbrief 5,1)

Sich freiwillig oder unfreiwillig in die Wüste zurückzuziehen und Entbehrungen zu ertragen, ist heutzutage ein eher seltenes Phänomen geworden. Aber sogenannte Durststrecken sind uns allen bekannt. Gemeint sind damit Zeiten, in denen sich Rückschläge und Unglücksfälle häufen, ohne dass man sie verhindern kann. Alles geht schief, und Gott reagiert scheinbar nicht auf Gebete, auch wenn sie noch so flehentlich vorgetragen werden. Auch für sehr gläubige Christen ist so eine Zeit der Prüfung nicht leicht auszuhalten, und da sie um die Allmacht Gottes wissen, ist ihnen auch bewusst, dass Gott schwere Belastungen verhindern oder schnell beenden kann. Und dann lässt er doch auf seine Hilfe warten – zumindest empfindet man das so und hadert mit Gott.

Wir Menschen wollen – verständlicherweise – ein leichtes, angenehmes Leben führen und gehen davon aus, dass fromme Menschen von Gott für ihren treuen Glauben in dieser Welt belohnt werden. Das ist aber eine Fehleinschätzung. So eine Zusage findet sich in der ganzen Bibel nirgends. Was die Heilige Schrift zusagt, ist die Belohnung für ein Leben im Glauben an Jesus Christus im Jenseits, wenn das Reich Gottes angebrochen ist. Das heißt aber nicht, dass Gott uns nicht auch in diesem Leben beschützt und uns hilft: „Der Herr ist mein Hirte“ beginnt der Psalm 23 und richtet den Verzweifelten mit den Worten auf: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir; dein Stecken und Stab trösten mich.“ (Psalm 23,4)

Doch es ist nicht immer der einfache und rasche Weg, mit dem Gott aus der Durststrecke heraus hilft, aber das ist kein Grund, sich verbittert von Gott abzuwenden. Denn auch wenn wir das Gefühl haben, Gott habe sich abgewandt, dann stimmt das sicher nicht. Gott ist treu in seiner Liebe, und ein Leben in seiner Obhut ist immer ein Gewinn: „Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang; und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“ (Psalm 23,6)

1 Kommentar:

  1. Ein sehr schöner Blog! Er ist sehr informativ, und ich finde, es erklärt übersichtlich, was es bedeutet den Weg mit Gott zu gehen :) Ein sehr gelungener Beitrag, der so vieles Wichiges aussagt!

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