Die
königliche Hochzeit
(Matthäus
22,1-14)
Nach
seinem Einzug in Jerusalem am Palmsonntag hielt sich Jesus häufig im
Tempel auf und predigte zu den Menschen. Viele hörten ihm zu -
ungeachtet der allgemein bekannten Feindseligkeiten der Pharisäer
und Priester gegen ihn. Aber noch konnte Jesus ungehindert öffentlich
auftreten. Und so wie früher in Galiläa sprach er auch in Jerusalem
zu den Leuten in Gleichnissen.
In
einem nimmt er Bezug auf ein besonders freudiges Ereignis im Alltag
der Bevölkerung: auf ein Hochzeitsfest. Eine Heirat ist immer ein
Anlass zur Freude. Zwei Menschen, die sich lieben, feiern mit Familie
und Freunden einen entscheidenden Tag in ihrem Leben. Ab nun beginnt
ein neuer Lebensabschnitt. Dieses Ereignis wollen sie gebührend
begehen mit Spaß, Musik, gutem Essen.
Im
Mittelpunkt all seiner Predigten stand
das Reich Gottes - und damit begann Jesus auch dieses
Gleichnis: „Das
Himmelreich gleicht einem König, der seinem Sohn die Hochzeit
ausrichtete.“ (Vers
2)
Schon der erste
Satz dieser kleinen Geschichte ist voller Symbolbegriffe. Das
Himmelreich ist das Paradies, und der König, der darüber herrscht,
ist Gott, der Schöpfer. In seinen
Garten Eden lädt er die Menschen, die
er erschaffen hat, ein. Und
der
Weg dahin ist die Teilnahme an einer
Hochzeit, die Gott selbst ausrichtet.
Die Gäste, die
zur
Vermählung kommen
sollen, sind jene
Menschen, die ihr Leben im
Glauben an Gott und
mit ihm führen.
Und
mit der Einladung der Gäste durch
die Eltern des Brautpaares nimmt
üblicherweise
das
Fest seinen Anfang,
so
auch im Gleichnis:
„Und
Gott sandte seine Knechte aus, die Gäste zur Hochzeit zu laden; doch
sie wollten nicht kommen.“ (Vers
3) Eine
Ablehnung? Wieso das denn? Ist es
nicht eine große Freude
und Ehre, auf einer
Gästeliste zu stehen? Müsste man nicht eher gekränkt sein, wenn
man nicht zu den Geladenen gehört?
Offenbar ist die Hochzeit, die Gott
ausrichtet, nicht für alle Geladenen interessant. Nicht
jeder hat Lust teilzunehmen.
Mit
den Knechten,
die Gott zuerst ausschickte, meinte
Jesus die Propheten,
die zur
Zeit des Alten Testaments öffentlich
auftraten und den
Menschen den Willen Gottes verkündeten.
Ein schwieriges Unterfangen, wie sich
zeigen
sollte. In
einer polytheistischen Umgebung und einem harten Existenzkampf, in
dem man dem Boden die Früchte erst mühsam abringen musste und die
Ernte ständig von Kriegen bedroht war, geriet der Glaube an den
einen Gott schnell in den Hintergrund. Die
Belastungen
im Diesseits überlagerten
die Ansprüche eines fernen Gottes, und die
Gläubigen begannen, ihrer schwierigen
Lebenswelt mehr
Aufmerksamkeit zu schenken als Gott. Die
meisten Menschen beachteten die
Propheten nicht weiter und lebten nur
dort ihren Glauben, wo er sich bequem in ihren Alltag einfügen ließ.
Aber
Gott gab
nicht auf, zu wichtig waren ihm die
Menschen: „Abermals sandte er
andere Knechte aus und sprach: Sagt den Gästen: Siehe, meine
Mahlzeit habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh ist
geschlachtet, und alles ist bereit, kommt zur Hochzeit.“ (Vers
4) Neue Propheten wurden
beauftragt.
