Sonntag, 20. Oktober 2019


Die königliche Hochzeit
(Matthäus 22,1-14)

Nach seinem Einzug in Jerusalem am Palmsonntag hielt sich Jesus häufig im Tempel auf und predigte zu den Menschen. Viele hörten ihm zu - ungeachtet der allgemein bekannten Feindseligkeiten der Pharisäer und Priester gegen ihn. Aber noch konnte Jesus ungehindert öffentlich auftreten. Und so wie früher in Galiläa sprach er auch in Jerusalem zu den Leuten in Gleichnissen.

In einem nimmt er Bezug auf ein besonders freudiges Ereignis im Alltag der Bevölkerung: auf ein Hochzeitsfest. Eine Heirat ist immer ein Anlass zur Freude. Zwei Menschen, die sich lieben, feiern mit Familie und Freunden einen entscheidenden Tag in ihrem Leben. Ab nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Dieses Ereignis wollen sie gebührend begehen mit Spaß, Musik, gutem Essen.

Im Mittelpunkt all seiner Predigten stand das Reich Gottes - und damit begann Jesus auch dieses Gleichnis: „Das Himmelreich gleicht einem König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete.“ (Vers 2) Schon der erste Satz dieser kleinen Geschichte ist voller Symbolbegriffe. Das Himmelreich ist das Paradies, und der König, der darüber herrscht, ist Gott, der Schöpfer. In seinen Garten Eden lädt er die Menschen, die er erschaffen hat, ein. Und der Weg dahin ist die Teilnahme an einer Hochzeit, die Gott selbst ausrichtet. Die Gäste, die zur Vermählung kommen sollen, sind jene Menschen, die ihr Leben im Glauben an Gott und mit ihm führen.

Und mit der Einladung der Gäste durch die Eltern des Brautpaares nimmt üblicherweise das Fest seinen Anfang, so auch im Gleichnis: Und Gott sandte seine Knechte aus, die Gäste zur Hochzeit zu laden; doch sie wollten nicht kommen.“ (Vers 3) Eine Ablehnung? Wieso das denn? Ist es nicht eine große Freude und Ehre, auf einer Gästeliste zu stehen? Müsste man nicht eher gekränkt sein, wenn man nicht zu den Geladenen gehört? Offenbar ist die Hochzeit, die Gott ausrichtet, nicht für alle Geladenen interessant. Nicht jeder hat Lust teilzunehmen.

Mit den Knechten, die Gott zuerst ausschickte, meinte Jesus die Propheten, die zur Zeit des Alten Testaments öffentlich auftraten und den Menschen den Willen Gottes verkündeten. Ein schwieriges Unterfangen, wie sich zeigen sollte. In einer polytheistischen Umgebung und einem harten Existenzkampf, in dem man dem Boden die Früchte erst mühsam abringen musste und die Ernte ständig von Kriegen bedroht war, geriet der Glaube an den einen Gott schnell in den Hintergrund. Die Belastungen im Diesseits überlagerten die Ansprüche eines fernen Gottes, und die Gläubigen begannen, ihrer schwierigen Lebenswelt mehr Aufmerksamkeit zu schenken als Gott. Die meisten Menschen beachteten die Propheten nicht weiter und lebten nur dort ihren Glauben, wo er sich bequem in ihren Alltag einfügen ließ.

Aber Gott gab nicht auf, zu wichtig waren ihm die Menschen: „Abermals sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Gästen: Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet, und alles ist bereit, kommt zur Hochzeit.“ (Vers 4) Neue Propheten wurden beauftragt. Im Alten Testament kann man in den vielen Prophetenbüchern und -berichten nachlesen, wie unbeirrt Gott seine Abgesandten zu den Menschen schickte, um sie für sein Himmelreich zu gewinnen. Jesus gab in diesem Gleichnis einen Einblick in die Fülle des Paradieses: seht ihr, wie gut es euch dort gehen wird! 
 
Die geschlachteten Tiere, die die überwiegende Bevökerung des alten Israel nie auf den Teller bekam, sind natürlich symbolisch gemeint, denn im Reich Gottes stirbt keiner mehr, auch die Tiere nicht, die im Garten Eden das ewige, endlich artgerechte Leben erwartet. Aber selbst die Aussicht auf „gefüllte Fleischtöpfe“ beeindruckte die meisten Geladenen nicht: „Aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf den Acker, der andere an sein Geschäft.“ (Vers 5)  

Das waren die harmlosen Reaktionen der Desinteressierten, die zu ihrer Alltagsbeschäftigung zurückkehrten. Andere Leute waren weniger zimperlich und verlegten sich auf eine Radikallösung: „Einige aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie“ (Vers 6) Und so half es nichts, als Gott zuletzt seinen Sohn, den Messias, zu den Menschen schickte. Jesus von Nazareth musste für seine Predigten vom Reich Gottes am Kreuz sterben. Als Wanderprediger hatte Jesus unermüdlich die Leute zur Umkehr in ihrem Glaubensleben aufgerufen, damit sie Eingang ins Reich Gottes erlangen können. Trotz der anfänglichen Begeisterung, die Jesus in Galiläa mit der Verkündigung des Evangeliums auslöste, verweigerten die meisten Zuhörer am Ende Jesus die Gefolgschaft. Aufgebracht wandte sich die Volksmenge gegen ihn, und der Messias wurde gekreuzigt. Damit schien eine neuerliche Einladung zur Hochzeit gescheitert.
Aber dann begann eine andere Taktik von Gott zu greifen, und eine neue Hoffnung auf das Himmelreich kam in die Welt: Jesus, der Gekreuzigte, wurde durch seine Auferstehung von den Toten am Ostersonntag zum Erlöser der Welt. Jesus wurde dem Leben wieder zurückgegeben -und mit ihm lebte auch das Evangelium, das er zu den Menschen gebracht hatte, weiter. Damit war die Einladung Gottes uneingeschränkt in der Welt. Jesu Jünger wurden zu Aposteln und verbreiteten die frohe Botschaft vom Reich Gottes über Palästina hinaus im ganzen Römischen Reich: „Dann sprach der König zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Gäste waren‘s nicht wert. Darum geht hinaus auf die Straßen und ladet zur Hochzeit ein, wen ihr findet.“ (Vers 8.9)

