Liebe
zu den gering Geschätzten in der Gesellschaft
Der
Ruf des Rabbis aus Nazareth, der nicht nur über das Reich Gottes zu
den Menschen predigte, sondern ihnen auch durch Heilungswunder aus
aussichtslosen, verzweifelten Situationen half, verbreitete sich
schnell in ganz Palästina. Das führte dazu, dass viele Bewohner aus
den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten mit ihren Anliegen zu
ihm kamen.
Eines
Tages wandte sich ein Angehöriger der politischen Elite an ihn: „Und
Jesus kam abermals nach Kana in Galiläa, wo er das Wasser zu Wein
gemacht hatte. Und es war ein Mann im Dienst des Königs; dessen Sohn
lag krank in Kapernaum.“ (Johannes 4,46)
Als dieser Vater
hörte, dass Jesus nach Kana kam „ging er hin
zu ihm und bat ihn, herabzukommen und seinem Sohn zu helfen; denn der
war todkrank.“ (Johannes 4,47b) Der Hofbeamte flehte den
Rabbi an, seinem Kind zu helfen, bevor es stirbt: „Und
Jesus spricht zu ihm: Geh hin, dein Sohn lebt! Der Mensch glaubte dem
Wort, das Jesus zu ihm sagte, und ging hin.“ (Johannes 4,50)
Auf dem Weg nach Hause liefen ihm schon die Knechte entgegen und
riefen ihm zu, dass sein Sohn lebe.
Für
den Hofbeamten war viel auf dem Spiel gestanden, denn der Tod des
Sohnes wäre auch für seinen gesellschaftlichen Status ein schwerer
Schlag gewesen. In der Antike war die Geburt eines gesunden Buben das
wichtigste Ereignis. Das Ansehen des Familienoberhauptes hing davon
ab, viele Söhne er vorweisen konnnte. Wir können im 1. Buch Mose
bei den Erzvätergeschichten nachlesen, was für Dramen sich
abspielten, wenn es mit dem männlichen Nachwuchs nicht klappte. Für
den königlichen Beamten aber war nun die Welt wieder in Ordnung,
denn Jesus hatte ihm geholfen und seinen Buben gerettet.
Aber
waren die Menschen damals wirklich nur interessiert, sich für das
Leben ihrer wohlgeratenen Söhne einzusetzen? Die Evangelien sagen
„Nein“ und bringen Beispiele dafür, dass Liebe und Mitgefühl
vieler Menschen über die vorherrschenden Werte hinausging. Mädchen,
Knechte, behinderte Söhne hatten nach damals geltender Norm kein
Ansehen – aber sie hatten Familienmitglieder, denen ihr Wohlergehen
ungeachtet ihrer gesellschaftlichen Bedeutungslosigkeit am Herzen
lag. Auch sie kamen zu Jesus und flehten ihn um Hilfe an. Und sie
kamen nicht umsonst. Denn dem Rabbi aus Nazareth waren sie genauso
willkommen wie der Hofbeamte: denn für Jesus zählte jeder Mensch
gleich viel. Für ihn gab es keine Werteskala von wichtigen und
unwichtigen Mitgliedern der Gesellschaft. Jesus setzte sich damit
über die geltenden Normen hinweg. Und gerade deshalb vertrauten ihm
die Leute.
So
trat eines Tages ein Mann auf Jesus zu, der zwar Vater eines Sohnes
war - aber dieses Kind war geistig behindert. Völlig verzweifelt bat
er Jesus um Hilfe: „Herr, erbarme dich über
meinen Sohn, denn er ist mondsüchtig und hat schwer zu leiden; er
fällt oft ins Feuer und oft ins Wasser.“ (Matthäus 17,15)
Und auch der Vater einer Tochter wollte sein Kind nicht einfach
verlieren, nur weil es ein Mädchen war: „Da
kam einer von den Vorstehern der Synagoge, mit Namen Jairus. Und als
er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen und bat ihn sehr und sprach:
Meine Tochter liegt in den letzten Zügen; komm doch und lege deine
Hände auf sie, damit sie gesund werde und lebe.“ (Markus
5,22.23)
Beide Väter wurden von Jesus nicht abgewiesen. Ohne zu
zögern heilte er ihre Kinder.
Ganz
ungewöhnlich war allerdings ein anderer Mann, der sich eines Tages
an Jesus wandte. „Als Jesus nach Kapernaum
hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn und sprach: Herr,
mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große
Qualen.“ (Matthäus 8,5.6) Bemerkenswert ist, dass es sich
um einen römischen Hauptmann handelte, der in Palästina stationiert
war. Rom übte als Besatzungsmacht die Oberhoheit über die Länder
rund um das Mittelmeer aus, mischte sich aber nicht in die Religion
der eroberten Völker ein. Auffällig ist nicht nur, dass sich ein
römischer Soldat, der eigentlich an viele Götter glaubte, an einen
jüdischen Rabbi wandte, sondern auch die Sorge des hochgestellten
Militärs um einen seiner Bediensteten. Denn die Römer waren nicht
für ihre Fürsorge für ihre Hausangestellten bekannt. Besonders
rücksichtslos gingen sie mit ihren Sklaven um, deren Arbeit doch
immerhin Roms Wohlstand sicherte. Dieser
Hauptmann dachte offenbar anders. Denn als Jesus sich bereit
erklärte, mit ihm in sein Haus zum Kranken zu gehen, wehrte er ab:
„Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein
Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“
(Matthäus 8,8) Jesus war beeindruckt vom Glauben des Römers und
machte seinen Knecht gesund zu derselben Stunde.
Die
Evangelisten berichten wiederholt von Menschen, denen jene wichtig
sind, die in der Gesellschaft keine Anerkennung genießen und für
die Gemeinschaft leicht „ersetzbar“ sind. Das ist ein wichtiger
Hinweis auf die Werte in der christlichen Kirche, in der jedes
Mitglied dieselbe Bedeutung hat und es keine Über- und Unterordnung
gibt. Wir müssen zugeben, dass dieses Ideal in der Praxis nicht
annähernd so eingehalten wird, wie Jesus es sich gewünscht hat.
Aber das ist kein Grund, nicht unbeirrt weiter danach zu streben.
Denn die Einladung, die Jesus ausgesprochen und an ALLE
gerichtet hat, gilt für uns heute genauso wie für seine
Zeitgenossen damals:
ich will euch
erquicken.
Nehmt
auf euch mein Joch und lernt von mir,
denn ich bin sanftmütig und
von Herzen demütig;
so
werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Denn mein Joch ist sanft,
und meine Last ist leicht.“
(Matthäus
11,28-30)


Ein toller Beitrag, der gut daran erinnert, wie bamherzig Jesus ist!
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