Im Alten
Testament
kann man in den vielen Prophetenbüchern
und -berichten nachlesen, wie unbeirrt Gott seine Abgesandten
zu den Menschen schickte, um sie für sein Himmelreich
zu gewinnen. Jesus gab in
diesem Gleichnis einen Einblick in die
Fülle des Paradieses: seht ihr, wie gut es euch dort gehen wird!
Die
geschlachteten Tiere, die die überwiegende Bevökerung des alten
Israel nie auf den Teller bekam, sind natürlich symbolisch gemeint,
denn im Reich Gottes stirbt keiner mehr, auch die Tiere nicht, die
im Garten Eden das ewige, endlich
artgerechte Leben erwartet.
Aber selbst die Aussicht auf „gefüllte
Fleischtöpfe“
beeindruckte die meisten Geladenen nicht:
„Aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf den
Acker, der andere an sein Geschäft.“ (Vers
5)
Das waren die harmlosen
Reaktionen der Desinteressierten, die
zu ihrer Alltagsbeschäftigung zurückkehrten. Andere
Leute waren weniger zimperlich und verlegten
sich auf
eine Radikallösung: „Einige
aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie“ (Vers
6) Und so half es nichts, als Gott
zuletzt seinen Sohn, den Messias, zu den Menschen schickte. Jesus
von Nazareth musste
für seine Predigten vom Reich Gottes am Kreuz sterben. Als
Wanderprediger hatte Jesus unermüdlich die Leute zur Umkehr in ihrem
Glaubensleben aufgerufen, damit sie Eingang ins Reich Gottes erlangen
können. Trotz der anfänglichen Begeisterung, die Jesus in Galiläa
mit der Verkündigung des Evangeliums auslöste, verweigerten die
meisten Zuhörer am Ende Jesus die Gefolgschaft. Aufgebracht wandte
sich die Volksmenge gegen ihn, und der Messias wurde gekreuzigt.
Damit schien eine neuerliche Einladung zur Hochzeit gescheitert.
Aber
dann begann eine andere Taktik von Gott zu greifen, und eine neue
Hoffnung auf das Himmelreich kam in die Welt: Jesus, der Gekreuzigte,
wurde durch seine Auferstehung von den Toten am Ostersonntag zum
Erlöser der Welt. Jesus wurde dem Leben
wieder zurückgegeben -und mit
ihm lebte
auch das
Evangelium, das er zu den Menschen gebracht hatte, weiter. Damit
war die Einladung Gottes uneingeschränkt in der Welt. Jesu Jünger
wurden zu Aposteln und verbreiteten die frohe Botschaft vom Reich
Gottes über Palästina hinaus im
ganzen Römischen Reich: „Dann sprach der König zu seinen
Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Gäste waren‘s
nicht wert. Darum geht hinaus auf die Straßen und ladet zur Hochzeit
ein, wen ihr findet.“ (Vers 8.9)
Eine
leichte Aufgabe war die Missionstätigkeit der urchristlichen
Gemeinde nicht, aber sie ließen sich nicht entmutigen. Zu wichtig
war ihnen der Missionsauftrag Jesu. Die Aposteln hatten die
Auferstehung von den Toten und das ewige Leben im Jenseits im
Programm und konnten auf den auferstandenen Jesus als Beweis für die
Wahrheit ihrer Predigt verweisen: der Tod ist nicht das Ende. Das
fand großen Anklang, und immer mehr Anhänger polytheistischer
Religionen ließen sich taufen und wurden gläubige Christen. Die
römische Staatsmacht sah das mit großem Ingrimm und griff zu
radikalen Gegenmaßnahmen: Verfolgung, Inhaftierung, Hinrichtung.
Rund 300 Jahre lang wurden die Christen sowohl von der Regierung als
auch von den andersgläubigen Mitmenschen bekämpft. Aber
letztendlich setzte sich die frohe Botschaft vom Reich Gottes zum
Segen der Menschheit durch. Es war Kaiser Konstantin der Große, der
im Zeichen des Kreuzes einen Sieg über Maxentius an der Milvischen
Brücke 312 feierte.