Eine leichte Aufgabe war die Missionstätigkeit der urchristlichen Gemeinde nicht, aber sie ließen sich nicht entmutigen. Zu wichtig war ihnen der Missionsauftrag Jesu. Die Aposteln hatten die Auferstehung von den Toten und das ewige Leben im Jenseits im Programm und konnten auf den auferstandenen Jesus als Beweis für die Wahrheit ihrer Predigt verweisen: der Tod ist nicht das Ende. Das fand großen Anklang, und immer mehr Anhänger polytheistischer Religionen ließen sich taufen und wurden gläubige Christen. Die römische Staatsmacht sah das mit großem Ingrimm und griff zu radikalen Gegenmaßnahmen: Verfolgung, Inhaftierung, Hinrichtung. Rund 300 Jahre lang wurden die Christen sowohl von der Regierung als auch von den andersgläubigen Mitmenschen bekämpft. Aber letztendlich setzte sich die frohe Botschaft vom Reich Gottes zum Segen der Menschheit durch. Es war Kaiser Konstantin der Große, der im Zeichen des Kreuzes einen Sieg über Maxentius an der Milvischen Brücke 312 feierte. 

Damit endeten – zumindest vorerst – die Verfolgungen, und das Christentum stieg zur Staatskirche auf. Aber unter dem Untergang des Weströmischen Reiches und der unruhigen Völkerwanderungszeit litt auch die christliche Kirche. Doch nachdem sich die politische Lage beruhigt hatte und sich die germanischen Könige zunehmend taufen ließen, begann neuerlich eine intensive Arbeit der Missionierung. Aus Europa wurde das christliche Abendland, und Jahrhunderte hindurch prägte die christliche Lehre das Leben der Menschen. Es sah nach einer Erfolgsgeschichte aus.

Dann passierte ein unerwarteter Rückschlag! Der christliche Glaube begannn zu bröckeln
„Da ging der König hinein, sich die Gäste anzusehen, und da sah er einen Menschen, der hatte kein hochzeitliches Gewand an. Und er sprach zu ihm: Freund, wie bist du hier hereingekommen und hast doch kein hochzeitliches Gewand an? Dieser aber verstummte.“ (Vers 11.12) Jemand hatte sich eingeschlichen, um die Vorteile einer Hochzeitsfeier zu genießen, aber doch nicht richtig dazugehören zu wollen. Diese Verse spiegeln die Situation im heutigen Europa wider. Die Zahl der Menschen im Abendland, die nicht an Jesus Christus glauben, steigt kontinuierlich an. Meist sind das Leute, die zwar getauft sind, aber ihren Glauben nicht mehr wichtig nehmen, doch vor dem letzten Schritt, dem Austritt aus der Kirche, zurückschrecken. Sicherheitshalber bleibt man halt dabei, man kann nie wissen, wozu es noch nützlich sein kann! 

Aber Gott lässt sich nicht durch einen Taufschein täuschen: „Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm die Hände und Füße und werft ihn in die Finsternis hinaus. Da wird sein Heulen und Zähneklappern.“ (Vers 13) Die bloße Mitgliedschaft in einer Kirche reicht Gott nicht. Für ihn ist das wie ein Hochzeitsgast, der es für unnötig hielt, sich Festtagskleidung anzuziehen. Nur der gelebte Glaube als Kirchenmitglied ist dafür entscheidend, ob sich die Tür zum Himmelreich öffnet. Für die anderen gibt es keinen Einlass. Wer als Christ im Hochzeitskleid auftreten will, um an der Hochzeit teilzunehmen, muss konsequent für Jesus Christus einstehen: ein öffentliches Bekenntnis durch die Taufe ablegen, an Kreuzigung und Auferstehung glauben und nach dem Evangelium leben, egal wie schwierig die Lebenssituation ist.

Jesus schloss sein Gleichnis mit einem traurigen Fazit ab: „Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.“ (Vers 14) Offenbar befürchtete Jesus, dass es im Garten Eden zu keiner Überfüllung kommen wird – Platz genug wäre vorhanden. Denn Gott richtet seine Einladung an alle Menschen in der Welt. Jeder, der die Botschaft Jesu vernehmen kann (was im heutigen Internetzeitalter allen Menschen möglich ist), ist zur Nachfolge berufen. Aber als auserwählt gelten dann nur jene, die seine Einladung voller Freude annehmen und den Glauben an Jesus Christus zum Fundament ihres Lebens machen. Für diese Menschen kommt nach der Dunkelheit des Todes das Licht des Reiches Gottes.

1 Kommentar:

  1. Ein sehr interessanter Beitrag! Es ist immer gut, sich vor Augen zu halten, auf was es beim christlichen Glauben geht!!

    AntwortenLöschen