Damit endeten – zumindest vorerst – die
Verfolgungen, und das Christentum stieg zur Staatskirche auf. Aber
unter dem Untergang des Weströmischen Reiches und der unruhigen
Völkerwanderungszeit litt auch die christliche Kirche. Doch nachdem
sich die politische Lage beruhigt hatte und sich die germanischen
Könige zunehmend taufen ließen, begann neuerlich eine intensive
Arbeit der Missionierung. Aus Europa wurde das christliche Abendland, und
Jahrhunderte hindurch prägte die christliche Lehre das Leben der
Menschen. Es sah nach einer Erfolgsgeschichte aus.
Dann
passierte ein unerwarteter Rückschlag! Der
christliche Glaube begannn zu bröckeln:
„Da ging der König hinein, sich die
Gäste anzusehen, und da sah er einen Menschen, der hatte kein
hochzeitliches Gewand an. Und er sprach zu ihm: Freund,
wie bist du hier hereingekommen und hast doch kein hochzeitliches
Gewand an? Dieser
aber verstummte.“ (Vers 11.12) Jemand
hatte sich eingeschlichen, um die Vorteile einer Hochzeitsfeier zu
genießen,
aber doch
nicht richtig dazugehören zu wollen. Diese
Verse spiegeln die Situation im heutigen
Europa wider. Die
Zahl der Menschen im
Abendland,
die nicht an Jesus Christus glauben, steigt kontinuierlich
an. Meist sind
das Leute, die zwar getauft sind, aber ihren Glauben nicht mehr
wichtig nehmen, doch vor dem letzten Schritt, dem Austritt aus der
Kirche, zurückschrecken. Sicherheitshalber bleibt man halt dabei,
man kann nie wissen, wozu es noch nützlich sein kann!
Aber Gott
lässt sich nicht durch einen Taufschein täuschen: „Da
sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm die Hände und Füße
und werft ihn in die Finsternis hinaus. Da wird sein Heulen und
Zähneklappern.“ (Vers 13) Die
bloße Mitgliedschaft in einer Kirche
reicht Gott nicht. Für ihn ist das wie ein Hochzeitsgast, der es für
unnötig hielt, sich Festtagskleidung anzuziehen. Nur der gelebte
Glaube als Kirchenmitglied ist dafür entscheidend, ob sich die Tür zum Himmelreich
öffnet. Für die anderen gibt es keinen Einlass. Wer als Christ im
Hochzeitskleid auftreten will, um an der Hochzeit teilzunehmen, muss
konsequent für Jesus Christus einstehen: ein öffentliches
Bekenntnis durch die Taufe ablegen, an Kreuzigung und Auferstehung glauben und nach dem
Evangelium leben, egal wie schwierig die Lebenssituation ist.
Jesus
schloss
sein Gleichnis mit einem traurigen Fazit ab: „Denn
viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.“ (Vers
14) Offenbar
befürchtete
Jesus, dass es im Garten Eden zu keiner
Überfüllung kommen wird – Platz
genug wäre vorhanden. Denn
Gott richtet seine
Einladung an alle Menschen in der Welt. Jeder,
der die Botschaft Jesu vernehmen kann (was
im heutigen Internetzeitalter allen Menschen möglich ist),
ist zur Nachfolge berufen. Aber als
auserwählt
gelten
dann nur
jene, die seine
Einladung voller Freude annehmen und den
Glauben an Jesus
Christus zum Fundament ihres Lebens machen. Für
diese Menschen
kommt nach der Dunkelheit des Todes das Licht des Reiches Gottes.
Ein sehr interessanter Beitrag! Es ist immer gut, sich vor Augen zu halten, auf was es beim christlichen Glauben geht!!
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